Kein Schwein bringt mich um
sie mir nicht zu glauben. »Dann machen wir erst mal einen Sehtest, würde ich vorschlagen.«
»Können Sie sich schenken, ich brauche nur eine Sonnenbrille. Am Wochenende wird nämlich geheiratet, und da macht sich ein Veilchen nicht so gut. Wird sowieso noch Ãrger geben mit meiner besseren Hälfte.«
Sie marschierte durch den Laden und kam mit einigen Modellen zurück.
»Das ist momentan der absolute Renner«, informierte sie mich und deutete auf das erste Exemplar.
»Erwecke ich den Eindruck, dass ich meine Brötchen als Zuhälter oder Drogendealer verdiene?«
»Wie wäre es dann mit dieser hier?«
»Die halten Sie mal lieber zurück, bis Heino vorbeischaut.«
»Und diese?«
»Nicht schlecht für Puck, die Stubenfliege.«
»Sie sind aber eine harte Nuss. Wie wäre es denn mit diesem Prachtexemplar? Darauf gibt es sogar zehn Prozent Rabatt.«
»Ich will auf eine Hochzeit und nicht auf eine Achtziger-Jahre-Revival-Party.«
Nachdem ich versichert hatte, dass ich weder einen Pilotenschein besaà noch auf blaue oder grüne Gläser stand und auch kein Freund von Horn war, fanden wir endlich das passende Modell: schwarze Gläser, schmal geschnitten, platinfarbenes Gestell. Und zufälligerweise die billigste Brille im Sortiment.
Ich drückte die Piepen ab, bedankte mich für die exzellente Beratung und empfahl mich. Just als ich auf den Bürgersteig trat, brach die Sonne durch die Wolkendecke. Gut, dass ich gewappnet war. Grelles Licht war sowieso nicht gut für die Augen.
Während der Rückfahrt ins beschauliche Buldern lieà ich die letzten Stunden Revue passieren, untermalt von der grandiosen CD »Letters & Signs« der Erfurter Kapelle Northern Lite. Ob der Sänger Andreas Kubat auch eine Sonnenbrille trug? Ich wusste es nicht, aber auch ohne war die Mucke der absolute Oberhammer. Elektroklänge, gepaart mit rockigen Gitarrenriffs, und als Krönung die charismatische Stimme Kubats.
Hätte ich geahnt, was mich zu Hause erwartete, hätte ich den Trauermarsch aufgelegt.
Da ich dies jedoch nicht voraussehen konnte, lauschte ich halt Northern Lite und war trotz des erlebten oder besser gesagt wegen des überlebten Massakers gut drauf. Zwei Tote wegen nichts, das musste man sich mal reinziehen!
Heiner Menke schien der personifizierte Schrebergarten-Satan gewesen zu sein. Ob er auch hinter den Anschlägen auf Luna Mancini steckte, war fraglich, aber es war ja relativ simpel: Falls die Mordversuche aufhörten, war er es gewesen. Nichtsdestotrotz wollte ich nicht darauf warten, sondern würde mir morgen die anderen Exgatten vorknöpfen. Musste ja schlieÃlich was tun für mein Geld. AuÃerdem sagte mir mein Gefühl, dass Menke zwar gehörig einen an der Waffel hatte, aber mit den Anschlägen auf die Schlagerdiva nichts zu schaffen hatte.
Französischer Schimmelkäse
Als ich die Bulderner Dorfgrenze passierte, entschloss ich mich spontan, bei Karin vorbeizuschauen, anstatt auf direktem Wege zur Nannen-Kemenate zu jetten. Ein bisschen Fremdbewunderung und Betüddelung ob meiner Blessuren war genau das, was ich jetzt brauchte.
Leider sorgte mein linker Vorderreifen dafür, dass ich weder zu Karin noch zu mir fahren konnte, da er sich spontan entschieden hatte, sehr schnell Luft zu verlieren. Ich brachte den Wagen am unkrautüberwucherten StraÃenrand zum Stehen und kletterte aus der Blechkiste. Jawohl, der Schlappen war platter als eine unter die Walze geratene Flunder. So ein Dreck!
Das nächste bewohnte Gebäude gehörte Schumann, allerdings war es ob der dichten Besiedelung in dieser Einöde immer noch Kilometer entfernt. Da ich weder Werkzeug noch Ersatzreifen zur Hand hatte, blieb nur ein gemütlicher FuÃmarsch.
Just als ich meine Schnürsenkel fest zugezogen hatte und die ersten Schritte gegangen war, wurde ich durch eine durch ein infernalisches Hupen ausgelöste Druckwelle in den StraÃengraben geschleudert.
Der Unimog verfehlte mich nur um Haaresbreite, als er mit quietschenden Bremsen und qualmenden Reifen den StraÃenrain durchpflügte. Während ich meinen Wortschatz auf originelle Flüche durchforstete, öffnete sich die Tür, und Stefan Jahnknecht hüpfte freudestrahlend aus der Fahrerkabine. Stefan war mein einziger richtiger Freund in Buldern. Kennengelernt hatten wir uns, als ich kurz nach meinem Umzug von Essen nach Buldern
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