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Kein Opfer ist vergessen

Kein Opfer ist vergessen

Titel: Kein Opfer ist vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Harvey
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früher für das FBI gearbeitet. Ich glaube, inzwischen nimmt er nur noch Privataufträge an. Er war wirklich sehr entgegenkommend.«
    Ich notierte den Namen. Grace nannte mir die Adresse und die letzte Telefonnummer Moncatas, die ihr bekannt war. Ich bedankte mich und wollte mich schon verabschieden, als mir noch etwas einfiel.
    »Einen Moment noch, Grace, wie lange sind Sie mit ihm in Verbindung geblieben?«
    »Ich habe schon seit ein paar Jahren nicht mehr mit ihm gesprochen.«
    »Schade.«
    »Warum?«
    »Was passiert, wenn wir plötzlich vor seiner Tür stehen und uns nach einem alten Mordfall erkundigen wollen?«
    »Sagen Sie ihm ruhig, dass Sie mit mir gesprochen haben. Er wird sich an mich erinnern.«
    »Danke, Grace.«
    »Machen Sie es gut, Ian.« Sie legte auf.
    Meine beiden Mitstreiter sahen mich fragend an.
    »Grace hat sich an den Namen des Typen erinnert, der damals für Harrison die DNA -Analyse durchgeführt hat«, erklärte ich. »Er heißt Sam Moncata.«
    »Sehr gut«, meinte Havens. »Vielleicht stellt sich ja heraus, dass Mr Moncata ein Fehler unterlaufen ist. Ich bin auf jeden Fall dafür, ihn anzurufen.« Ich schaute rüber zu Sarah, und sie nickte.
    Moncata war gerade auf dem Sprung aus dem Haus. Ich erklärte ihm, dass wir von der Uni waren. Seine Begeisterung hielt sich in Grenzen. Dann erwähnte ich den Namen James Harrison. Und berief mich auf Grace. Moncata willigte ein, uns eine Stunde seiner kostbaren Zeit zu schenken. Ich legte auf.
    »Er gewährt uns eine Audienz. Wir sollen morgen Nachmittag zu ihm kommen«, sagte ich.
    »Und wo wohnt er?«, fragte Havens.
    »Im Zentrum. In einer Seitenstraße der Michigan Avenue.«
    Sarah schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht mitkommen. Muss zu Omega.«
    »Was ist Omega?«, wollte Havens wissen.
    »Eine Hilfsorganisation für Frauen. Ich arbeite dort als Freiwillige.«
    Im Geist rieb ich mir die Hände. Sarah hatte Havens nichts über ihre Tätigkeit erzählt. Mir dagegen schon.
    »Macht ja nichts«, sagte ich. »Jake und ich treffen uns mit ihm und berichten dir später, was er zu erzählen hatte.«
    »In Ordnung.« Havens zog den Reißverschluss seines Rucksacks zu und warf ihn über seine Schulter. »Was macht ihr am 4. Juli?«
    »Wir schauen uns die Parade an«, erwiderte Sarah. Daraufhin entstand eine ungemütliche Pause, die ich sehr gemütlich fand. Sarah leider nicht. »Möchtest du mitkommen?«
    »Kann nicht«, sagte Havens. »Wir können uns später auf einen Drink treffen.«
    Sarah lächelte. Ich schmollte auf dem ganzen Heimweg.

DREIUNDZWANZIG
    Im Lauf der Jahre hatte er sein Vorgehen zu einer regelrechten Kunstform ausgebaut. Er machte lange Spaziergänge, schlenderte durch die eine oder andere Wohngegend, studierte Verhaltensmuster und hielt nach potenziellen Opfern Ausschau. Für gewöhnlich bevorzugte er Jugendliche. Außenseiter. Jungs, die einen Freund brauchen konnten. Aber heute ging es um etwas anderes. Heute hatte er sich etwas anderes vorgenommen.
    Im Morgenlicht sah man dem grün-weißen Haus die Jahre an, die es auf dem Buckel hatte. Bei seiner dritten Runde um den Block entdeckte er den Jungen, der aus der Tür kam und in einen Audi mit laufendem Motor stieg. Der Audi fuhr los und verschwand über die Straße. Ebenso fielen ihm drei Männer in einer schwarzen Limousine an der Ecke auf. Als der Audi weg war, warteten sie noch eine Viertelstunde, ehe sie aus ihrem Wagen stiegen und losmarschierten. Sie traten die Eingangstür ein, hielten sich für knapp eine Stunde im Innern des Hauses auf. Danach kamen sie wieder raus, stiegen in ihre Limousine und machten sich aus dem Staub. Wenig später näherte er sich dem Eingang und drückte gegen die Tür, die knarrend aufschwang. Seine Nasenflügel zuckten. Er roch Angst, abgestandene Angst, die durch das Haus zog. Er strich durch die Zimmer im Erdgeschoss. Hier und da blieb er stehen und fasste etwas an. Die drei Typen hatten die Wohnung durchsucht, ohne ihre Spuren zu verwischen. Er durchquerte den Flur. Die Tür zum Keller war aufgebrochen worden. Er nahm die Treppe nach unten. Da stand der lange schwere Tisch und schlief unter einer Staubschicht. Am liebsten hätte er die Handschuhe abgestreift und die Oberfläche berührt, aber das ging leider nicht. In einer Ecke ließ er sich auf alle viere nieder und tastete auf dem Fußboden nach einer Fuge. Dann zog er das Stemmeisen unter seiner Jacke hervor und machte sich ans Werk. Nach drei Minuten hatte er ein kleines Viereck aus dem

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