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Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Titel: Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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und wäre dann verdammt noch mal womöglich auch noch aufgeflogen.
    Er hatte nie jemandem richtig wehgetan. Was hätte das auch gebracht?
    Er erreichte den Treppenabsatz und blieb vor seiner Wohnungstür stehen. Es war stockfinster. Die verdammte Glühbirne vor seiner Tür war mal wieder durchgebrannt. Er seufzte und griff nach seiner Schlüsselkette. Blinzelnd suchte er im Dunkeln nach dem richtigen Schlüssel. Schließlich hatte er ihn ertastet. Er fummelte am Knauf herum, bis der Schlüssel endlich im Loch steckte. Dann stieß er die Tür auf, trat ein, und irgendetwas stimmte nicht.
    Unter seinen Füßen knisterte etwas.
    Vic runzelte die Stirn. Plastik, dachte er. Er war auf Plastikfolie getreten. Wie Maler sie auslegten, um den Fußboden nicht zu bekleckern oder so. Er schaltete das Licht ein, und im selben Augenblick sah er den Mann mit der Pistole.
    »Hi, Vic.«
    Vic schnappte nach Luft und trat einen Schritt zurück. Der Mann vor ihm war ungefähr Mitte vierzig. Er war groß und so dick, dass sein Bauch einen harten Kampf mit den Knöpfen seines Smokinghemds ausfocht, den diese aber in einem Fall schon verloren hatten. Er hatte seine Krawatte gelockert. Seine Frisur sollte auf die grässlichst vorstellbare Art eine Glatze verdecken - acht geflochtene Strähnen waren von Ohr zu Ohr über den Kopf gelegt und mit Pomade auf die Wölbung geklebt. Seine Gesichtszüge waren weich, das Kinn versank in mehreren Speckfalten. Er hatte seine Füße auf die Truhe gelegt, die Vic als Couchtisch verwendete. Würde man die Pistole durch eine Fernseh-Fernbedienung ersetzen, hätte man das Bild eines erschöpften Familienvaters vor sich, der gerade von der Arbeit nach Hause gekommen war.
    Der andere Mann, der die Tür blockierte, war genau das Gegenteil des Dicken - Mitte zwanzig, asiatischer Herkunft, kräftig, mit stahlharten Muskeln, kurz geschorenem blondiertem Haar, ein oder zwei Nasenringen und einem gelben Walkman mit Kopfhörer. Der einzige Ort, an dem man sich vielleicht eine Begegnung dieser beiden Männer hätte vorstellen können, wäre wohl die New Yorker U-Bahn gewesen - wo der Dicke düster hinter seiner penibel gefalteten Zeitung hervoräugte und der asiatische Jugendliche rhythmisch zur lauten Musik seines Kopfhörers mit dem Kopf zuckte.
    Vic versuchte nachzudenken. Rauskriegen, was sie wollen. Mit ihnen reden. Du bist ein Trickbetrüger, besann er sich. Du bist klug. Du findest einen Ausweg. Vic richtete sich auf.
    »Was wollen Sie?«, fragte Vic.
    Der Dicke mit den über die Glatze gelegten Haaren drückte ab.
    Vic hörte einen kurzen Knall, dann explodierte sein rechtes Knie. Seine Augen weiteten sich. Er schrie, sank zu Boden und umklammerte sein Knie. Blut strömte zwischen seinen Fingern hervor.
    »Das ist eine Zweiundzwanziger«, sagte der Dicke und zeigte auf die Pistole. »Eine Kleinkaliberwaffe. Ich schätze daran besonders, dass ich, wie du siehst, sehr oft auf dich schießen kann, ohne dich zu töten.«
    Ohne die Füße vom Tisch zu nehmen, schoss der Mann noch einmal. Diesmal traf er Vics Schulter. Vic konnte spüren, wie der Knochen zersplitterte. Sein Arm hing herab wie eine Tür an einer kaputten Angel. Vic fiel auf den Rücken, blieb flach liegen und fing an, zu schnell zu atmen. Eine lähmende Mischung aus Angst und Schmerz breitete sich in ihm aus. Er starrte mit weit aufgerissenen Augen und ohne zu blinzeln zur Decke, als ihm etwas klar wurde.
    Die Plastikfolie auf dem Boden.
    Er lag darauf. Mehr noch, er blutete darauf. Deshalb lag sie dort. Die Männer hatten sie ausgelegt, um hinterher schneller sauber machen zu können.
    »Willst du mir jetzt vielleicht erzählen, was ich wissen will«, sagte der Dicke, »oder soll ich noch mal schießen?«
    Vic erzählte. Er erzählte ihnen alles. Er erzählte, wo der Rest des Geldes war. Er erzählte, wo die anderen Beweisstücke waren. Der Dicke fragte ihn, ob er Komplizen hätte. Vic sagte nein. Der Dicke schoss Vic ins andere Knie. Wieder fragte er, ob Vic Komplizen hätte. Wieder sagte Vic nein. Der Dicke schoss ihm in den rechten Knöchel.
    Eine Stunde später flehte Vic den Dicken an, ihm in den Kopf zu schießen.
    Noch zwei Stunden später tat der Dicke ihm den Gefallen.

5
    Ich starrte unverwandt auf den Computermonitor.
    Ich konnte mich nicht bewegen. Meine Sinne waren überlastet. Ich war völlig benommen.
    Es konnte nicht sein. Da war ich sicher. Elizabeth war nicht von einer Jacht gefallen und für tot erklärt worden, weil man ihre

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