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Kein Kuss unter dieser Nummer: Roman (German Edition)

Kein Kuss unter dieser Nummer: Roman (German Edition)

Titel: Kein Kuss unter dieser Nummer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Kinsella
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passiert.
    Das Abendessen ist vorbei, und alle haben den Zwischenfall mit dem Negligé abgehakt. Mehr oder weniger.
    Mehr oder weniger sind sie schon dazu übergegangen, einen familiären Running Gag daraus zu machen. Was nett von ihnen ist, aber auch mit sich bringt, dass Antony schwerfällige Witzchen reißt wie: »Wollen wir uns eine Tafel Schokolade gönnen? Natürlich nur, wenn Poppy sie nicht schon aufgemümmelt hat !« Und ich weiß, ich sollte Sinn für Humor zeigen, doch jedes Mal zucke ich zusammen.
    Jetzt hocken wir auf den alten, durchgesessenen Sofas im Salon und spielen Scrabble. Die Tavishes sind totale Scrabble-Freaks. Sie haben ein Spezialbrett, das sich drehen lässt, und todschicke Spielsteine aus Holz und sogar ein ledergebundenes Buch, in dem sie die Ergebnisse festhalten – seit 1998. Momentan führt Wanda, aber Magnus ist ihr dicht auf den Fersen.
    Antony fing an und legte ÜBERFLIEGER (74 Punkte). Wanda legte IRIDIUMOXID (65 Punkte). Felix legte KARYATID (80 Punkte). Magnus legte KONTUSION (65 Punkte). 40 Und ich legte STERN (5 Punkte).
    In meiner Familie wäre STERN ein gutes Wort. Fünf Punkte wären ein ganz anständiges Ergebnis. Man würde keine mitleidigen Blicke und kein Räuspern ernten und sich wie ein Verlierer vorkommen.
    Ich träume nicht oft von alten Zeiten. Das ist eigentlich nicht mein Ding. Aber wenn ich hier so sitze, starr vor Unvermögen, die Knie angezogen, in der Nase den staubigen Geruch von Büchern und Kelims und trockenem, knisterndem Holz, kann ich nicht anders. Nur ein schmaler Spalt. Nur ein klitzekleines Fenster der Erinnerung. Wir in der Küche. Ich und meine kleinen Brüder Toby und Tom, wie wir ums Scrabble-Brett sitzen und Marmite-Toast essen. Ich weiß es noch genau. Ich kann das Marmite sogar schmecken. Toby und Tom waren dermaßen entnervt, dass sie haufenweise Extrasteine aus Papier bastelten und entschieden, man dürfe davon so viele nehmen, wie man wollte. Die ganze Küche war von viereckigen kleinen Zetteln übersät, auf denen Buchstaben standen, mit Kugelschreiber draufgekritzelt. Tom gab sich selbst sechs Zs, und Toby hatte zehn Es. Und trotzdem kassierten sie jedes Mal kaum mehr als vier Punkte, woraufhin es zu Handgreiflichkeiten kam, weil beide schrien: »Unfair! Das ist unfair!«
    Ich merke, wie mir weinerlich zumute wird, und ich blinzle heftig. Ich bin blöd. Albern . Erstens ist das hier meine neue Familie, und ich versuche gerade, mich zu integrieren. Zweitens sind Toby und Tom mittlerweile beide auf dem College. Sie haben tiefe Stimmen, und Tom hat einen Bart. Wir spielen nie mehr Scrabble. Ich weiß nicht mal, wo das Brett ist. Und drittens …
    »Poppy?«
    »Oh. Ja! Ich hab nur gerade … überlegt …«
    Wir sind bei der zweiten Runde. Antony hat ÜBERFLIEGER zu ÜBERFLIEGERTUM verlängert. Wanda hat gleichzeitig OD 41 und OVARIUM gelegt. Felix hat ELISION gelegt und Magnus YAKI , was Felix anzweifelte, was aber im Wörterbuch stand und ihm bei doppeltem Wortwert haufenweise Punkte einbrachte. Inzwischen ist Felix aufgestanden, um Kaffee zu machen, und ich schiebe schon seit fast fünf Minuten meine Spielsteine hin und her.
    Ich fühle mich dermaßen unfähig, dass ich mich kaum dazu bewegen kann, etwas zu legen. Ich hätte mich nie auf dieses Spiel einlassen dürfen. Ich starre und starre die blöden Buchstaben an, und das ist ernstlich das beste Wort, das ich damit zustande bringe.
    » S-A-U «, buchstabiert Antony, als ich meine Steine gelegt habe. » SAU . Wie … das Säugetier, nehme ich an?«
    »Bravo!«, sagt Magnus von Herzen. »Drei Punkte!«
    Ich kann ihn nicht ansehen. Trübsinnig taste ich nach zwei neuen Steinen. A und L. Als würden die mir was helfen.
    »Hey, Poppy«, sagt Felix, als er mit einem Tablett wieder hereinkommt. »Dein Handy liegt in der Küche und klingelt vor sich hin. Was hast du gelegt? Oh, ›Sau‹.« Seine Mundwinkel zucken, als er das Spielbrett betrachtet, und ich sehe, dass Wanda ihm einen warnenden Blick zuwirft.
    Ich kann es nicht mehr ertragen.
    »Wenn es euch nichts ausmacht, sehe ich mal eben nach, wer angerufen hat«, sage ich. »Könnte was Wichtiges sein.«
    Ich flüchte in die Küche, hole mein Handy aus der Tasche und lehne mich gegen die tröstende Wärme des Herdes. Da sind drei Nachrichten von Sam, angefangen mit »Viel Glück« , was er vor zwei Stunden geschrieben hat. Dann, vor zwanzig Minuten: »Hätte eine Bitte« , gefolgt von »Sind Sie da?«
    Der Anruf war auch von ihm. Ich

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