Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
aus wie eine aufgescheuchte Bette Davis. Und diese Jeans! Da kommt mir die Galle hoch. Also wirklich, Fleur, lange kann ich das nicht mehr mit ansehen. Ich hab dir so schöne Modelle gezeigt …«
Sie kramte die Bürste aus ihrer Handtasche. »Los, dalli, mach mir die Haare. Ich bin mit Kissy verabredet. Ich bin bloß vorbeigekommen, um dir zu sagen, dass du in Finanzdingen eine glatte Niete bist. Außerdem hast du von Werbung keinen Schimmer. Aber ich will mal nicht so sein. Ich lad dich morgen zum Abendessen in mein Stadthaus ein. Kissy kommt auch. Lass dich überraschen.«
»Fehlen dir nicht noch ein paar Kleinigkeiten, um eine Dinnerparty zu schmeißen? Ich meine Wände und Möbel und so?«
»Wir sind unter uns.« Sie sprang auf, gab ihm einen Kuss und glitt hinaus auf die West Fifty-fifth. Ob er ahnte, dass sie eine ganz spezielle Ankündigung auf ihrer improvisierten Dinnerparty geplant hatte?
Sie hatte das rote Backsteinhaus an der Upper West Side mit der Option gemietet, es eventuell später zu kaufen. Weil die vier Etagen abstrus unterteilt waren – horizontal statt vertikal -, war die Miete erschwinglich, und sie konnte nach Belieben umgestalten. Sie beabsichtigte, in dem kleineren, hinteren Teil des Hauses zu wohnen und die breite Front als Büroraum zu nutzen. Wenn alles klappte, würde sie in einem Monat, also Mitte August, einziehen können.
»Mit dem La Grenouille verwechselt das so leicht keiner«, sagte Michel, als er sich in einen Klappstuhl plumpsen ließ, den Fleur an den aus zwei Böcken und ein paar Holzbrettern gebastelten Tisch gestellt hatte.
Kissys Blick glitt vielsagend über Michels weiße Arbeiterlatzhose und das griechische Folklorehemd. »Dich würden sie gar nicht erst ins La Grenouille reinlassen. Also mecker nicht.«
»Aber du warst da, nicht?«, bohrte er. »Mit einem gewissen Mr. Kincannon.«
»Und ein paar von seinen nervigen Freunden.« Kissy zog die Nase kraus. Obwohl sie öfter mit Charlie Kincannon ausging, erwähnte sie ihn fast nie. Kein gutes Omen für den Aufbau einer Beziehung, dachte Fleur.
Fleur packte dampfende Schalen mit Hähnchen in Limonensauce und Szechuan Shrimps aus Pappkartons. »Du kannst gern bei mir einziehen, Kissy. Das Parterre ist fertig, da hast du doppelt so viel Platz wie in unserem Apartment. Es gibt auch eine funktionierende Küche, und du hast sogar einen separaten Eingang. Du siehst, ich werde mir nicht mal den Mund über deine Sexsklaven fusselig reden können.«
»Mir gefällt das Apartment. Ich hab dir ja schon gesagt: Umzüge machen mich regelrecht fertig. Ich ziehe nur um, wenn es gar nicht anders geht.«
Fleur gab auf. Kissy war momentan höchst unzufrieden mit sich und glaubte, dass sie es nicht besser verdient hätte. Sie zu irgendetwas zu überreden wäre zwecklos gewesen.
Kissy betupfte sich mit einer Papierserviette den Mund. »Spann uns nicht länger auf die Folter, ja? Du hast angedeutet, du lädst Michel und mich zum Essen ein, weil du eine Ankündigung machen willst. Also, was hast du Schönes für uns?«
Fleur deutete auf die Weinflasche. »Michel, gieß uns mal was ein. Ich möchte mit euch anstoßen.«
»Beaujolais zum chinesischen Essen? Also wirklich, Fleur.«
»Spinn hier nicht rum, gieß ein.« Er füllte ihre Gläser, und Fleur hob ihres mit einem Selbstvertrauen, das mehr oder weniger vorgeschoben war. »Heute Abend trinken wir auf meine beiden liebsten Klienten und auf das Genie, das euch beide an die Spitze bringt. Nämlich mich.« Sie ließen die Gläser klirren und nahmen einen Schluck. »Michel, wieso hast du eigentlich noch nie eine Modenschau gemacht?«
Er zuckte mit den Achseln. »In meinem ersten Jahr hatte ich eine. Aber sie kostete ein Vermögen, und niemand kam. Meine Sachen entsprechen eben nicht dem Stil der Seventh Avenue, und ich hab keinen angesagten Namen.«
»Stimmt.« Sie blickte zu Kissy. »Und du bekommst wegen deines Aussehens nicht die Rollen, die du gern hättest.«
Kissy spießte eine Krabbe von ihrem Teller auf und nickte dumpf.
»Was ihr beide braucht, ist ein Karriereschub. Und ich weiß auch schon, wie wir das machen werden.« Fleur stellte ihr Glas ab. »Wer von uns dreien hat die besten Karten in puncto Medieninteresse?«
»Na, wer wohl?«, grummelte Kissy.
Michel fackelte nicht lange. »Du natürlich. Das ist nichts Neues.«
»Da muss ich dir widersprechen«, gab Fleur zurück. »Bis vor ungefähr einer Woche lebte ich über zwei Jahre lang völlig unbehelligt in
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