Kein Lord wie jeder andere (German Edition)
sie das Wasser auf.
Isabella stand auf, versuchte sich die Tränen aus den Augen zu wischen und fand dann blind ihren Weg hinaus.
Es dauerte gar nicht lange, da erschien Mac, sein Gesicht war ausgezehrt.
»Schon Besserung in Sicht?«
»Nein.« Ian war damit beschäftigt, Beths Stirn mit einem in Eiswasser getränkten Tuch zu betupfen, und sah nicht einmal zu seinem Bruder auf. »Bist du mit Isabella gekommen?«
Mac ließ ein leises Schnauben hören. »Wohl kaum. Unterschiedliche Züge, unterschiedliche Schiffe, und sobald sie erfahren hatte, dass ich ein Zimmer im selben Hotel reserviert hatte, ist sie umgezogen.«
»Ihr seid Narren, alle beide. Du darfst sie nicht gehen lassen.«
Mac hob die Brauen. »Es ist jetzt drei Jahre her, und sie läuft mir nicht gerade hinterher.«
»Du musst dich mehr um sie bemühen«, sagte Ian wütend. »Dass du dich so dumm anstellen kannst, hätte ich nie gedacht.«
Zunächst wirkte Mac überrascht, doch dann sagte er gedankenverloren: »Ich glaube, du hast recht.«
Ian widmete sich wieder Beth. Wie jemand die Liebe mit Füßen treten konnte, war ihm unbegreiflich.
Mac rieb sich die Stirn. »Wo wir gerade von Narren sprechen, Hart hat diesen Scharlatan endlich an die Luft gesetzt. Zum Glück, viel hätte nicht mehr gefehlt, und ich hätte den guten Doktor erdrosselt.«
»Gut.«
Dann legte Mac Ian die Hand auf die Schulter und drückte sie. »Mir tut es so leid. Du hast es verdient, glücklich zu sein.«
Ian schwieg. Für ihn hatte es nichts mit Glück zu tun, ihm ging es nur darum, Beth zu retten.
Eine Weile blieb Mac noch, betrachtete Beth mit düsterer Miene und stahl sich schließlich davon. Bis spät in die Nacht hinein kamen und gingen die Besucher: Cameron, Katie, Curry und Isabella. Alle stellten dieselbe Frage: »Geht es ihr besser?«
Ian musste jedes Mal den Kopf schütteln, und sie zogen betrübt von dannen.
In den frühen Morgenstunden, als im ganzen Haus eine Grabesstille herrschte, schlug die goldene Uhr auf dem Kaminsims zwei. Beth setzte sich kerzengerade im Bett auf.
»Ian!«
Ihre Haut war scharlachrot, die Augen mit den geweiteten Pupillen glänzten. Ian trat zu ihr ans Bett. »Hier bin ich.«
»Ich werde sterben.«
Ian schlang die Arme um sie und presste sie fest an sich. »Das werde ich nicht zulassen.«
Sie entzog sich seiner Umklammerung. »Ian, sag, dass du mir verzeihst.« Ihre Blicke trafen sich, und er konnte die Augen nicht abwenden.
In ihren blauen Augen standen die Tränen. Stundenlang könnte er sich in diesem Blau verlieren. Irgendwo hatte er einmal gelesen, die Augen seien das Fenster zur Seele. Und Beths Seele war so rein und süß.
Doch wie bei seinem Vater lauerte auch in ihm ein Monster. Er könnte Beth so leicht verletzen, wenn er sich in einem Wutanfall vergaß. Das durfte nicht passieren – nie. »Da gibt es nichts zu verzeihen, Liebes.«
»Doch, dass ich mich an Inspektor Fellows gewandt habe. Alles wieder aufgewühlt habe. Mrs Palmer jetzt tot ist. Sie ist doch tot, oder?«
»Ja.«
»Wenn ich nicht zurück nach London gekommen wäre, wäre sie noch am Leben.«
»Und Fellows würde immer noch mich oder Hart für den Täter halten. Du wolltest nur die Wahrheit herausfinden, dafür musst du dich nicht entschuldigen.«
Doch Beth schien ihn nicht mehr zu hören. »Es tut mir ja so leid«, schluchzte sie mit fiebriger Stimme. Sie legte die Hand auf seine Brust und barg das Gesicht an seiner Schulter.
Ian hielt sie im Arm, sein Herz klopfte. Als er sie sanft küssen wollte, sah er, dass ihre Augen schon wieder zugefallen waren und sie sich wieder im Dämmerzustand befand. Ian legte sie zurück in die Kissen, seine Tränen benetzten ihren glühenden Körper.
22
Beth kam langsam zu sich. Sie war schweißgebadet, und ihr taten alle Glieder weh, dennoch spürte sie, dass das Schlimmste überstanden war.
Und sie verspürte einen Bärenhunger!
Als sie den Kopf wandte, sah sie Ian. Er saß im Sessel neben dem Bett, den Kopf zurückgelehnt, die Augen geschlossen. Er war in Hose und Hemdsärmeln, wobei das Hemd bis zum Bauch offen stand. Noch immer hielt er fest ihre Hand, doch aus seinem Mund kam ein leises Schnarchen.
Beth drückte seine Hand, konnte es kaum abwarten, ihn wegen seiner liederlichen Erscheinung aufzuziehen. Ihre Lebensgeister waren erwacht. Sie wollte aus dem Bett hüpfen und sich in seine starken Arme werfen.
»Ian«, flüsterte sie.
Auf dieses schwache Geräusch hin schlug er die Augen auf. Sein goldener
Weitere Kostenlose Bücher