Kein Pfund zu viel!
aufhören, dein Licht unter den Scheffel zu stellen. Und hör verdammt nochmal mit dem Rauchen auf, das ist ungesund.“ Der strenge Ton von Tarek liess Federico aufhorchen. Es war in den letzten Jahren nicht oft vorgekommen, dass dieser ihn tadelte. Im Gegenteil, eigentlich hatte er ihm meist den Rücken gestärkt, wenn es Auseinandersetzungen mit Andri oder seinen Eltern gab.
Nickend steckte er die angebrochene Packung wieder in die Jacke und ging an Tarek vorbei ins Haus. Es galt noch den Kaffee und Kuchen hinter sich zu bringen, dann würde er endlich zurück in die Ruhe seines WG-Zimmers flüchten und sich von der Tortur dieser Familiensache hier erholen können.
***
Tarek blickte auf die Uhr, um sich zu vergewissern, dass es wirklich schon so spät und Federico unpünktlich war. Was wollte er ihm damit beweisen? Etwa, dass er es wirklich nicht wert war, hier zu arbeiten? Ha, so einfach würde er es ihm bestimmt nicht machen! Schliesslich kannte er Federico gut genug um zu wissen, dass es eine seiner Taktiken war, sich gleich zu Beginn schlecht darzustellen, so dass niemand auch nur irgendwelche Anforderungen an ihn stellte.
Federicos Selbstwertgefühlt war nahezu nicht vorhanden. Schon als Tarek vor acht Jahren das erste Mal bei der Familie Malm zu Besuch gekommen war, fiel ihm das schüchterne Verhalten von Andris kleinem Bruder auf. Federico, damals gerade mal elf Jahre alt, schien sich unsichtbar machen zu wollen. Bald wurde Tarek klar, dass dieser keinen einfachen Stand in der Familie hatte. Nicht, dass er nicht geliebt wurde, aber die einnehmende Präsenz des grossen Bruders war einfach raumfüllend. Daran hatte sich in den folgenden Jahren auch nichts geändert.
Andri gehörte zu diesen Menschen, denen alles einfach zu gelingen schien und mit seiner gewinnenden Art zog er meist auch alle Aufmerksamkeit auf sich, so wie auch die der Eltern. Tarek hatte immer versucht, sich Federico zu nähern und ihn mit einzubeziehen, aber dieser hatte sich mehr und mehr in sich zurückgezogen, bis man ihn kaum mehr aus seiner Isolation herausbekam.
Ein Klopfen an der Bürotür holte ihn aus seinen Gedanken zurück und kurz darauf trat Federico ein.
„Hey Tarek, entschuldige die Verspätung, aber…“ Verunsi chert blickte der Kleine ihn an vermutlich weil er eher mit einer Strafpredigt als mit einem Lächeln von Tareks Seite gerechnet hatte.
„Hallo Feder ico, schön dass du es doch noch geschafft hast“, erwiderte Tarek.
„Na ja, der Frisör kam einfach nicht zum Schluss. Keine Ahnung, was der so lange an meinen Haaren zu zupfen hatte. Ich hätte wohl den Termin nicht so knapp legen sollen.“ Verlegen strich sich Federico durch die neue Frisur und Tarek musste zugeben, dass ihm der moderne Schnitt ausnehmend gefiel. Er hatte Federicos Haare schon immer gemocht und sich auch schon bei dem Wunsch ertappt, in diese dunkelbraunen Locken greifen zu wollen, nur um zu testen, ob sie sich genauso weich anfühlten, wie sie aussahen.
„Sieht gut aus, hat sich also auf jeden Fall gelohnt.“
Federico zuckte als Antwort nur mit den Schultern und blickte zu Boden. Es war offensichtlich, dass er Tareks Kompliment nicht für bare Münze nahm.
„Nun gut, dann will ich dir mal alles zeigen.“ Auffordernd wies Tarek Federico an ihm zu folgen, um ihn in der folgenden Stunde in dessen Aufgaben und Pflichten einzuführen.
***
Wider Erwarten machte der Job im Bistro Federico wirklich Spass. Das ‚Cosmopolitan‘, so der Name des Ladens, sollte sich vornehmlich an junge Gäste richten, die sich vor dem Ausflug in die nächtliche Partyszene hier mit kleinen Snacks und Getränken stärken wollten. Gleichzeitig wurden aber auch Frühstück und Mittagssnacks angeboten, was jedoch erst noch im Probelauf war. Sollte der Umsatz am Morgen und Mittag nicht stimmen, würde man das Bistro in Zukunft erst gegen Abend öffnen. Das war auch der Grund, weshalb Tarek nur zwei Festanstellungen vorgenommen hatte. Der Rest der Truppe arbeitete wie Federico im Stundenlohn, weil man später die Angestelltenzahl eventuell wieder reduzieren musste.
Schon jetzt hoffte Federico inständig, dass die Umsatzzahlen des Bistros zufriedenstellend sein würden, denn auf keinen Fall wollte er diesen Job wieder verlieren. Er musste sich selbst eingestehen, dass er längst nicht mehr so mürrisch und unzufrieden war, wie zu seiner arbeitslosen Zeit. Es machte ihm einfach Spass, sich mit anderen Leuten zu unterhalten, was ehrlich gesagt für ihn
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