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(K)ein Mann für die Ewigkeit?

(K)ein Mann für die Ewigkeit?

Titel: (K)ein Mann für die Ewigkeit? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rice
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durchschaubare Taktik machte sie nur noch neugieriger.
    Issy nahm die Karte und hielt sie ihm entgehen. „Was steht da?“, fragte sie und zeigte auf das Handgeschriebene auf der Rückseite.
    Mit zusammengekniffenen Augen schluckte er den Bissen hinunter, den er gerade im Mund hatte. „Weißt du, Issy, deine Hartnäckigkeit kann einem schon auf den Geist gehen.“
    Ruhig wartete sie auf die eigentliche Antwort.
    Seufzend griff er nach der Karte. „Da steht: Wir vermissen dich, Giovanni. Du gehörst zur Familie. Wir würden uns sehr freuen, wenn du dieses Mal kommen würdest.“ Er warf die Karte wieder in den Papierkorb. „Das ist völliger Blödsinn. Ich kenne den Mann kaum, geschweige denn seine Familie.“
    „Dieses Mal? Wie oft haben sie dich denn schon zu einer Familienfeier eingeladen?“ Fraglos war er nie dabei gewesen, und wahrscheinlich hatte er nicht einmal abgesagt.
    „Ich weiß nicht. Zigmal.“ Er schnaubte. „Es sind viele. Claudia hatte fünf ältere Brüder, und sie hatten alle viele Kinder. Jede Woche ist irgendetwas.“
    „Wo wohnen sie?“ Vielleicht lebten sie weit weg. Womöglich war das der Grund dafür, dass er sie nie besucht hatte.
    „Ungefähr eine Autostunde entfernt“, antwortete er. „In der Nähe von San Gimignano hat die Familie eine Olivenplantage. Wahrscheinlich leben die meisten noch in der Nähe.“ Gelangweilt sah er sie an. „Willst du mir sagen, warum dich das alles so brennend interessiert?“
    Wut stieg in ihr auf.
    Ihre eigene Familie hatte nur aus ihr selbst und ihrer Mutter bestanden. Stets hatte sie davon geträumt, weitere Verwandte zu haben. Sie wusste, dass auch Gio ein Einzelkind war – und sie wusste, dass er als Kind wesentlich einsamer gewesen war als sie. Warum hatte er die Gelegenheit, seine Familie kennenzulernen, nie genutzt?
    „Warum hast du sie nie besucht?“, fragte sie. „Sie gehören zu deiner Familie.“
    „Ich habe keine Familie. Ich kenne sie nicht einmal“, fuhr er fort. „ Sie haben Claudia verstoßen. Schon vor meiner Geburt.“
    „Ist das der Grund dafür, dass du sie nicht magst?“, fragte sie verwirrt und ein wenig erschrocken über seine Gleichgültigkeit. „Weil sie deine Mutter schlecht behandelt haben?“
    „Natürlich nicht!“ Er klang gereizt, und es schwang noch etwas anderes in seiner Stimme mit, das sie nicht benennen konnte. „Wahrscheinlich hat sie ihnen das Leben zur Hölle gemacht. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es ein Albtraum ist, mit ihr zusammenzuleben.“
    Sein verächtlicher Unterton war nicht zu überhören. Darum hatte er also nie über seine Mutter gesprochen.
    „Bist du enttäuscht, weil sie keinen Kontakt zu dir aufgenommen haben, als du noch klein warst?“, fragte Issy vorsichtig. Noch immer fragte sie sich, warum er seinen Verwandten so feindlich gegenüberstand. Warum wollte er nichts mit ihnen zu tun haben?
    Er schob seinen Teller beiseite und griff nach der Limonade. „Issy, falls du es noch nicht gemerkt haben solltest: Dieses Thema interessiert mich nicht.“
    „Aber mich interessiert es“, beteuerte sie. Dieses Mal würde sie nicht klein beigeben. „Ich glaube, dass du es ihnen übel nimmst. Aber das solltest du nicht. Es …“
    „Ich nehme es ihnen nicht übel.“ Er stand auf und ging zur Balustrade. „Warum hätten sie sich für mich interessieren sollen? Ich bedeute ihnen nichts.“
    Sein verteidigender Ton ließ ihre Wut erlöschen. Er tat ihr unendlich leid.
    „Das stimmt nicht“, sagte sie. „Warum haben sie dich dann zu dieser Taufe eingeladen? Sicher gab es irgendeinen Grund dafür, dass sie keinen Kontakt zu dir gesucht haben, als du klein warst. Vielleicht …“
    „Sie haben es versucht“, unterbrach er sie. „Ich bin Carlo einmal begegnet. Er ist in unsere Wohnung in Rom gekommen.“ Er hielt inne. „Claudia war nicht da. Sie war auf irgendeiner Party, und ich war allein zu Hause.“
    „Wie alt warst du damals?“, fragte sie sanft.
    „Zehn“, sagte er, als sei nichts dabei.
    Sie biss sich auf die Lippe und versuchte, den Gedanken an den vernachlässigten Jungen nicht allzu nah an sich heranzulassen.
    Doch dann kam ihr ein erschütternder Gedanken und sie fühlte sich den Tränen nah.
    Solange sie ihn kannte, hatte Gio seine Eltern stets Claudia und „der Herzog“ genannt. Selbst als Kind hatte er sie nie als Mum und Dad bezeichnet. Und jetzt verstand Issy, warum. Sie waren ihm keine Eltern gewesen. Sondern einfach nur Leute, die Kämpfe um ihn

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