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Kein Lebenszeichen

Kein Lebenszeichen

Titel: Kein Lebenszeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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einliefern mussten. Meine Organe haben Schaden genommen. Vor allem die Leber und das Herz. Wie groß diese Schäden wirklich sind, können die Ärzte immer noch nicht genau sagen. Ich hatte zwar keinen Herzstillstand, war aber zwischendurch wohl ziemlich kurz davor. Schließlich habe ich mich wieder erholt – darauf gehe ich jetzt auch nicht näher ein –, aber die Ärzte haben mir gesagt, ich kann vermutlich nie schwanger werden. Und falls doch, könnte ich das Kind wahrscheinlich nicht austragen.«
    Squares stand vor ihr. »Und was sagt deine Ärztin jetzt?«, fragte er.
    »Sie kann mir nichts versprechen.« Wanda sah ihn an. »Ich habe noch nie solche Angst gehabt.«
    Ihm schien das Herz in der Brust zu zerspringen. Er wollte sich zu ihr setzen und sie in den Arm nehmen. Doch wieder hielt ihn etwas davon ab – und er hasste sich dafür. »Wenn es ein Risiko für deine Gesundheit ist, es auszutragen …«, fing er an.

    »Dann ist das mein Risiko«, unterbrach sie ihn.
    Er rang sich ein Lächeln ab. »Da ist sie ja wieder, die große Feministin.«
    »Mit der Angst habe ich nicht nur meine Gesundheit gemeint.«
    Das war ihm klar gewesen.
    »Squares?«
    »Ja.«
    Ihre Stimme klang fast flehentlich. »Schotte dich nicht gegen mich ab, okay?«
    Er wusste nicht, was er sagen sollte, also entschied er sich für das Naheliegende. »Das ist ein großer Schritt für uns.«
    »Ich weiß.«
    »Ich glaube nicht«, sagte er, »dass ich das schaffe.«
    »Ich liebe dich.«
    »Ich dich auch.«
    »Du bist der stärkste Mann, dem ich je begegnet bin.«
    Squares schüttelte den Kopf. Ein Betrunkener auf der Straße fing an, ein Lied zu grölen, His love grows where his Rosemary goes and nobody knows but him. Wanda ließ die Arme sinken und wartete.
    »Vielleicht«, sagte Squares, »sollten wir’s lieber lassen. Und wenn’s nur wegen deiner Gesundheit ist.«
    Wanda sah, wie er einen Schritt zurücktrat und ging. Bevor sie antworten konnte, war er verschwunden.

    Ich mietete bei der rund um die Uhr geöffneten Autovermietung in der 37th Street einen Wagen und fuhr raus zur Polizeiwache in Livingston. Seit einem Schulausflug in der ersten Klasse hatte ich diese geheiligten Hallen nicht mehr betreten. An jenem sonnigen Vormittag hatten wir uns die Arrestzelle, in
der ich Katy jetzt vorfand, nicht ansehen dürfen, weil damals, genau wie jetzt, jemand drin gesessen hatte. Dass womöglich ein berüchtigter Verbrecher nur ein paar Meter von uns entfernt festgehalten wurde, war das Coolste gewesen, was ein Erstklässler sich damals vorstellen konnte.
    Detective Tim Daniels begrüßte mich mit einem zu kräftigen Händedruck. Mir fiel auf, dass er sich oft den Gürtel hochzog. Er klingelte bei jedem Schritt – die Schlüssel, die Handschellen, was nicht noch alles. Er hatte etwas zugelegt, sein Gesicht war jedoch immer noch glatt und makellos.
    Ich füllte ein paar Formulare aus, dann wurde Katy in meine Obhut entlassen. In der Stunde, die ich gebraucht hatte, um herzukommen, war sie etwas ausgenüchtert. Sie lachte nicht mehr und ließ den Kopf hängen. In ihrem Gesicht zeigte sich der typische Teenager-Missmut.
    Ich bedankte mich noch einmal bei Tim. Katy versuchte nicht einmal, zu lächeln oder sich zu verabschieden. Wir gingen zum Wagen, doch als wir in der kalten Nachtluft waren, ergriff sie meinen Arm.
    »Komm, wir gehen spazieren«, sagte sie.
    »Es ist vier Uhr morgens. Ich bin müde.«
    »Ich muss kotzen, wenn ich mich jetzt ins Auto setze.«
    Ich blieb stehen. »Was hast du da am Telefon über Idaho gebrüllt?«
    Aber Katy hatte die Livingston Avenue schon halb überquert. Ich folgte ihr. Als sie am Kreisverkehr war, beschleunigte sie ihren Schritt. Ich holte sie ein.
    »Deine Eltern werden sich Sorgen machen«, sagte ich.
    »Ich hab gesagt, ich schlafe bei einer Freundin. Das geht schon klar.«
    »Verrätst du mir, warum du dich allein besoffen hast?«
    Katy ging weiter. Sie atmete schwerer. »Ich hatte Durst.«

    »Mhm. Und warum hast du was von Idaho gebrüllt?«
    Sie sah mich an, ging aber weiter. »Ich dachte, du weißt, was los ist.«
    Ich hielt sie am Arm fest. »Was spielst du hier mit mir?«
    »Ich spiele nicht, Will.«
    »Was soll das dann?«
    »Idaho, Will. Deine Sheila Rogers war aus Idaho, stimmt’s?«
    Wieder trafen mich ihre Worte wie ein Schlag in die Magengrube. »Woher weißt du das?«
    »Ich hab’s gelesen?«
    »In der Zeitung?«
    Sie gluckste. »Du weißt es wirklich nicht?«
    Ich packte ihre

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