(K)ein Mann fuer die Liebe
von ihnen war aufgefallen, dass Jolie zum Du übergewechselt war. In dieser Notsituation hätte es nur lächerlich geklungen, Cole weiterhin höflich zu siezen.
âLass es uns versuchenâ, sagte Cole nach einer langen Pause, und erleichtert half sie ihm sofort, sich aufzusetzen. Vorsichtig stand er auf, und so begannen sie, Schritt für Schritt, ihren Aufstieg.
Langsam stapfte Jolie hinter Cole durch den hohen, weichen Schnee. Jedes Mal, wenn er ausrutschte und sich mit schmerzverzerrtem Gesicht wieder aufrichtete, hielt sie den Atem an. Denn ihr war klar, dass sie ihn nicht würde tragen können, wenn er schlappmachte. Er musste es schaffen, um jeden Preis.
âWeiÃt du, was ich hasseâ, begann sie, als er wieder im Schnee gestürzt war und sie befürchtete, er werde aufgeben, âMenschen, die alles auf dem Silbertablett serviert bekommen und bei der kleinsten Schwierigkeit aufgeben.â
âAch ja?â
âJa.â Sie reichte ihm die Hand, um ihm aufzuhelfen, und spürte, dass er nur widerstrebend zugriff. âUnd weiÃt du, was ich noch hasse?â, fuhr sie fort. âMänner, die glauben, sie könnten alles haben. Die glauben, sie hätten das Glück gepachtet, und jedes Problem persönlich nehmen.â
âKann es sein, dass du eine Menge Hass in dir trägst?â
âUnd du? Was nervt dich am meisten?â, fragte sie, ohne auf seine Bemerkung einzugehen.
âIch hasse hinterhältige, intrigante Frauenâ, versetzte er.
âIch auchâ, bestätigte sie mit Inbrunst.
âGibt es eigentlich einen Grund dafür, dass du gekleidet bist wie ein Junge? Willst du aussehen wie einer?â
âNöâ, gab sie zögernd zurück.
âWarum dann? Hast du zehn Brüder, deren Kleidung du auftragen musst?â
Sie schüttelte den Kopf.
âAlso, weshalb dann die Verkleidung?â
âGewohnheitâ, erklärte sie kurzum.
Lange gingen sie schweigend weiter, konzentriert darauf, die nächsten fünfzig Meter zu schaffen. Noch immer schneite es, und der Sturm zerrte an ihren Jacken. Jolie war es warm genug, doch sie bezweifelte, dass auch Cole dick genug gekleidet war. Plötzlich stürzte er wieder. Der Schnee unter seinem Kopf färbte sich in Sekundenschnelle rot.
âCole!â Sie sank neben ihm auf die Knie. Sein Gesicht war weià wie der Schnee, die Lippen blau gefroren. Er hielt die Augen geschlossen und atmete flach. âCole, wach auf. Wir sind schon fast am Ziel. Rede mit mir.â
âEinmal habe ich sie zusammen gesehenâ, murmelte er mit flatternden Lidern. âSie waren einkaufen.â
âWer?â Sie nahm seinen Arm und versuchte, ihm aufzuhelfen. âWen hast du gesehen?â
âRachel und Jolie Tanner. Und meinen Vater.â
âVielleicht ist er nur zufällig neben ihnen hergegangen.â Es war ihr gelungen, ihn auf die Beine zu hieven. Sein Kopf lag an ihrer Schulter, das Blut rann über ihre Wange.
âKennst du sie?â
âJa, ich habe sie ein paar Mal gesehenâ, antwortete Jolie ausweichend.
âDann weiÃt du es.â
âWas?â Als Jolie sah, dass er einigermaÃen sicher stand, ging sie voraus und versuchte, einen Weg im Schnee freizukämpfen, um ihm das Gehen zu erleichtern. âDass sie billige Schlampen sind, wie man im Ort behauptet?â
âDass sie wunderschön sind.â
Das hatte sie nicht erwartet. Verwirrt drehte sie sich nach ihm um, doch er richtete den Blick auf das unendliche Weià zu seinen FüÃen.
âAber sie sind auch unerträglich arrogant.â
âVielleicht wirken sie nur so, es kann einfach ein Schutzmechanismus sein.â
âEs macht einen auf jeden Fall verrückt.â
Jolie würdigte seine Bemerkung mit keinem Wort.
âZwölf Jahre lang hat Rachel Tanner meinen Vater ausgenutzt. Obwohl sie wusste, dass er Familie hatte. Verpflichtungen. Aber das interessierte sie nicht.â
âHätte es nicht vielmehr ihn interessieren müssen?â, hielt sie dagegen.
âEr war ein vorbildlicher Vaterâ, widersprach Cole.
âKlarâ, sagte sie spöttisch. âNur nicht ganz so vorbildlich, dass er seiner Frau treu geblieben wäre.â
âSo sprichst du nicht über meinen Vater.â
âAber das sind Tatsachen.â Wütend presste Jolie die Lippen zusammen. âEs kann nicht mehr weit
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