Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
sich umdrehte, gewahrte sie, dass Alexi im Zimmer stand.
Es war fast einen Monat her, dass er ihre Suite zuletzt besucht hatte. Sie ärgerte sich, dass er sie mit verweinten Augen sah. Sie hätte sich die Haare frisieren und sich besser zurechtmachen sollen, wies sie sich im Stillen zurecht. Nervös zupfte sie an der Knopfleiste ihres Morgenmantels. »Ich … ich sehe verboten aus.«
»Für mich bist du schön wie eh und je«, versetzte er. »Zieh dich um für mich, chérie . Ich warte.«
Er war unberechenbar und steckte voller Widersprüchlichkeiten. Mal quälte er sie mit seelischer Grausamkeit, dann wieder mit seinen widerwärtigen erotischen Anwandlungen. Beides ergab sich spontan, mit dem Motiv, sie zu demütigen.
Während er in ihrem bequemsten Sessel Platz nahm, schnappte sie sich, was sie brauchte, und verschwand im Bad. Als sie wieder hinausglitt, lag er auf dem Bett. Er hatte das Licht gelöscht, bis auf eine Stehlampe, die auf der Längsseite des Raums stand. Der dämmrige Lichtschein kaschierte seine kränklich blasse Haut und das feine Fältchennetz um Belindas Augenpartie.
Sie trug ein schlichtes, weißes Nachthemd. Ihre Zehennägel waren unlackiert und ihr frisch gewaschenes Gesicht ohne einen Hauch Make-up. Sie hatte sich eine Schleife in die Haare gebunden.
Wortlos legte sie sich neben ihn. Er schob ihr das Nachthemd bis zur Taille hoch. Sie klemmte die Schenkel fest zusammen, während er sie streichelte und behutsam ihr Unterhöschen herunterstreifte. Als er ihr die Knie auseinanderdrückte, wimmerte sie verschreckt, und er besänftigte sie mit einer seiner schamlosen Zärtlichkeiten, die sie so mochte. Um ihn zu erregen, versuchte sie, die Beine erneut zusammenzupressen, aber da begann er, die Innenseiten ihrer Schenkel zu küssen. Belinda schloss die Lider. Sie hatten eine stillschweigende Übereinkunft getroffen. Nachdem er wegen seines labilen Gesundheitszustands auf blutjunge Gespielinnen verzichtete, spielte sie wieder die jungfräuliche Kindsbraut für ihn. Dabei durfte sie die Augen schließen und an Flynn denken oder von James Dean träumen.
Für gewöhnlich verließ er sie, sobald der Akt vorüber war, aber dieses Mal blieb er erschöpft liegen. Seine Brust war mit einem feinen Schweißfilm bedeckt. »Fehlt dir auch nichts?«, fragte sie.
»Reichst du mir mal bitte meinen Morgenrock, chérie ? In der Tasche sind meine Tabletten.«
Sie gab ihm den Hausmantel und wandte sich ab, als er sein Pillendöschen herausnahm. Seine Krankheit hatte ihn durchaus nicht geschwächt, sondern seine Macht im Gegenteil noch gestärkt. Mit seiner Festung im ersten Stock und einer Armee loyaler Assistenten, die seine Befehle ausführten, war er nahezu unbesiegbar.
Sie ging ins Bad und duschte. Als sie herauskam, saß er im Sessel und nippte an einem Drink. »Ich hab dir einen Whisky bestellt.« Er deutete mit seinem Glas auf einen Whiskybecher, der auf einem Silbertablett stand.
Dieser Psychoterror war typisch für ihn. Auf seine Zärtlichkeiten folgten mit schöner Regelmäßigkeit hässliche Gemeinheiten. Zuckerbrot und Peitsche, nach dieser Devise funktionierte ihr Leben seit mittlerweile über fünfundzwanzig Jahren. »Du weißt doch, dass ich nicht mehr trinke.«
»Aber chérie , mir brauchst du doch nichts vorzumachen. Meinst du, ich wüsste nichts von den leeren Flaschen, die die Zugehfrau aus deinem Papierkorb entsorgt?«
Das mit den leeren Flaschen war eine glatte Lüge. Er versuchte, sie einzuschüchtern, damit sie nach seiner Pfeife tanzte. So wie er ihr auch die Fotos von dem Sanatorium gezeigt hatte: ein trister, grauer Gebäudekomplex irgendwo in der entlegensten Gegend der Schweizer Alpen. »Was willst du von mir, Alexi?«
»Du bist eine törichte Frau. Unsäglich naiv, niveaulos und einfältig. Es ist mir schleierhaft, wie ich mich jemals in dich verlieben konnte.« Ein winziger Muskel an seiner Schläfe zuckte. »Ich schicke dich weg«, sagte er abrupt.
Ein eisiger Schauer ergriff Besitz von ihrem Körper. Der hässliche, graue Betonklotz im Schnee. Sie dachte an die Schlaftabletten, die sie in ihrem alten Schmuckkoffer versteckt hatte.
Alle Rebellen waren inzwischen tot.
Er schlug die Beine übereinander und nippte an seinem Glas. »Dein Anblick macht mich depressiv. Ich mag dich nicht länger in meiner Nähe haben.«
Mit den Tabletten wäre es relativ schmerzlos. Sie müsste bestimmt nicht leiden wie Natalie Wood oder ihr geliebter Jimmy. Sie würde sich in ihr Bett legen
Weitere Kostenlose Bücher