(Kein) Sex mit dem Ex
abholen, wenn dir die Fahrt nichts ausmachtâ, bot er an.
âMir macht die Fahrt nichts aus.â
âUm halb sechs?â
Jianne nickte erneut und gab ihm die Adresse. Jakes Arbeitskleidung, in der er unterrichtete, bestand aus einer weiten schwarzen Karatehose, dem erstaunlich perfekt sitzenden T-Shirt und keinerlei Gürtel. Seine Schüler waren ein zusammengewürfelter Haufen junger Männer â Frauen befanden sich nicht darunter. Zumindest nicht in diesem Kurs.
âMein Fortgeschrittenen-Kursâ, erklärte Jacob, der ihre Neugier bemerkte. âDie meisten kommen bereits seit Jahren.â
Alle starrten Jianne an, jeder Einzelne. âMan könnte meinen, sie hätten noch nie gesehen, wie eine Frau diese Treppe hinunterkommtâ, spöttelte sie nervös.
âDas haben sie auch nicht.â
âOh.â Jiannes Gedanken überschlugen sich. Jacob war ein extrem lustbetonter Mann. Ein Mann, der Frauen genoss. In den vergangenen zwölf Jahren hatte er doch sicherlich Frauen in seinem Bett gehabt? Selbst wenn er zu diskret war, um diese Tatsache in die Welt hinauszuposaunen. âAlso ⦠was soll ich tun? Um so zu tun, als wären wir zusammen? Soll ich dir vor deinen Schülern einen Guten-Morgen-Kuss geben?â
âDas würde ich nicht empfehlenâ, murmelte er. âLächle einfach und geh, Jianne. Ich kümmere mich um den Rest.â Er beherzigte seinen eigenen Rat und kehrte zu seinen Schülern zurück. Jianne durchquerte den Rest der Trainingshalle in Richtung Tür.
Dort angekommen, öffnete sie sie, drehte sich aber noch einmal um und warf einen langen Blick auf den Ehemann, dem sie vor all den Jahren davongelaufen war. Er schaute in ihre Richtung, so als hätte er ihren Blick gespürt, und ihr stockte der Atem, als sie sah, wie intensiv der Blick seiner blauen Augen war. Er hatte recht â sie brauchten keinen Kuss. Denn das hier war ein Schwur â der waghalsige, unverhüllte Beweis eines ungezügelten Verlangens, das sie beide verbrannte.
Jianne hob das Kinn und hielt Jacobs Blick wesentlich länger stand, als gut für sie war, ehe sie schlieÃlich durch die Tür verschwand.
Um fünf vor halb sechs am späten Nachmittag schloss Jianne ihren Laptop, lehnte sich in ihren Stuhl zurück und streckte die Beine aus. Ihr neuester Kunde war eine Hotelgruppe, deren Hauptquartier sich in Hongkong befand und die gerade Hotelketten in Australien und Neuseeland aufgekauft hatte. Jianne sollte ein neues Logo entwerfen, was sich schwieriger gestaltete als zunächst gedacht.
Als das Telefon klingelte, nahm sie sofort ab. âJB Graphics.â
âWofür steht das B?â, fragte Jacob.
âFür Bennettâ, entgegnete sie ruhig, worauf am anderen Ende der Leitung ein Schweigen entstand â eines, das sich nicht füllen lieÃ. âIch räume gerade zusammenâ, sagte sie unbeholfen. âWo bist du?â
âIch warte drauÃen vor dem Gebäude.â
âDann komm ich gleich runter.â Sie legte auf, griff nach ihrer Handtasche und verlieà das riesige Bürogebäude durch das imposante Eingangsportal.
Das hier war das Herz des Finanzdistrikts von Singapur â ordentlich, aber überlaufen. Teure Anzüge bestimmten die Kleiderordnung, elegante Schaufensterdekorationen betonten den Reichtum, der hier verdient wurde. Der breitschultrige Krieger mit dem Engelsgesicht, der neben einem groÃen, schwarz glänzenden Motorrad auf sie wartete, wirkte hier so deplatziert wie sie am Morgen in seiner Karateschule.
Nicht, dass Jacob Bennett den Eindruck machte, als würde es ihn kümmern.
Er beobachtete, wie sie sich den Weg durch die Menschenmassen bahnte. Zwei Helme lagen auf dem Motorradsitz. Jianne blieb vor Jake stehen. Er lächelte nicht.
âIch dachte, du würdest unter deinem eigenen Familiennamen arbeitenâ, sagte er schlieÃlich zur BegrüÃung.
âDa hast du falsch gedacht.â Wortlos starrten sie sich an, während Jianne gegen den Drang kämpfte, unter Jacobs unergründlichem Blick den Kopf zu senken. âNatürlich hat mir meine Familie immer geholfen. Sie geben mir Büroräume und vermitteln mir unzählige Kontakte. Mir fehlt es an nichts. Aber ich benutze ihren Namen nicht.â Sie holte tief Luft. âMeine Kunden kennen mich als Jianne Xang-Bennett. Es ist der Name auf meinem Pass. Der Name auf
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