(Kein) Sex mit dem Ex

Lee. Manchmal gaben sie Jakes Geld aus – zum Beispiel, wenn es um den Fernseher ging. Manchmal bezahlten sie mit Jiannes Geld – im Fall der besagten Lampe, der Badezimmerhandtücher und der unglaublich fein gewebten Bettbezüge. Der Mann hatte ja keine Ahnung, welches Vergnügen es war, sich auf Luxuslaken zu betten.
    Sie schufen das vollkommene heimische Idyll, und während Jake seinen Part mit absoluter Perfektion ausfüllte, hatte Jianne größte Schwierigkeiten damit und musste sich ständig in Erinnerung rufen, dass nichts von alledem echt war.
    Sie hatten ihr Eheversprechen nicht erneuert. Jacob hatte ihr nicht seine unsterbliche – oder wie auch immer geartete – Liebe erklärt. Sie hatten einen gemeinsamen Feind, und der verband sie. Sobald dieser Feind verschwunden war, würde Jacob erwarten, dass sie ging.
    Das Problem bestand nur darin, dass Jianne sich immer mehr zu Hause fühlte, je stärker sie in Jacobs Leben eintauchte. Da war die herrliche Sinnlichkeit, die sie in seinem Bett erlebte. Die Vorteile einer großen Familie, die aus mehreren Kulturen bestand – Vorteile, die sie an Lee weitergaben, der seine eigenen Erfahrungen mit einbrachte und regelrecht aufblühte. Sie liebte die Tatsache, dass der Junge sich nun mindestens so häufig an sie um Rat wandte wie an Jacob. Sie genoss es, dass sie im Viertel mittlerweile als Jacobs Ehefrau bekannt war. Diejenige, besagten die Gerüchte, für die er töten würde.
    Oder sterben.
    Ein Wissen, das sie nie ganz ausblenden konnte.
    Seit Jacobs Begegnung mit Tup waren nun fast zwei Wochen vergangen. In dieser Zeit hatte sie Zhi Fu nicht gesehen, und er hatte sie auch nicht angerufen oder ihr Geschenke geschickt. Nur einmal hatte er sie zu einem Mittagessen in einem Restaurant nahe ihrem Arbeitsplatz eingeladen, doch diese Einladung hatte sie schriftlich abgesagt und seitdem nichts mehr von ihm gehört. Sie hätte erleichtert sein sollen, aber stattdessen wuchs ihre Angst von Tag zu Tag.
    Was, wenn er seine Aufmerksamkeit erneut auf Jacob richtete?
    Jacob bereitete eine Party vor, die in drei Tagen stattfinden sollte. Nicht zu seinen Ehren, sondern zu denen seines ehemaligen Lehrlings – dem vor Lee –, denn der hatte gerade seinen ersten Martial-Arts-Blockbuster abgedreht und kehrte für ein paar Tage in die Karateschule zurück, um sich auszuruhen. Sobald die Neuigkeit, dass Micah auf dem Weg nach Hause war, die Runde durchs Viertel gemacht hatte, war klar, dass es nur eine richtige Party geben konnte.
    Als der erschöpfte Micah durch Jacob erfahren hatte, wie viele Menschen ihn sehen wollten, hatten die beiden die Köpfe zusammengesteckt und beschlossen, dass sie den Leuten gleich zu Anfang und allen auf einmal die Gelegenheit dazu geben wollten. Auf diese Weise hatte Micah danach vielleicht die Chance, die Ruhe und Erholung zu bekommen, nach der er sich sehnte, auch wenn Jacob das insgeheim bezweifelte.
    Schnell wurde die Nachbarschaftsfeier in eine Premierenparty umgewandelt. An der Tür konnte jeder eine freiwillige Spende abgeben, der Erlös würde einem Kinderhilfswerk zugute kommen. Als sie immer mehr Leute einluden, wuchs die Party schnell an. Menschen mit Geld würden kommen. Die großen Bosse der Industrie und der Unterhaltungsbranche.
    Sie hatten Zhi Fu eingeladen.
    â€žEr hat dich zu seiner Hauseinweihungsparty eingeladen“, erklärte Jacob geradezu munter. „Vor ein paar Tagen hat er dich zum Lunch eingeladen. Der Mann ist einsam. Er sollte ein paar neue Freundschaften schließen, und zwar in einer sicheren, liebevollen Umgebung.“
    Jianne warf ihm einen verächtlichen Blick zu.
    Jacob konterte das mit einem kühlen, herausfordernden Lächeln.
    â€žWas genau willst du ihm eigentlich damit sagen?“, fragte sie.
    â€žDass dein Platz nicht an seiner Seite ist“, antwortete er ruhig. „Und dass es an der Zeit ist, nach Hause zurückzukehren.“

10. KAPITEL
    â€žMir gefällt das nicht“, sagte Jianne beim Lunch am folgenden Tag zu Madeline. „Dass Zhi Fu so passiv ist. Jacob ist nur noch damit beschäftigt, diese Nachbarschaftsparty zu organisieren und halb Singapur einzuladen. Was ist, wenn jemand sich im Dunkeln von hinten an ihn ranschleicht und ihn ersticht?“
    â€žGlaubst du wirklich, Jake würde das zulassen? Oder Luke? Oder Lee? Der Junge erkennt doch einen Fremden mit Messer in der Tasche