Kein Opfer ist vergessen
Parade?«
»Aber klar doch.«
Havens kam mit seinem Kaffee und setzte sich. »Mensch«, sagte er. »Die hatten echt die Ruhe weg.«
»Das ist Norbucks«, erwiderte Sarah. »Sie machen alles in ihrem Rhythmus, ganz gleich, ob es eine Warteschlange gibt oder nicht.«
Havens nahm einen Schluck und verzog das Gesicht. »Ekelhaft.« Er rührte den Zucker aus drei Päckchen in seinen Kaffee und kostete ihn noch mal. »Schon besser.«
»Was habt ihr herausbekommen?«, erkundigte ich mich.
Havens stellte seinen Kaffee ab und rutschte mit seinem Stuhl näher an uns heran. »Wir haben mit William Bryson gesprochen, Skylars Sportlehrer. Wenn man ihm glaubt, war Skylar nichts Besonderes. Nett und ruhig. Ein ganz normaler Schüler.«
»Sonst noch was?«, fragte ich.
»Die Polizei hat Bryson damals vernommen«, antwortete Sarah. Sie hatte ihren Notizblock auf den Tisch gelegt, schlug eine Seite auf und überflog ihre Aufzeichnungen. »Dabei hat er ausgesagt, dass er Skylar an jenem Tag außerhalb des Unterrichts nicht gesehen habe. Er hat weder mit ihm gesprochen noch ihn in oder an der Schule mit einer verdächtigen Person gesehen. Er hat überhaupt nie jemand Auffälligen in der Nähe des Geländes herumlungern sehen.«
»Gibt es sonst noch jemanden, der schon damals an der Schule war?«, fragte ich.
»Laut Bryson ist er selbst der Einzige, der noch übrig ist«, entgegnete Sarah. »Vor ein paar Jahren hat die Schulbehörde Sparmaßnahmen angeordnet, und ein Teil der Lehrer wurde in Frührente geschickt.«
»Ich habe einen Blick in den Heizungskeller geworfen«, sagte Havens.
»Und?«
»Vor drei Jahren hat man dort ein neues System installiert, und alles ist umgebaut worden.«
»Mit anderen Worten, der Schulbesuch war eine Pleite«, sagte ich.
»In ein, zwei Tagen gehe ich wieder hin«, sagte Havens. »Vielleicht rede ich dann noch mal mit Bryson.«
»Warum?«
»Ich bin halt ein sorgfältiger Typ. Wenn man anderen ein bisschen Zeit lässt, erinnern sie sich manchmal wieder an Dinge, die sie vergessen hatten.« Havens deutete mit dem Kopf auf meine Seite. »Jetzt bist du dran.«
Ich berichtete ihnen, was es mit der Liste auf sich hatte, die Sache mit der Jeans und das, was Grace darüber gesagt hatte. Als ich fertig war, lehnte ich mich zurück und wartete auf ihre Reaktion.
Sarah sprach als Erste. »Diese Grace glaubt also, die Cops hätten die Jeans von Harrison aus ihrem Bestand gestohlen und mit dem Blut des Opfers präpariert.«
»Die Jeans war bei dem Prozess nur ein Teil des Beweismaterials«, sagte ich. »Aber man hat sich ausschließlich auf diese Blutspuren konzentriert.«
»Und dann zahlt Harrison während des Berufungsverfahrens für eine DNA -Analyse, die das Urteil bestätigt hätte, wenn er nicht gestorben wäre?«
»Richtig. Sie hätte die hundertprozentige Übereinstimmung mit Skylars Blut ergeben.«
»Hast du ihr die Geschichte abgenommen?«, fragte Havens.
»Grace? Ja, habe ich. Zumindest glaubt sie, dass es die Wahrheit ist.«
»Wenn es stimmt, dann hätten wir vielleicht auch die Erklärung dafür, weshalb jemand die Beweise im Asservatenlager beiseitegeschafft hat«, meinte Havens.
Sarah sah mich an. »Kannst du dich noch an irgendetwas aus dem Lager erinnern, was hier weiterhelfen könnte? Eine Notiz über Harrisons Aussehen bei der Festnahme, oder so?«
Ich schüttelte den Kopf. »Trotzdem könnte ein Bericht existieren.«
»Klar gibt es darüber einen Bericht«, sagte Havens. »Nur wird darin stehen, dass er eine Jeans trug. Etwas anderes werden wir nie zu Gesicht bekommen.«
Ich wollte schon antworten, als mein Handy summte. Der Anruf kam von Grace.
»Mr Joyce?«
»Hallo, Grace.« Ich schaute von Sarah zu Havens. Er quittierte den Anruf, indem er mir mit seinem Kaffeebecher zuprostete.
»Was gibt’s?«
»Ich habe noch etwas vergessen.«
»Was?«
»Als James die DNA -Analyse machen ließ, habe ich mir den Namen des zuständigen Technikers aufgeschrieben. Er war sehr freundlich und hat die Untersuchung für einen Bruchteil der sonst üblichen Kosten durchgeführt.«
»Hielt er James für unschuldig?«
»Ja, bis er die Ergebnisse vorliegen hatte. Wie dem auch sei, ich weiß nicht, ob es sich für Sie lohnt, mit ihm zu reden. Seinen Namen haben Sie wahrscheinlich schon herausgefunden.«
Ich bedeutete Sarah, dass ich Stift und Papier brauchte. Sie schob mir beides zu.
»Nein, habe ich nicht. Könnten Sie ihn mir netterweise sagen?«
»Der Mann heißt Sam Moncata. Hat
Weitere Kostenlose Bücher