Kein Öl, Moses
besonders im Hinblick auf unsere ungezogenen Kinder.
»Liebling«, wagte ich endlich zu bemerken, »möchtest du nicht endlich aufhören, diese verdammten neumodischen Schuhe zu kaufen?«
»Warum? Sie sind doch sehr hübsch!« lautete die entschiedene Antwort der besten Ehefrau von allen. Ich war also zu einem Zwergendasein verurteilt, nur weil die internationale Mafia der Schuhfabrikanten beschlossen hatte, die Absätze und Sohlen der weiblichen Erdbevölkerung in direkter Proportion zur Abwertung des Dollars zu erhöhen. Wenn meine Frau in ihrem Maxirock neben mir auf der Straße geht, sieht niemand, wie es um ihre Schuhe bestellt ist; die Leute sehen nur eine schlanke, große Frauensperson und neben ihr einen brillentragenden Gnom. Jeder Blick in den Spiegel erschüttert mich aufs neue. Und in der Abenddämmerung gehe ich mit meiner Frau überhaupt nicht mehr aus, weil mich die Schatten, die wir aufs Pflaster werfen, zutiefst deprimieren.
Die beste Ehefrau von allen tut, als merke sie nichts:
»Sei nicht kindisch«, sagt sie. »Gewöhn dir endlich deine lächerlichen Minderwertigkeitsgefühle ab.«
Natürlich habe ich Minderwertigkeitsgefühle. Wie sollte ich nicht. Ein Mann von meiner Statur - um nicht zu sagen: von meinem Format - ist plötzlich gezwungen, zu seiner Frau aufzublicken! Und sie versäumt keine Gelegenheit, mich diese beschämende Neuordnung fühlen zu lassen. Sie bückt sich demonstrativ, wann immer sie eine Tür durchschreitet. Der Elevationsquotient ihrer jüngst erworbenen Fußbekleidung beläuft sich auf 12 cm, und die internationalen Schuhgangster in Zürich drohen uns bereits ein Modell mit einer Absatzhöhe von 20 cm an. Wie soll sich ein Mensch von natürlichem Wachstum gegen diesen Unfug behaupten?
Auch das allgemeine Straßenbild hat sich dementsprechend verändert. Wohin das Auge fällt, sieht man Schwärme riesenhafter Amazonen, wahre Gullivers in Weibsgestalt, zwischen denen männliche Liliputaner vorsichtig umhertrippeln und scharf achtgeben müssen, um nicht von ihnen zertreten zu werden. Nur in den Restaurants ist die Lage halbwegs erträglich geblieben. Dort, während sie sitzen, halten die Frauen noch die traditionelle Position, die unsere Gesellschaftsordnung ihnen zuweist. Aber wenn sie aufstehen, gnade uns Gott...
Mein Nachbar Felix Selig ist von Haus aus einen Kopf größer als seine Gattin Erna. Das heißt, er war es. Gestern sah ich Erna in der Türe stehen und hörte sie rufen:
»Felix, wo bist du?«
Felix stand dicht vor ihr, auf lächerlich flachen Schuhsohlen. Er mußte in die Höhe springen, um von ihr überhaupt bemerkt zu werden.
Es ist sehr schwer, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Wenn unsere Frauen zu Hause von ihren Kothurnen heruntersteigen, hat man immer das Gefühl, daß sie in die tiefe Kniebeuge gehen. Vergangene Nacht beobachtete ich meine Frau, wie sie sich auf Halbmast hißte. Besaß sie überhaupt Beine? Oder ist alles an ihr nur noch Schuh?
Und ist es das, wofür die Frauenemanzipation kämpft?
Soviel ich weiß, kämpft sie für die Gleichberechtigung der Frauen. Aber was wäre das für eine Gleichberechtigung, wenn der eine Teil oben auf dem Bergesgipfel thront und der andere tief unten im Tale hockt?
Neuerdings habe ich zu einer Gegenmaßnahme gegriffen. Wenn zwischen uns ein ehelicher Disput ausbricht, springe ich mit affenartiger Behendigkeit auf den Tisch und führe das Gespräch von dort aus, um mich als gleichrangig zu erweisen. Auch trainiere ich das Gehen auf Stelzen. Stehen kann ich schon.
Orgie unter Kontrolle
Ziegler! Bitte kommen Sie einen Augenblick in mein Büro. Und machen Sie die Türe hinter sich zu.«
»Jawohl, Herr Schultheiß.«
»Setzen Sie sich.«
»Danke, Herr Schultheiß.«
»Jetzt möchten Sie natürlich wissen, warum ich Sie hereingerufen habe.«
»Jawohl, Herr Schultheiß.«
»Heute ist Freitag.«
»Wie bitte?«
»Die Woche geht zu Ende.«
»Ja, das stimmt. Aber -«
»Warten Sie. Im allgemeinen pflegen wir uns nicht in Dinge einzumischen, die außerhalb des Amtsgebäudes vor sich gehen. Trotzdem fühle ich mich als Leiter dieser Abteilung für mein Personal verantwortlich.«
»Gewiß, Herr Schultheiß.«
»Ich will ganz offen mit Ihnen reden, Ziegler. Es sind merkwürdige Gerüchte über Sie im Umlauf.«
»Über mich?«
»Und über die ausschweifenden Parties, an denen Sie teilnehmen. Immer am Wochenende.«
»Ich?«
»Ja, Sie. Ich rate Ihnen in Ihrem eigenen Interesse, alles
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