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Kein Öl, Moses

Kein Öl, Moses

Titel: Kein Öl, Moses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Schlafzimmer, einer die Kinder und einer - davon soll jetzt die Rede sein.
    Auf den ersten Blick unterschied sich das Taxi, das ich damals an der Ecke der Frischmannstraße genommen hatte, durch nichts von den meisten seinesgleichen im Nahen Osten: ein wenig zerbeult, aber noch fahrbar, die Aschenbecher vollgestopft mit Nahrungsresten und Papierschnitzeln, an den Unterteilen der Sitzplätze fragmentarische Überbleibsel von Kaugummi, und auf den Sitzplätzen selbst, dort wo sich die von Zigaretten gebrannten Löcher befanden, ein paar hervorstehende Sprungfedern. Kurzum: ein ganz normales israelisches Taxi. Das einzig Ungewöhnliche war der Fahrer, ein stämmiger Bursche von vermutlich osteuropäischer Herkunft, nach seinem Profil zu urteilen. Ich urteilte nach seinem Profil, weil ich es deutlich sehen konnte. Er hielt es schräg, auch während der Fahrt, und sein Blick war starr nach unten gerichtet. Nach rechts unten. Auch während der Fahrt.
    Plötzlich hörte ich einen vertrauten Stakkato-Ton, ein kurzes rhythmisches »tatata-ta-tata«. Es war genau 21 Uhr.
    »Was gibt's im Radio?« fragte ich.
    »Keine Ahnung«, lautete die Antwort. »Ich hab das Fernsehen an. Simon Templar.«
    Ich beugte mich ein wenig vor und sah ihm über die Schulter. Tatsächlich: Zu seinen Füßen lag ein kleiner Fernsehapparat, über den gerade »Der Boß und die 40 Räuber« ihren Einzug hielten, tatata-ta-tata. Bild und Ton kamen verhältnismäßig deutlich, nur manchmal hüpfte der kleine Kasten auf und nieder, denn die Stadtverwaltung von Tel Aviv hatte sich endlich zu den überfälligen Reparaturarbeiten ihrer Hauptverkehrsadern entschlossen.
    Als wir die Ben-Jehuda-Straße entlangholperten, streckte der Boß einen intellektuellen Schurken zu Boden und umarmte seine weibliche Gefangene. Aber da nahte in einem Helikopter der dicke Spion.
    »Setzen Sie sich schon endlich«, sagte der Fahrer, ohne die Haltung seines Profils zu verändern. »Sie verstellen mir ja die Aussicht auf das Rückfenster.«
    Ich ließ mich widerwillig in den Fond fallen:
    »Wieso stört Sie das? Sie schauen ja ohnehin die ganze Zeit auf Ihre Füße.«
    »Das geht Sie nichts an. Ich kenne meine Fahrbahn, auch ohne sie ständig zu beobachten.«
    »Deshalb haben Sie gerade ein rotes Licht überfahren, was?«
    »Pst. Sie kommen... «
    Meinem neuerlichen Spähversuch begegnete der Wagenlenker auf höchst unfaire Art, indem er den Kasten in einen für mich unzugänglichen Winkel schob. Dabei sehe ich Simon Templar sehr gerne, noch lieber als Western.
    Auf unsicheren Rädern kurvten wir in den Nordau-Boulevard ein. Soviel ich hören konnte, ging auf dem Bildschirm gerade ein wütender Kampf vor sich.
    »Setzen!« herrschte das Profil mich an. »Das ist ein MiniApparat, nur für den Fahrer.«
    Ganz knapp verfehlten wir in diesem Augenblick ein Moped in psychedelischen Farben, aber sichtlich noch ohne Fernsehapparat.
    Das Profil beugte sich zum Fenster hinaus. Sein Tonfall erreichte die Stärke eines mittleren Nebelhorns im Hafen:
    »Wo brennt's denn, du Idiot? Lern zuerst fahren, du Trottel! Willst du uns alle umbringen?«
    Während das Kind auf dem Roller - nach kurzer Einschätzung der Körperkräfte seines Widersachers - eilends das Weite suchte, verschaffte ich mir rasch einen Blick auf den Bildschirm: Simon war gerade dabei, dem dicken Kerl, der den Mikrofilm bei sich trug, mit dem Revolver den Schädel zu spalten, mit der anderen Hand hielt er den Agenten der Gegenseite auf Distanz, und alles das in einem ziemlich rasch dahinschlitternden Taxi.
    »Ein miserables Gerät«, beschwerte sich das Profil. »Japanisches Fabrikat, kostet in Amerika 80 Dollar, aber hier verlangen sie 2000 Pfund. Nicht von mir, hehe. Da können sie lange warten. Mein Schwager aus Brooklyn hat's durch den Zoll geschmuggelt.«
    Er schüttelte sich vor Lachen, hielt aber jählings inne, weil Simon soeben dem feindlichen Millionär in die Falle zu gehen drohte.
    Und weil das rechte Vorderrad auf den Gehsteig aufgefahren war, von wo es mit hartem Krach wieder die Fahrbahn erreichte.
    Allmählich verlor ich die Geduld:
    »Warum, zum Teufel, fahren Sie nur mit einer Hand?«
    »Mit der ändern muß ich den Draht halten, sonst setzt der Empfang aus. Der Mechaniker hat mir gesagt, daß ich eine Art Antenne bin, wenn ich den Draht halte. Er lebt bei meiner Schwester. Schon seit zwei Jahren. Der Mechaniker. Ein feiner Kerl.«
    Wir glitten in einer Entfernung von höchstens eineinhalb Millimetern an

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