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Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)

Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition)

Titel: Kein Ort ohne dich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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relativ ist, wenn man ihren jetzigen Wert bedenkt –, und danach hatten wir kein Geld mehr. Deshalb kehrten wir nach nur einer Woche im Norden nach North Carolina zurück und fuhren auf die Outer Banks, wo wir eine Hütte am Strand mieteten. Ruth zog in diesem Sommer zum ersten Mal einen Bikini an, wenn sie sich auch weigerte, ihn irgendwo anders als auf der hinteren Veranda zu tragen, und zusätzlich Handtücher als Sichtschutz über das Geländer hängte.
    Nach unserem Strandurlaub fuhren wir nach Asheville, wie immer. Am Seeufer las ich Ruth den Brief vor, den ich geschrieben hatte.
    Die Jahre plätscherten weiter dahin. Lyndon Johnson wurde Präsident, und das Bürgerrechtsgesetz wurde verabschiedet. Der Krieg in Vietnam weitete sich aus, während wir zu Hause viel über den Krieg gegen die Armut hörten. Die Beatles lösten Hysterie aus, und Frauen drängten auf den Arbeitsmarkt. Ruth und ich nahmen all das zur Kenntnis, für uns aber war unser häusliches Leben das Wichtigste. Wir arbeiteten, sammelten im Sommer Kunstwerke, frühstückten in der Küche und erzählten uns beim Abend essen Geschichten. Wir kauften Gemälde von Victor Vasa rely und Arnold Schmidt, Frank Stella und Ellsworth Kelly. Wir mochten die Arbeiten von Julian Stanczak und Richard Anuszkiewicz und kauften auch von ihnen Bilder. Und ich werde niemals Ruths Gesichtsausdruck beim Auswählen jedes einzelnen Gemäldes vergessen.
    Ungefähr um diese Zeit begannen wir, zu fotografieren. Bis dahin hatte uns das seltsamerweise nicht sehr interessiert, und in unserem langen Leben füllten wir nur vier Alben. Doch es reicht, um Ruth und mich langsam älter werden zu sehen. Es gibt ein Foto von mir, das Ruth 1 970 an meinem fünfzigsten Geburtstag aufnahm, und ein weiteres von 1 9 7 2, als sie dasselbe Ereignis feierte. 1 9 7 3 mieteten wir den ersten Lagerraum an, wo wir einen Teil unserer Sammlung unterbrachten, und 1 975 bestiegen Ruth und ich die Queen Elizabeth 2 und fuhren nach England. Selbst nach all den Jahren konnte ich mir nicht vorstellen, wieder zu fliegen. Wir blieben drei Tage in London und zwei weitere in Paris und reisten dann mit dem Zug nach Wien, wo wir zwei Wochen verbrachten. Für Ruth war es schön und schmerzhaft zugleich, in ihre einstige Heimat zurückzukehren, und obwohl ich ihr normalerweise anmerkte, was sie empfand, wusste ich damals oft nicht, was ich sagen sollte.
    1 976 gewann Jimmy Carter die Wahl gegen Gerald Ford, der Richard Nixon abgelöst hatte. Die Wirtschaft lag am Boden, und vor den Tankstellen bildeten sich lange Schlangen. Doch Ruth und ich schenkten diesen Entwicklungen kaum Beachtung, da wir uns in eine neue Kunstbewegung verliebten, die sich Lyrische Abstraktion nannte und hauptsächlich durch Pollock und Rothko vertreten wurde. In jenem Jahr – es war das Jahr, in dem Ruth endgültig aufhörte, sich die Haare zu färben – feierten wir unseren dreißigsten Hochzeitstag. Es kostete zwar ein Vermögen und ich musste einen kleinen Kredit aufnehmen, aber zu diesem Anlass schenkte ich ihr die einzigen Bilder, die ich je allein kaufte: zwei kleine Picassos, einen aus der Blauen und einen aus der Rosa Periode. Sie hängte sie in jener Nacht ins Schlafzimmer, und nachdem wir uns geliebt hatten, lagen wir noch lange wach und betrachteten sie.
    1 9 77 erlebte mein Geschäft eine schwere Flaute, und in meiner freien Zeit bastelte ich als Hobby Vogelhäuser aus Bausätzen. Diese Phase dauerte nicht lange, vielleicht drei oder vier Jahre, und ich blieb ungeschickt und gab es schließlich wieder auf, genau, als Reagan an die Macht kam. Obwohl ich aus den Nachrichten erfuhr, dass die Regelungen für Kredite jetzt etwas freier gehandhabt werden konnten, zahlte ich den Kredit für die Picassos ab. Ruth verstauchte sich den Knöchel und lief einen Monat lang auf Krücken. 1 985 verkaufte ich mein Geschäft und ging in Rente; 1 987, nach vierzig Jahren im Klassenzimmer, tat Ruth das Gleiche. Schule und Bezirk gaben ein Fest zu ihren Ehren. Während ihrer beruflichen Laufbahn war sie drei Mal zur »Lehrerin des Jahres« gewählt worden. Und um diese Zeit wurden meine ehemals schwarzen Haare erst grau und dann weiß und mit jedem Jahr schütterer. Die Falten gruben sich tiefer in unsere Gesichter, und wir stellten beide fest, dass wir ohne Brille nicht mehr gut sehen konnten. 1 990 wurde ich siebzig, und 1 996, an unserem fünfzigsten Hochzeitstag, bekam Ruth den längsten Brief, den ich je geschrieben hatte. Sie las ihn

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