Kein Pfund zu viel!
selbst auch neu war. Bis dahin war er überzeugt gewesen, dass er in den Augen anderer keine gute Figur abgab, doch hier im Lokal wurde seine Arbeit geschätzt. Einerseits von den Gästen, andererseits aber auch von Tarek. Letzterer war anscheinend mit den Leistungen zufrieden, wenn man den vielen positiven Äusserungen über Federicos Arbeit Glauben schenken durfte. Vielleicht wollte er ihn aber auch nur motivieren, denn Tarek hatte schon immer versucht, ihn aufzubauen und sein mangelndes Selbstbewusstsein zu stärken.
Einer von Federicos Kollegen war Lukas, der meist in denselben Schichten arbeitete und mit viel Geduld Federico in dessen Tätigkeit einführte. Praktisch von der ersten Minute an verstanden sie sich ungewöhnlich gut und Federico war erfreut, endlich so etwas wie einen Freund zu haben. Das änderte sich auch nicht, als ihm Lukas irgendwann eher nebenher erklärte, dass er schwul war. Im Gegenteil, zum ersten Mal traute er sich, jemandem von der eigenen Homosexualität zu erzählen. Es hatte etwas Befreiendes!
Lukas war es auch, der ihn aufforderte an ihrem freien Tag gemeinsam auf die Piste zu gehen, damit er ihn ins schwule Nachleben einführen konnte. Nun stand er hier an die Wand gelehnt, ein von Lukas für ihn geordertes Getränk - dessen Namen er nicht einmal kannte - in der Hand und beobachtet die im Rhythmus zuckenden Leiber der halbnackten, tanzenden Meute. Einer davon war sein Freund, der ihm immer wieder auffordernd zuwinkte, sich ebenfalls in den Tumult zu stürzen, was er aber auf keinen Fall zu tun gedachte. Er wollte ganz sicher nicht, dass sich einer dieser Kerle reibend an ihn schmiegte und mit den Händen prüfend über seinen Körper strich, um daraufhin angewidert festzustellen, dass sich unter dem weiten Hemd, das Federico trug, diverse Fettpolster versteckten.
Irgendwann gesellte sich Lukas schwitzend und ausser Atem wieder zu ihm und liess den Blick ebenfalls über die Menge gleiten.
„Aha, die Topliga ist im Anmarsch“, raunte er plötzlich in sein Ohr und wies daraufhin mit einem Nicken in Richtung Eingang. Eine Gruppe grossgewachsener, ausserordentlich gut aussehender Männer bahnte sich den Weg zur Bar, während ihnen die Leute ehrfürchtig den Weg freimachten.
Die vielen anhimmelnden Blicke, die die Gr uppe auf sich zog, hatte etwas Belustigendes, doch Federico konnte es nachempfinden, denn jeder einzelne dieser Männer war auf besondere Art beinahe schon schön zu nennen.
Die Erkenntnis, dass Federico einen der Männer kannte, tröpfelte nur langsam in seinen Verstand, nahm ihm aber dann unvermittelt den Atem, was Lukas zu bemerken schien.
„Was ist denn?“, fragte er und winkte gleichzeitig einem der Kerle zu.
„Nicht“, zischte Federico und versuchte schnell , dessen Arm runterzuziehen, was ihm einen verwirrten Blick seines Freundes einbrachte. „Da ist Tarek.“
„Eben , deshalb winke ich ja“, erklärte Lukas immer noch verwundert, bis ihm anscheinend endlich die Erkenntnis traf. „Gott, Süsser, das tut mir echt leid. Ich hab ganz vergessen, dass du noch gar nicht geoutet bist. Na ja, jetzt bist du es zumindest teilweise, nicht wahr?“
Mit einem abf älligen Schnauben drehte sich Federico um und wollte gerade in der Menschenmasse untertauchen, als er am Arm zurückgehalten wurde. Er musste sich nicht erst umdrehen, um sicher zu sein, wer ihn am Weitergehen hinderte. Langsam wandte er sich um und blickte Tarek herausfordernd an. Angriff war bekanntlich die beste Verteidigung!
„Was machst du denn hier“, wurde er unwirsch von dem Russen gefragt.
„Ich bin mit Lukas hier“, erklärte er, was jedoch keine Antwort auf die Frage war.
„Aha“, sagte Tarek und blickte ihn forschend an. „Ich denke nicht, dass das hier der richtige Ort für dich ist, oder…“
In diesem Moment stellte sich ein anderer Typ aus Tareks Truppe zu ihnen und sah Federico interessiert von oben bis unten an. „Das ist ja wieder mal typisch für dich, Tarek. Kaum sind wir hier, machst du dich gleich an die Frischlinge ran. Wie heisst denn der Süsse hier?“ Die Aussprache des grossen Mannes machte klar, dass er ebenfalls aus Russland kommen musste, sein Akzent war jedoch bedeutend stärker als Tareks.
„Lass gut sein, Vladek, der Kleine steht nicht zur Verfügung. Er ist nur per Zufall hier und wird sowieso gleich gehen.“
Die Tatsache, dass Tarek einfach über ihn entschied, liess Wut in Federico aufsteigen. „Ach ja, das wüsste ich aber. Falls du es nicht
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