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Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Titel: Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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los?«
    »Ich weiß nicht, Mann.« Nachdem er einen Moment lang überlegt hatte, fügte Tyrese hinzu: »Ich will nicht wieder zurück.«
    Brutus antwortete nicht. Tyrese sah seinen alten Freund an. Sie kannten sich seit der dritten Klasse. Brutus war schon damals kein großer Redner gewesen. War wahrscheinlich damit ausgelastet gewesen, sich zwei Mal am Tag verprügeln zu lassen - zu Hause und in der Schule -, bis er darauf gekommen war, dass seine einzige Überlebenschance darin bestand, das härteste Arschloch im ganzen Viertel zu werden. Seit er elf war, hatte er immer eine Pistole mit in die Schule genommen. Mit vierzehn hatte er zum ersten Mal einen Menschen umgebracht.
    »Hast du nicht auch die Nase voll, Brutus?«
    Brutus zuckte die Achseln. »Was anderes haben wir nicht gelernt.«
    Regungslos und niederschmetternd hing die Wahrheit in der Luft.
    Tyreses Handy klingelte. »Yo.«
    »Hallo, Tyrese.«
    Tyrese erkannte die seltsame Stimme nicht. »Wer ist da?«
    »Wir sind uns gestern begegnet. In einem weißen Lieferwagen.«
    Sein Blut verwandelte sich in Eis. Bruce Lee, dachte Tyrese. Oh Scheiße … »Was wollen Sie?«
    »Ich hab hier jemanden, der gerne mal hallo sagen möchte.«
    Nach einem kurzen Schweigen sagte TJ: »Daddy?«
    Tyrese riss sich die Sonnenbrille vom Gesicht. Er erstarrte. »TJ? Geht’s dir gut?«
    Aber Eric Wu war wieder am Apparat. »Ich suche Dr. Beck, Tyrese. TJ und ich hatten gehofft, dass du uns dabei helfen könntest.«
    »Ich weiß nicht, wo er ist.«
    »Oh, das ist aber jammerschade.«
    »Ich schwöre bei Gott, ich weiß es nicht.«
    »Verstehe«, sagte Wu. Dann fuhr er fort: »Bleib doch noch einen Moment dran, Tyrese, okay? Ich möchte, dass du dir das anhörst.«

43
    Der Wind blies, die Bäume tanzten, das Orangerot des Sonnenuntergangs wich allmählich einem schimmernden Bleigrau. Erschreckenderweise fühlte sich die Nachtluft genauso an wie vor acht Jahren, als ich zum letzten Mal in der Nähe dieses geheiligten Bodens gewesen war.
    Ich fragte mich, ob Griffin Scopes Leute wohl daran dachten, Lake Charmaine im Auge zu behalten. Dabei spielte das eigentlich keine Rolle. Dafür war Elizabeth zu clever. Wie schon erwähnt, war hier ein Sommercamp gewesen, bevor Opa den See gekauft hatte. Elizabeths Hinweis - Dolphin - war der Name der Hütte, in der die ältesten Kinder geschlafen hatten, weil sie am tiefsten im Wald versteckt lag. Wir hatten uns damals kaum je dorthin getraut.
    Der Mietwagen kämpfte sich den Fahrweg hinauf, auf der früher die Lebensmittel angeliefert worden waren. Er war kaum noch als Weg zu erkennen. Von der Hauptstraße aus war er gar nicht zu sehen, das hohe Gras verbarg ihn wie den Eingang zur Bat-Höhle. Für alle Fälle hing immer noch eine Kette mit einem BETRETEN VERBOTEN-Schild davor. Kette und Schild waren zwar noch da, aber man sah ihnen die jahrelange Vernachlässigung an. Ich hielt an, löste die Kette und schlang sie um den Baum.
    Dann setzte ich mich wieder ins Auto und fuhr hinauf zur alten Kantine. Davon war nicht mehr viel übrig. Es lagen noch ein paar verrostete Überbleibsel von Herden und Öfen herum, dazwischen ein paar Töpfe und Pfannen. Das meiste war jedoch längst von Unkraut und Gebüsch überwuchert. Ich stieg aus und atmete die frische Waldluft ein. Ich versuchte, nicht an meinen Vater zu denken, doch als ich von der Lichtung bis zum See hinunter blicken konnte, wo sich der silbrige Mond auf der glatten Oberfläche spiegelte, hörte ich wieder das Gebrüll des alten Geistes, und ich fragte mich, ob er diesmal nicht nach Rache schrie.
    Ich ging den Pfad entlang, obwohl auch der kaum noch vorhanden war. Eigenartig, dass Elizabeth diesen Treffpunkt gewählt hatte. Ich habe ja schon erwähnt, dass sie nicht gern in den Ruinen des alten Sommercamps gespielt hatte. Linda und ich waren staunend über Schlafsäcke oder gerade geleerte Konservendosen gestolpert und hatten uns gefragt, was für ein Herumtreiber die wohl zurückgelassen hatte und ob er womöglich noch in der Nähe war. Elizabeth, die mit Abstand die Klügste von uns war, hatte kein Interesse an solchen Spielereien. Sonderbare Orte und Ungewissheit machten ihr Angst.
    Ich brauchte zehn Minuten bis zur Hütte. Sie war in erstaunlich gutem Zustand. Die Wände standen noch, das Dach war in Ordnung, nur die Holztreppe zur Tür war zersplittert. Das Dolphin-Schild hing senkrecht an einem Nagel über der Tür. Weinranken, Moos und ein Sortiment an Pflanzen, deren Namen ich nicht

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