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Kein Lebenszeichen

Kein Lebenszeichen

Titel: Kein Lebenszeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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gesehen, daher kann sie eigentlich nicht ausschließen, dass Mr Klein der Täter …«
    »Das ist hier nicht die Hauptverhandlung, Herr Anwalt«, unterbrach der Richter ihn. »Ihr Antrag auf Freilassung ohne Kaution wird abgewiesen. Die Kaution wird auf dreißigtausend Dollar festgesetzt.«
    Der Richter ließ seinen Hammer niedersausen. Und ich war frei.

39
    Ich wollte zum Krankenhaus fahren und Katy besuchen. Squares schüttelte den Kopf und sagte, das wäre eine dumme Idee. Ihr Vater war bei ihr. Er wich ihr nicht von der Seite. Er hatte einen bewaffneten Wächter engagiert und vor der Tür postiert. Ich verstand das. Mr Miller hatte schon einmal versagt, als er eine Tochter hätte beschützen müssen. Das sollte ihm kein zweites Mal passieren.

    Von Squares’ Handy rief ich im Krankenhaus an, doch die Vermittlung erklärte, dass keine Anrufe durchgestellt wurden. Ich rief einen Blumenhändler an und ließ ihr einen Gute-Besserung-Strauß schicken. Das mag ziemlich simpel und dumm erscheinen – Katy war in meiner Wohnung fast erwürgt worden, und ich schicke ihr einen Korb mit Blumen, einem Teddybär und einem Mini-Folienballon –, aber mir fiel nichts Besseres ein, um sie wissen zu lassen, dass ich an sie dachte.
    Squares war in seinem eigenen Wagen unterwegs, einem himmelblauen 68er Coupe de Ville, der sich fast so gut ins Straßenbild einfügte, wie unser Freund Raquel/ Roscoe in ein Treffen der Daughters of the American Revolution gepasst hätte. Wir versuchten, Manhattan durch den Lincoln-Tunnel zu verlassen, was sich, wie immer, schwierig gestaltete. Die Leute behaupten, der Verkehr würde schlimmer. Ich bin da nicht so sicher. Als ich klein war, war unsere Familienkutsche – so ein Kombi mit Holzdekor – jeden zweiten Sonntag hier durchgekrochen. Ich erinnere mich noch, wie träge sich die Schlange damals durch die Dunkelheit schleppte, an die albernen gelben Warnlampen, die wie Fledermäuse von der Decke herabhingen, als hätte man uns noch extra zum langsamen Fahren auffordern müssen, an die kleine Glaskabine mit dem Angestellten, an die verrußten uringelben Fliesen an den Wänden, wie wir alle sehnsüchtig nach dem Tageslicht Ausschau gehalten hatten, und wie wir dann, wenn sich vor uns endlich die metallisch wirkenden Gummi-Abgrenzungen zum Gruß erhoben, wieder aufstiegen in die andere Welt, eine Welt aus Wolkenkratzern, die uns vorkam, als wären wir in eine andere Dimension geraten. Wir waren zum Beispiel in den Zirkus gegangen, Ringling-Bros. oder Barnum & Bailey, und hatten mit den Lichterketten rumgespielt, oder auch in die Radio City Music Hall, wo wir uns Shows ansahen, die ungefähr zehn Minuten
lang überwältigend und ab dann unsäglich langweilig waren, oder wir hatten uns am TKTS-Schalter in die Schlange gestellt, um Theater- oder Musical-Karten zum halben Preis zu kaufen, oder uns die Bücher im großen Barnes & Noble angesehen (ich glaube, es gab damals nur einen), oder wir waren ins Museum of Natural History gegangen, oder zu einem Straßenfest  – Moms Lieblingsfest war New York Is Book Country, das im September an der 5th Avenue stattfand.
    Mein Vater hatte über den Verkehr geschimpft, über den Mangel an Parkplätzen und über den »Schmutz«, seine Allzweckbeschimpfung, meine Mutter jedoch hatte New York geliebt. Sie hatte sich aufs Theater gefreut, auf die Kunst, den Jubel und Trubel der Großstadt. Sunny war es gelungen, sich so weit zurückzunehmen, dass sie sich in die Vorstadtwelt der Fahrgemeinschaften und Tennisschuhe integrieren konnte, aber ihre Träume, die Ziele ihrer lange unterdrückten Sehnsüchte, hatten hier gelegen, gleich unter der Oberfläche. Ich weiß, dass sie uns geliebt hat, aber wenn ich hinter ihr im Kombi saß und sah, wie begeistert sie in Manhattan aus dem Autofenster guckte, fragte ich mich manchmal, ob sie ohne uns nicht glücklicher gewesen wäre.
    »Prima Idee von dir«, sagte Squares.
    »Was?«
    »Dran zu denken, dass Sonay ein begeisterter Fan von Yoga Squared ist.«
    »Und wie ist das abgelaufen?«
    »Ich hab Sonay angerufen und ihr unser Problem erläutert. Sie hat mir erzählt, dass QuickGo von zwei Brüdern geleitet wird, Ian und Noah Muller. Sie hat bei ihnen angerufen, ihnen erklärt, was sie wollte, und …« Squares zuckte die Achseln.
    Ich schüttelte den Kopf. »Du bist fantastisch.«
    »Ja, natürlich. Ganz ohne Frage.«

    Die Büros von QuickGo befanden sich in einem Lagerhaus neben der Route 3 mitten in den nördlichen

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