Kein Leben ohne Hund
warm. Ich hole Holz für den Kamin und wir freuen uns auf das Wochenende.
Ruby rodelt in den Winter ihres Lebens
Hunde sind die einzigen Lebewesen, die uns noch mehr lieben als wir uns selbst.
Happy Birthday, Ruby. Du wirst 17. Du lebst.
Als Mensch wärst du ein Methusalem. Du bist schuld an unserem Glück.
Du warst unser erstes Baby, du hast als Welpe in unserem Bett geschlafen. Du warst in der Klinik, als Frauchen Baby-Herrchen bekam. Bei jedem neuen Baby schoben wir dich ein bisschen zur Seite – aber du warst nie böse, nie eifersüchtig, du bliebst immer du. Du bist der Hund unseres Lebens.
Ruby ist Waise, Ossi, Jack-Russell-Mischling.
Als ich Ruby zum ersten Mal sah, war ich beschwipst.
Sie war ein zitterndes, schwarzes Fellknäuel mit Fledermaus-Ohren und Bambi-Augen.
Grausame Hände hatten dich ausgesetzt.
Gütige Hände haben dich aufgeklaubt.
Gute Herzen schenkten dir Flügel. Du wurdest zum schönsten Klotz an unserem Bein. Du warst Baby, Clown und Freund.
Wir kennen den Tag nicht, an dem du die Welt erblicktest. Vielleicht hat es geschneit. Wir wählten den Nikolaustag als deinen Geburtstag, damit wir ihn nie vergessen.
Wenn ich in deine blinden Augen blicke, spüre ich die Majestät des Alters. Ich glaube, du bist eine Wiedergeburt: vielleicht von meinem Vater – du warst auch am Sterbebett meiner Mutter.
Hunde sind glücklicher als Menschen, weil sie kein sich selbst reflektierendes Wissen belastet. Du weißt nicht, dass du stirbst. Deshalb lebst du jeden schönen Augenblick.
Es war Rubys letzter Geburtstag – wir alle spürten das.
Auch Ruby.
Nikolaustag. Sechs Uhr. Dunkelheit, Kälte, Schnee. Vor den Kinderzimmertüren ein Gummistiefel, ein Moonboot, ein Timberland. Leer. Der Nikolaus – Frauchen – schläft noch. Aber in der Küche knarrt es. Der Hausgeist ist zum 17. Geburtstag erwacht.
Ruby steht wie ein versteinerter Schatten unterm hängenden, leuchtenden Adventskranz, der so groß wie ein Leuchter ist. Ruby guckt, aber sieht nichts. Ruby lauscht, aber hört nicht, wie ich Happy Birthday singe. Aber sie riecht die Tannenzapfen, den erloschenen Kamin, die ausgepusteten Kerzen.
Draußen ist es Winter. Drinnen knistert das Knusperhäuschen.
Als ich Ruby streichle, erschrickt sie. Sie zuckt. Als ich sie aufhebe, quiekt sie. Als ich sie in den verschneiten Garten trage, zittert sie. Als sie durch den Schnee stapft, wird sie wieder Hund – wie früher. Mit dem Handy knipse ich ein Foto: ein Schatten im dunklen Schnee.
Plötzlich leuchten die Kerzen. Die Kinder poltern. Der Nikolaus war da. Frauchen strahlt. Ich trage Ruby rein. Wir feiern, wie seit Jahren. Die Gummipfeile schwirren. Das Lagerfeuer der Krippe glüht, nur das Christkind fehlt noch.
Was schenkt man dem Hund seines Lebens?
Wir teilen uns, was wir lieben: Baumkuchen, Mini-Würstchen, Wiener und Leberwurst mit Herz-Pillen. Es gibt E-Mails, Karten und Geschenke von Ruby-Fans.
Das größte Geschenk?
Leben lassen – und weiterleben!
Es war ein Tag ohne Plan.
Ein Tag der Aufmerksamkeit. Für Hunde ist ein Tag wie ein ganzes Leben.
Wir haben nix getan – nur gewohnt, gegessen, gestreichelt, geschlafen und gelebt. Und geliebt. Und gelacht.
Macht Schnee unsere Hunde happy?
Ruby geht es golden. Die Würstlorgie zum Geburtstag hat sie gähnend überstanden. Alle Baumkuchenkrümel hat sie aufgeschleckt. Der Himmel kann warten.
Unser Haus ist im Weihnachtsrausch. Es duftet, knistert, backt, köchelt – und es riecht nach Bienenkerzen und süßem Glühwein. Die Bierzapfanlage brummt vor sich hin.
Nur noch sechs Tage bis zur Heiligen Nacht. Weihnachten wird dieses Jahr ein wenig stiller, nachdenklicher, karger, melancholischer. Ist es Rubys allerletzte Weihnacht?
Sie guckt mich mit ihren blinden Augen frech an und hat auf dem Stupsnäschen noch die Reste von Mini-Herrchens Kartoffelbrei – von Frauchen mit viel Butter gestampft.
Ich hoffe, Ruby wird noch lange leben.
Der Tod schleicht durch die Füße und durch den Bauch. Ruby humpelt ein bisschen. Sie schlittert mit ihren schwachen Pfötchen über das polierte Parkett und rodelt über die Terrassentreppe zum Schneemann in den Garten.
Aber sie frisst wie eine Sau. Sie sieht nichts, hört nichts, sagt nichts – aber wenn Frauchen ein blutiges Steak abschneidet, riecht Ruby das wie ein Bluthund. Ihre Öhrchen sind steif und selbst ihr Ringelschwänzchen wackelt wieder. Sie frisst die Leberwurst. Die Wiener Würstchen. Die restlichen Spaghetti und die
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