Kein Lord wie jeder andere (German Edition)
Handgelenke fest umfasst hielt, war er vorsichtig, um ihr nicht wehzutun.
»Keine weiteren Unterredungen mit Inspektor Fellows. Er hat dich in Ruhe zu lassen.«
»Aber … «
»Nein«, knurrte er.
Ihre nächsten Worte wurden von seinen Küssen erstickt, und Beth ergab sich ihm nur allzu gerne. Sie verlor kein Wort mehr darüber, doch in ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Eine ausgedehnte Unterredung würde sie mit Fellows führen, und der gute Inspektor würde schon wissen, warum.
Vom Fieber erholte sich Beth sehr schnell, doch die Stichwunde brauchte mehr Zeit. Nach einer weiteren Woche im Bett konnte sie wieder recht gut laufen, doch die Schmerzen waren beträchtlich und ermüdeten sie.
Wenn sie durch Harts riesige Villa humpelte, hielt sich immer ein halbes Dutzend Dienstboten in ihrer Nähe auf, bereit, ihr jederzeit etwas zu bringen. Beth war es nicht gewohnt, ständig bedient zu werden, und es fiel ihr auf die Nerven.
Zudem war sie enttäuscht, dass Ian sich von ihr fernhielt. Angeblich wollte er ihr Zeit zum Genesen geben, doch sie spürte, dass er sich immer noch wegen seines Zornes fürchtete.
Ihr eigener Vater hatte im betrunkenen Zustand Wutanfälle gehabt und dann unversehens zugeschlagen. Dagegen war Ian ganz anders, er wusste, wie wichtig es war, seine Wut zu beherrschen, und er tat es nicht mithilfe von Alkohol.
Allerdings durfte sie sich auch nichts vormachen. Die MacKenzies hatten zweifelsfrei viel Gewalt erlebt und ihren Teil dazu beigetragen. Dann wiederum erinnerte sie sich an Harts Verzweiflung, als Mrs Palmer starb. Er hatte sie im Arm gehalten, ihr versichert, dass er bis zum Ende bei ihr bliebe. Auch in Ian steckte der Beschützer, für Beth hatte er sich Hart widersetzt. Sie verzehrte sich nach ihm, doch meistens blieb er ihrem Bett nachts fern.
Beth bekam viel Besuch, von Isabella bis zu Daniel waren alle sehr um sie besorgt. Sie hatte nie eine richtige Familie gehabt, immer hatte es höchstens einen Menschen gegeben, der sich um ihr Wohl sorgte. Mitunter war sie auch ganz auf sich allein gestellt gewesen. Von den MacKenzies wurde sie herzlich aufgenommen. Isabella hatte recht, als sie sagte, dass die Brüder manchmal vergaßen, dass sie sich in weiblicher Gesellschaft befanden, aber daran störte sich Beth nicht. Vielmehr gefiel es ihr, dass Mac und Cameron sich in ihrer Nähe wohl genug fühlten, ganz sie selbst zu sein. Außerdem verbarg sich hinter ihrer harten Schale ein weicher Kern.
Ian bestand nach wie vor auf Bettruhe, sodass sie sich zunehmend wie in einem goldenen Käfig vorkam. Ihr blieb nichts anderes übrig, als Curry zu bestechen.
»Er wird mich umbringen, Eure Ladyschaft«, sagte Curry bestürzt, als Beth ihn in ihre Pläne einweihte.
»Ich will doch nur mit ihm reden. Sie können ihn auch gern herkommen lassen.«
»Ja, ja. Und dann wird mich Seine Lordschaft durch die Mangel drehen. Und anschließend Seine Durchlaucht.«
»Bitte, Curry. Und ich werde auch großzügig darüber hinwegsehen, was Sie und Katie gestern Morgen auf der Hintertreppe getrieben haben.«
Curry wurde flammend rot. »Sie sind mit allen Wassern gewaschen! Weiß mein Lord, was er sich da eingefangen hat?«
»Ich bin in der Gosse aufgewachsen wie du, Curry. Ich musste lernen, mich zu behaupten.«
»Nich so wie ich, M’lady. Wir ham wohl beide in der Gosse gelebt, aber Sie ham da nie nich hingehört. Sie komm’ aus gutem Haus, Ihre Mutter war die Tochter von einem Edelmann. Nie im Leben sind Sie wie ich.«
»Entschuldigen Sie, Curry. Ich wollte mir hier keinen Vergleich anmaßen.«
Er griente. »Genaustens. Nicht, dass das noch mal vorkommt.« Dann wurde er mit einem Schlag wieder ernst. »Oha, aber umbringen wird er mich doch.«
»Seien Sie unbesorgt, ich kümmere mich schon darum«, sagte Beth. »Tun Sie nur, was ich Ihnen sage.«
Ian öffnete die Tür zu Beths Schlafgemach und konnte nur schnell zur Seite treten, um dem herauseilenden Curry Platz zu machen. In den letzten Tagen hatte er ihn ständig bei Beth ein- und ausgehen sehen, wobei er ihm jedes Mal verstohlen Blicke zuwarf. So auch jetzt.
»Wo zum Teufel willst du hin?«, fragte Ian.
Curry hastete weiter. »Hab zu tun, hab zu tun.« Er floh in den Flur und war verschwunden.
Drinnen hatte es sich Beth auf der Chaiselongue bequem gemacht, ihr Gesicht war gerötet, ihr Atem ging flatternd. Sofort legte Ian ihr die Hand auf die Stirn, konnte aber keine Temperatur feststellen. Er setzte sich neben sie auf die
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