Kein Kuss unter dieser Nummer: Roman (German Edition)
sehe ich sie an. »Was ist passiert?«
»Hat er Ihnen geschrieben? Irgendwas?«
»Nein!« Ich betrachte mein Handy. »Nichts. Ich dachte, er wäre bei Ihnen.«
»War er auch.« Vicks reibt schon wieder ihre Augen mit den Handballen, und ich widerstehe der Versuchung, ihre Handgelenke festzuhalten.
»Was ist passiert?« Ich werde immer leiser. »Bitte, Vicks. Ich erzähle auch nichts weiter! Versprochen.«
Einen Moment schweigt Vicks, dann nickt sie. »Na gut: Uns ist die Zeit ausgegangen. Man könnte wohl sagen, dass Sam die Schlacht verloren hat.«
Die Enttäuschung trifft mich schwer. Nach allem, was passiert ist.
»Was hat Sam gesagt?«
»Nicht viel. Er ist rausgerannt.«
»Was passiert jetzt mit Sir Nicholas?« Ich spreche so leise, wie ich kann.
Vicks antwortet nicht, wendet sich nur ab, als wollte sie diesem speziellen Gedanken entgehen.
»Ich muss los«, sagt sie abrupt. »Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie was von Sam hören. Bitte.«
»Okay.«
Ich warte, während Vicks geht, dann blicke ich auf. Wie zu erwarten, fixiert mich Willow wie eine Kobra.
»Also …«, sagt sie.
»Also.« Ich lächle freundlich, als Willows Blick auf meine linke Hand fällt. Ihr Kinn sackt herab. Einen Moment lang scheinen ihr die Worte zu fehlen.
»Wo haben Sie diesen Ring her?«, presst sie schließlich hervor.
Was geht sie das an?
»Von einer Frau namens Lucinda«, sage ich, um sie hochzunehmen. »Ich hatte ihn verloren, und sie hat ihn mir zurückgegeben.«
Willow atmet tief ein, und ich schwöre, sie will gerade mit ihren Raubtierzähnen nach mir schnappen, als Vicks’ Stimme aus den Lautsprechern tönt.
»Tut mir leid, wenn ich Ihre Party unterbrechen muss, aber ich habe eine wichtige Ansage: Alle Mitarbeiter von White Globe Consulting werden gebeten, sich umgehend wieder in dem großen Konferenzsaal einzufinden. Bitte umgehend zurück in den Konferenzsaal. Danke schön.«
Um uns herum fangen alle aufgeregt an zu plappern, und Pulks von Leuten schieben sich langsam den Doppeltüren entgegen. Manche schenken sich noch kurz nach.
»Sieht so aus, als sollte ich mich lieber mal auf den Weg machen«, sagt David und steht auf. »Sie müssen bestimmt auch los. Grüßen Sie Sam von mir.«
»Ich gehöre nicht richtig dazu«, sage ich, um der Wahrheit willen. »Aber ja, ich muss trotzdem los. Tut mir leid.«
»Tatsächlich?« Verdutzt schüttelt David den Kopf. »Dann hat sie ja recht.« Mit einer Kopfbewegung deutet er auf Willow. »Sie sind nicht Sams Geliebte, aber Sie arbeiten auch nicht für diese Firma. Wer zum Teufel sind Sie? Und was haben Sie mit Sam zu tun?«
»Wie gesagt.« Unwillkürlich muss ich lächeln, als ich seinen ratlosen Gesichtsausdruck sehe. »Es ist … kompliziert.«
»Das glaube ich gern.« Er zieht die Augenbrauen hoch, dann zückt er eine Visitenkarte und drückt sie mir in die Hand. »Erzählen Sie Sam davon. Märchenhaftes Kinderspielzeug. Das wäre eine großartige Gelegenheit für ihn.«
»Ich werde es ihm ausrichten.« Ich nicke feierlich. »Danke.« Als er gen Eingang verschwindet, stecke ich seine Karte für Sam ein.
»Also …« Wieder ragt Willow mit verschränkten Armen über mir auf. »Wieso fangen Sie nicht ganz von vorn an?«
»Allen Ernstes?« Ich kann meine Verzweiflung kaum verbergen. »Haben Sie denn im Moment nichts Besseres zu tun?« Ich deute auf die Menge, die in den Saal strömt.
»Das könnte Ihnen so passen.« Sie zuckt mit keiner Wimper. »Eine öde Firmenbekanntmachung genießt bei mir sicher keine Priorität.«
»Glauben Sie mir, diese öde Firmenbekanntmachung werden Sie sicher hören wollen.«
»Ich vermute, Sie wissen schon alles darüber«, entgegnet Willow sarkastisch.
»Ja.« Ich nicke und bin plötzlich ganz betrübt. »Ich weiß alles darüber. Und … ich glaube, ich werde mir mal was zu trinken holen.«
Ich mache mich auf den Weg zum Tresen. Im Spiegel kann ich Willow sehen. Nach ein paar Sekunden dreht sie sich um und stolziert mit mörderischer Miene auf den Konferenzsaal zu. Ich bin richtig erschöpft, nachdem ich mit ihr geredet habe.
Nein, dieser ganze Tag hat mich erschöpft. Ich bestelle mir noch ein großes Glas Wein, dann gehe ich langsam zum Konferenzsaal hinüber. Vicks steht auf der Bühne, spricht zu den gebannten, schockierten Mitarbeitern. Der große Bildschirm hinter ihr ist stumm.
»… und wie gesagt, wir wissen nicht genau, welche Form dieser Bericht annehmen wird, aber wir haben im Vorfeld darauf reagiert. Mehr können
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