Kein Schwein bringt mich um
einem Casting für »Deutschland sucht den Superdeppen« nach Köln zu brettern. Ich hatte ihn in einer Kneipe in Domnähe erwischt, wo er mit Hilfe von Tequila den Frust runtergespült hatte. Die Jury habe ihm das Talent einer Amöbe attestiert, dabei habe er in Dülmener Kneipen drei Karaoke-Wettbewerbe gewonnen. Sein Traum sei zerstört, hatte er mir die Ohren vollgeheult. Marvin musste den Hobel wieder zurückbringen, mit der Zahnbürste säubern und fünf Tankfüllungen berappen. Dafür verzichtete Chuck auf eine Anzeige.
Ebendieser Typ stellte mir pro Woche drei Scheine aus, auf denen bestätigt wurde, dass ich zwei Stunden trainiert hätte, als wollte ich an der Mister-Universum-Kür teilnehmen. Den Vertrag und die ersten fünf Anwesenheitsurkunden hatte ich bereits meinem Vater zugemailt. Meiner Mutter traute ich nämlich keinen Millimeter über den Weg.
Jetzt fehlte eigentlich nur noch die Frau an meiner Seite, aber man sollte nichts überstürzen.
Ich wechselte von der Couch an den Küchentisch und frühstückte ausgiebig. Eines musste man meiner Mitbewohnerin lassen: Seitdem Isolde die Nannen-Villa bezogen hatte, war der Kühlschrank prall gefüllt, und zwar nicht mit irgendwelchem Lidl-Mist, sondern mit extra aus Münster eingeflogener Feinkost. Und tatsächlich: Mortadella für fünf Euro die Scheibe schmeckte besser als die Discounter-Variante.
Nachdem ich die letzte mit Trüffelleberwurst bestrichene Brötchenhälfte verdrückt hatte, leierte ich dem Kaffeevollautomaten einen Cappuccino aus dem Kreuz, zückte mein Handy und drückte eine mallorquinische Nummer in die Tasten.
»Sohn, ich spiele gleich Polo. Sport verlängert mein Leben, meint mein Arzt. Mach es kurz.«
»Ich möchte von meinen Fortschritten berichten. Vielleicht trägt das zu deiner Genesung bei«, erwiderte ich.
»Du kriegst das schon hin. Weiterhin gutes Gelingen.« Wieder mal plättete mich das väterliche Desinteresse.
»Rauchen ade, Sport satt, und im Job läuft es auch super. Allerdings ist da so viel los, dass ich sogar zu Hause arbeiten muss«, log ich, »und deshalb benötige ich dringend einen Laptop. Und da mein Auto morgen ein Date mit dem TÃV hat und die Zeichen eindeutig auf Scheidung stehen, muss ein anderer fahrbarer Untersatz her. Ansonsten sehe ich schwarz für meine berufliche Zukunft.«
»Ich bin dein Vater, keine Kuh, die permanent gemolken werden kann«, drang es genervt an meine Lauscher. »Reicht es nicht, dass du nach meinem Tod in Geld schwimmst?«
»Ihr habt mich doch zu dieser Arbeit gezwungen. Ohne Auto und Rechner kann ich die knicken. Sag dann nicht, ich hätte mich nicht bemüht.«
»Eigentlich solltest du für dich selbst sorgen können, aber gut, ich lasse dich nicht hängen. An was für ein Auto hast du gedacht?«
»Im Dülmener Autohaus Köhler gibt es einen preiswerten VW -Eos-Jahreswagen. Keine Extras, Top-Zustand und vom Preis her fast geschenkt. Als Rechner reicht mir ein Standard-Laptop. Ich will ja nicht daddeln, sondern arbeiten.«
»Okay. Deine Wünsche lassen sich erfüllen.«
»Vielen Dank. Die Rechnungen schicke ich nach Mallorca, okay?«
»Nichts gegen deinen Eifer, das zeigt den Nannen in dir. Aber du brauchst dich um nichts zu kümmern. Auto und Rechner werden innerhalb der nächsten Stunden geliefert.«
Das lief wie geschmiert. Ich rieb meine vor Freude schwitzigen Hände.
»Vielen Dank, Papa. Ich werde mich deines Vertrauensvorschusses würdig erweisen.« Zum ersten Mal fühlte ich mich meinem Erzeuger verbunden.
»Ohne Notebook werde ich rausgeschmissen«, drückte ich noch mal auf Vaters nicht vorhandene Tränendrüse. Ich hatte nämlich gestern kurz über den Kaninchenmord nachgedacht und war zu der Erkenntnis gelangt, dass eine Internetrecherche über weitere Langohrtötungen in dieser Gegend ein geschmeidiger Einstieg in den Fall wäre. Mittlerweile gab es zu jedem Thema irgendwas im World Wide Web, und falls es sich bei dem Karnickelmörder um einen Serientäter handelte, musste es schon mit dem Teufel zugehen, wenn ich nichts finden würde.
»Du hast bereits mein Go, also spar dir die Mühe. Was macht Isolde?«
»Sie hat sich bestens eingelebt und möchte am liebsten â«
»Ich muss los.« Meine Mutter lag ihm offensichtlich noch
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