Kein Sex ist auch keine Loesung
schießt, um sich für den Besuch einer Lebedame starkzumachen.
Ich könnte kotzen, komme aber nicht dazu, denn meine Mutter sagt jetzt etwas, das mich augenblicklich auf den Pechsträhnen-Olymp
katapultiert.
«Tom, Chéri, mach jetzt bitte keine Szene – wie neulich an der Wohnungstür. Wer unangemeldet vorbeikommt, muss halt auch mal
mit Überraschungen rechnen. Sonst bist du doch auch eher ein Freund fester Termine.»
Ich will ihr mal zugutehalten, dass sie vermutlich keine Ahnung hat, mich mit diesen Worten als Stammkunden einer Edelnutte
dastehen zu lassen. Zwar ist es genauso wenig verlockend, sich als Sohn derselben outen zu müssen, allerdings vermute ich
mal, dass Elisa dafür unter Umständen noch ein Quäntchen mehr Verständnis aufbringen würde.
Momentan scheint es jedoch fragwürdig, ob ich dies überhaupt jemals zu meiner Verteidigung werde anbringen können, denn Elisa
hat bereits auf dem Absatz kehrtgemacht und hastet auf den Ausgang zu. Diesmal denke ich noch daran, dem Portier die Zeitung
vor die Brust zu knallen und meiner Mutter ein «Das hast du ja super hingekriegt» zuzurufen, bevor ich hinter Elisa hersprinte.
|294| «Hey, warte!»
Sie bleibt tatsächlich kurz im Eingang stehen und funkelt mich an.
«Tom, du bist ein Superarschloch. Erst baggerst du mich an, dann vögelst du dich durch die Kundendatei der Agentur, und wenn
du auch da alle durchgenudelt hast, mietest du dir eine Professionelle. Genug Geld scheinst du ja zu haben. Du widerst mich
an!»
Sie dreht sich um und will weglaufen, doch ich erwische sie am Handgelenk.
«Vielleicht hat der Angeklagte wenigstens eine Chance, sich zu verteidigen?» Da ich keine Antwort erwarte, rede ich einfach
weiter. «Ja, ich habe dich angebaggert, aber das war ernst gemeint. Spätestens nachdem du ausgezogen bist, ist mir klargeworden,
dass ich dich nie wieder gehen lassen will. Und der Abend, an dem du mich mit Lydia gesehen hast –» (Es ist vermutlich besser, ich bringe gleich alles unter, falls einer von uns doch noch einen Herzinfarkt bekommt.) «Da
ist nichts gelaufen.»
Und das ist nicht mal gelogen. Also mache ich weiter:
«Zugegeben, sie hat versucht, mich zu verführen, aber ich bin standhaft geblieben. Ehrenwort!»
O Gott, hört sich das kitschig an. Ich an ihrer Stelle würde mir kein Wort glauben.
Tut sie auch nicht, denn sie rollt genervt die Augen.
Aber eine Sache habe ich ja noch vergessen:
«Und das da eben», ich deute mit dem Kopf Richtung Hotelportier und senke unwillkürlich die Stimme, «war meine Mutter.»
Ich weiß nicht, ob ich geglaubt habe, sie würde mir nun weinend oder lachend in die Arme fallen, jedenfalls lasse |295| ich kurz ihre Hand los. Ein Fehler, wie sich herausstellt, denn Elisa holt aus und gibt mir eine schallende Ohrfeige.
«Such dir nächstes Mal ein dümmeres Opfer», sagt sie mit eisiger Stimme, dreht sich um und geht erhobenen Hauptes und ruhigen
Schrittes hinaus.
Sie schätzt die Sache richtig ein. Ich bin so verdattert, dass ich mich nicht bewegen kann. Außerdem habe ich auch ein bisschen
Angst. Vielleicht kann sie Karate, und beim nächsten Mal fliege ich über ihre Schulter und werde zusätzlich mit einem warmen
Tritt in die Magengrube verabschiedet. Nein danke. Und wer ist an dem ganzen Dilemma schuld? Meine Mutter natürlich.
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20.
Ja, so beginnt der Anfang vom Ende der Geschichte. Traurig, aber wahr – ich hab’s verkackt. Ich werde mich wohl kaum zu einem
der größten lebenden Affen machen und jemals wieder bei Elisa anrufen.
Dabei hatte es doch eigentlich ganz schön begonnen, mein seriöses Leben. Ich war verliebt in den Gedanken an ein ruhiges Dasein,
verliebt in den Gedanken an ein Heim zu zweit. Verliebt in Elisa.
Eine andere wird kommen, so lautet wohl der Rat, den einem normalerweise Mütter in einer solchen Situation |296| geben. Aber leider habe ich nun mal gerade keine Mutter. Ich komme nicht umhin, mich eine gewisse Zeit selbst zu bemitleiden.
Als mir das nicht mehr reicht, suche ich Unterstützung bei Nadja. Auch deswegen, um ihr in weinerlichem Ton mitzuteilen, dass
ich dieses Jahr zum Weihnachtsessen mal wieder ohne Begleitung kommen werde. Ich arme Sau.
Jedes Jahr um diese Zeit veranstaltet Nadja nämlich ein perfekt durchorganisiertes Dinner, bei dem sie zwar weihnachtliche
Spezialitäten serviert, den sonstigen Firlefanz aber in erträglichem Maße hält.
Am Telefon male ich ihr zunächst den
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