Kein Mann für eine Nacht: Roman (German Edition)
konnte dieser Beauty nicht das Wasser reichen. Fleur hatte sich zur absoluten Traumfrau gemausert. Bildete er sich das bloß ein, oder war der Po über den hinreißenden Beinen noch knackiger geworden? Er hätte ihr das Frotteekleid zurückgeben sollen, sann er. Ihr Anblick in dem gelben Winzling, der nur von ein paar Bändchen gehalten wurde, war nämlich eine wahre Folter. Ein, zwei Handgriffe, und sie hätte splitternackt vor ihm gestanden.
Er musste sich dringend abkühlen. Der Typ mit dem chinesischen Drachen hatte Flower ebenfalls erspäht und lief in Richtung Wasser, von wo aus er sie schamlos anstierte. So war es seit jeher: Männer stolperten über ihre eigenen Füßen, nur weil sie einen Blick auf Fleur erhaschen wollten. Während sie achtlos vorüberglitt. Sie war und blieb das hässliche Entlein, das nicht in den Spiegel schauen mochte, obwohl es sich inzwischen zum bildschönen Schwan entwickelt hatte.
Er schwamm eine Weile und lief zurück zum Strand. Fleurs Hängerchen lag im Sand. Er hob es auf und sog den zartblumigen Duft ein, den er auch am Vorabend wahrgenommen hatte, als sie in seinen Armen getobt hatte. Er war zweifellos ein Idiot. Sie fuhr immer noch auf ihn ab. Irgendwie stand sie auf ihn, so viel war Fakt.
Er grub die Fersen in den Sand. Die alte Musik begann in seinem Kopf zu spielen. Otis Redding. Creedence Clearwater. Sie weckte die Erinnerungen an Vietnam in ihm. Er würde nie vergessen, wie er auf Johnny Guys Rasen gekniet hatte, ihren nassen, von Schluchzern geschüttelten Körper in seinen Armen. Sie hatte die Mauer eingerissen, hinter der er sich verschanzt und sicher gewähnt hatte. Seitdem hatte er kein Wort mehr zu Papier gebracht, aus Angst, die ganze verdammte Geschichte könnte mit Macht aus ihm hervorbrechen. Das Schreiben war für ihn die einzige Möglichkeit, sich mitzuteilen. Ohne diese Gabe fühlte er sich amputiert, wie ein halber Mensch.
Während er zum Strandhaus schaute, fragte er sich, ob die neue Fleur wohl die Fäden in der Hand hielt, seine unkreative Durststrecke zu beenden.
20
Nach der Rückkehr in die Metropole New York schlichen sich heiße, erotische Träume in Fleurs Schlaf. Womöglich hatte ihre hautnahe Auseinandersetzung am Strand sexuelle Energien freigesetzt, sinnierte sie. War es nicht ein Witz? Einerseits sehnte sie sich nach einem Mann, andererseits war sie aber dermaßen eingespannt, dass sie nicht mal an einen Geliebten denken durfte.
Zwei Wochen nach der Beachparty saß sie auf einem unbequemen, hochlehnigen Stuhl in Michels Boutique, und er schloss die Ladentür ab. Anfangs hatten sie sich gegenseitig unter diversen Vorwänden angerufen. Er klingelte durch, um sich zu erkundigen, ob sie auf dem Rückweg von Long Island in einen Stau geraten sei. Sie wiederum holte sich telefonisch bei ihm Rat, welches Outfit sie Kissy zum Geburtstag schenken könnte. Irgendwann spielten sie mit offenen Karten und waren jede freie Minute zusammen.
»Gestern Abend bin ich deine Kassenbücher durchgegangen.« Sie klopfte sich ein paar Krümel Sägemehl von der Jeans. »Dir steht das Wasser bis zum Hals, Bruderherz … Deine Finanzen sind eine mittlere Katastrophe.«
Er knipste die Ladenbeleuchtung im vorderen Bereich aus. »Ich bin Künstler und kein Geschäftsmann. Dafür hab ich ja jetzt dich.«
»Mein neuester Klient.« Sie lächelte. »Echt toll, einen Designer zu vertreten, auch wenn ich von mir aus nie auf die Idee gekommen wäre. Deine Kleider und Abendroben sind das Innovativste, was New York seit Jahren zu bieten hat. Jetzt muss ich nur noch Promotion machen, damit du die entsprechende Kundschaft bekommst.« Sie strich mit den Händen über eine imaginäre Kristallkugel. »Für deine Zukunft sage ich dir Ruhm, Reichtum und ein grandioses Management voraus.« Hastig setzte sie hinzu: »Und einen neuen Lover.«
Er trat hinter sie und zog das Gummiband aus ihrem Pferdeschwanz. Sie war den ganzen Tag mit den Handwerkern in ihrem Stadthaus gewesen, und sie sah zum Fürchten aus. »Konzentrier dich auf Ruhm und Reichtum, und lass meine Lover aus dem Spiel«, murmelte er. »Ich weiß, dass du Damon nicht ausstehen konntest, aber …«
»Er ist ein hirnloser Aufschneider.« Damon war der dunkelhaarige Tänzer, der Michel zu Charlies Party begleitet hatte. »Dein Männergeschmack ist noch schlimmer als Kissys. Ihre Kerle sind nur blöd. Deiner ist auch noch beleidigend.«
»Aber nur, weil du ihn geärgert hast. Gib mir mal die Haarbürste. Du siehst
Weitere Kostenlose Bücher