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Kein Opfer ist vergessen

Kein Opfer ist vergessen

Titel: Kein Opfer ist vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Harvey
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dich noch daran?«
    »Zu der Zeit war ich acht Jahre alt.«
    »Ja und? Ein weißer Junge aus einer guten Gegend, der auf eine katholische Schule geht. So etwas führt bei der Polizei zu hohem Druck, jemanden festzunehmen.« Havens schaute aus dem Fenster und dann auf seine Uhr. »Verdammt, ich muss los.«
    »Und was ist mit dem Bier?«
    Havens setzte sein Glas an, trank es zur Hälfte aus und stand auf. »Bis morgen, Joyce. Tu dir einen Gefallen und vergiss die Sache mit Gold. Das würde unser aller Leben leichter machen.«
    Ich sah ihm nach, wie er durch die Tür ging und über die Sherman verschwand. Inzwischen war das Pub brechend voll. Nicht weit von mir entfernt standen vier Frauen, die darauf warteten, dass ich mich aus der Sitzecke verzog. Ich trank einen Schluck Bier, aber es machte mir keinen Spaß mehr. Ich stand auf, lächelte die Frauen an und überließ ihnen ihre heiß ersehnten Plätze. Eine von ihnen erwiderte mein Lächeln sogar. Die drei anderen drängten sich an mir vorbei, riefen nach der Kellnerin und rückten sich auf den Sitzen zurecht. Draußen vor dem Nevins blinzelte ich im Licht der untergehenden Sonne. Es war kurz nach fünf. Die Dunkelheit würde sich erst in drei Stunden über den Lake Michigan senken. Ich lief die Straße hinunter und dachte an Jake Havens. Unter einer Überführung hörte ich ein Hupen. Sarah saß am Steuer eines schwarzen Audis und winkte mich zu sich.
    »Steig ein«, rief sie. Wortlos kletterte ich auf den Beifahrersitz.
    »Zieh deinen Kopf ein.« Sie duckte sich. Ich tat das Gleiche. Ein Wagen rauschte an uns vorüber. Sarah richtete sich wieder auf und fuhr an.
    »Und wozu war das gut?«, erkundigte ich mich.
    »Wir folgen ihm.« Sarah fädelte sich in den Verkehr ein.
    »Wem?«
    Sie zeigte auf einen silberfarbenen Honda, der drei Wagen vor uns fuhr. »Havens.«
    »Warum?« Ich fand, es war eine großartige Idee, wusste aber nicht, weshalb.
    »Er hat etwas vor. Und er hat alle Karten in der Hand.«
    »Was für Karten?«
    »Na, alle. Nur wenn es ihm passt, rückt er mit ein paar Informationen raus. Er hat sogar Zombrowski herumkommandiert.«
    »Und was bringt es uns, wenn wir ihm folgen?«
    »Wir bekommen die Oberhand.« Sarahs Mundwinkel hob sich zu einem Grinsen.
    »Und was ist daran so lustig?«
    »Nichts.« Von der Sherman bog sie rechts in die Dempster Avenue ab. »Findest du es keine gute Idee, ihm zu folgen?«
    »Ich finde, es ist eine fabelhafte Idee.«
    »Jetzt bist du sarkastisch.«
    »Bin ich nicht.«
    »Interessiert er dich denn gar nicht?«
    »Nicht so wie dich.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Nichts.«
    Sie sah mich von der Seite an. »Es klang aber nach was.«
    Ich zeigte auf den dichten Verkehr vor uns. »Was glaubst du, wohin er fährt?«
    »Sag mir, wie du das gemeint hast.«
    »Wann?«
    »Na, gerade.«
    »Er mag dich, Sarah.«
    »Das denkst du also.«
    »Ja, das denke ich. Pass auf, wo du hinfährst.«
    Sarah konzentrierte sich wieder auf die Straße. »Er mag mich nicht. Außerdem ist er nicht mein Typ.«
    »Vielleicht bist du nur sauer, weil er deinen Freund zerlegt hat.«
    »Kyle ist nicht mein Freund. Er hat das bekommen, was er verdient hat.«
    Eine Weile fuhren wir schweigend weiter. Ich wusste nicht, was ich sonst noch sagen sollte. Havens stand auf Sarah, und das würde mir auch niemand ausreden können. Wie konnte es denn auch anders sein? Würde es nicht jedem so gehen? Dass sie es nicht merkte, hatte nichts zu bedeuten. Dafür war ich der lebende Beweis.
    »Was machen wir, wenn er uns erwischt?«, fragte ich.
    »Wir sagen ihm die Wahrheit.«
    »Und die wäre?«
    »Dass wir ihn merkwürdig finden. Und wissen möchten, was er vorhat.«
    »Das wird bestimmt gut ankommen.«
    Vor uns schaltete die Ampel auf Rot. Havens’ Honda war nur noch zwei Wagen vor uns. Ich fragte mich, ob Sarah schon einmal jemanden verfolgt hatte. Alles in allem machte sie ihre Sache recht gut. Auf dem McCormick Boulevard bogen wir links ab und fuhren auf der Devon weiter in Richtung Westen. Ich beugte mich vor. »Er fährt zum Naturschutzgebiet.«
    »Wohin?«
    »In den Wald. Dahin wo der Junge vergraben wurde.«
    Sarah hatte den Polizeibericht nicht gelesen oder wenn, dann nicht sorgfältig genug, um zu wissen, wovon ich redete. Ich erklärte es ihr.
    »Skylar Wingate. Der Junge, den James Harrison ermordet hat. In dem Wald dahinten wurde er gefunden.«
    Ein Wegweiser mit der Aufschrift »Naturschutzgebiet Caldwell-Woods« huschte an uns vorüber. Vor uns

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