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Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Titel: Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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das Gleiche. Hester würde darauf bestehen, dass ich mich stellte.
    Die Eingangstür wurde geöffnet.
    Ich rannte den Flur entlang. Der Linoleumboden war dreckig. Die Türen waren alle aus Metall und fest geschlossen. Abblätternde Farbe dominierte die Inneneinrichtung. Ich stieß eine Brandschutztür auf und rannte die Treppe hinauf. Im dritten Stock verließ ich das Treppenhaus.
    Auf dem Flur stand eine alte Frau.
    Überrascht sah ich, dass sie weiß war. Ich vermute, dass sie den Tumult gehört hatte und vor die Tür getreten war, um nachzusehen, was dort los war. Wie angewurzelt blieb ich stehen. Sie war so weit von ihrer Wohnungstür entfernt, dass ich an ihr vorbei …
    Sollte ich? Sollte ich so weit gehen, um hier herauszukommen?
    Ich sah sie an. Sie sah mich an. Dann zog sie eine Pistole.
    Ach, Herrgott …
    »Was wollen Sie?«, fragte sie.
    Zu meiner eigenen Überraschung antwortete ich: »Könnte ich bei Ihnen wohl einmal kurz telefonieren?«
    Sie reagierte sofort. »Zwanzig Dollar.«
    Ich griff in die Tasche und gab ihr das Geld. Die alte Frau nickte und ließ mich hinein. Die Wohnung war winzig und gepflegt. Auf den Polstermöbeln und den dunklen Holztischen lagen Spitzendeckchen.
    »Hier drüben«, sagte sie.
    Es war ein Telefon mit Wählscheibe. Ich quetschte meinen Zeigefinger in die kleinen Löcher. Komisch. Ich hatte die Nummer noch nie angerufen - und auch nicht vorgehabt, das jemals zu tun -, kannte sie aber auswendig. Ein Psychiater hätte vermutlich ein Fass aufgemacht. Ich wählte zu Ende und wartete.
    Nach dem zweiten Klingeln sagte eine Stimme: »Yo.«
    »Tyrese? Hier ist Dr. Beck. Ich brauche Ihre Hilfe.«

26
    Shauna schüttelte den Kopf. »Beck soll jemanden verletzt haben? Das kann nicht sein.«
    Die Ader auf der Stirn des stellvertretenden Generalstaatsanwalts Fein fing wieder an zu pulsieren. Er trat so nahe an sie heran, dass sein Gesicht direkt vor ihrem war. »Er hat in einer Gasse einen Polizisten angegriffen. Vermutlich hat er dem Mann den Unterkiefer und ein paar Rippen gebrochen.« Fein beugte sich noch weiter vor, so dass kleine Speicheltröpfchen auf Shaunas Wangen landeten. »Haben Sie mich verstanden?«
    »Ich habe Sie verstanden«, sagte Shauna. »Und jetzt gehen Sie auf Abstand, Mr Mundgeruch, oder ich trete Ihnen so in die Eier, dass Sie’s am Gaumenzäpfchen spüren.«
    Fein blieb noch einen Moment in Sie-können-mich-mal-Pose stehen und wandte sich dann ab.
    Hester Crimstein tat es ihm nach. Sie ging Richtung Broadway davon. Shauna folgte ihr.
    »Wo willst du hin?«
    »Ich bin raus«, sagte Hester.
    »Was?«
    »Such ihm einen anderen Anwalt, Shauna.«
    »Das ist nicht dein Ernst.«
    »Doch.«
    »Du kannst ihn doch nicht einfach sitzen lassen.«
    »Du siehst doch, dass ich das kann.«
    »Das ist eine Vorverurteilung.«
    »Ich habe der Staatsanwaltschaft mein Wort gegeben, dass er sich stellt«, sagte sie.
    »Scheiß auf dein Wort. Hier geht’s in erster Linie um Beck, nicht um dich.«
    »Dir vielleicht.«
    »Du stellst deine Interessen über die deines Mandanten?«
    »Ich arbeite nicht für Menschen, die so was tun.«
    »Das glaubst du doch selbst nicht. Du hast sogar einen Serienvergewaltiger verteidigt.«
    Sie winkte ab. »Ich bin raus.«
    »Du bist bloß eine miese mediengeile Heuchlerin.«
    »Autsch, Shauna.«
    »Ich geh damit an die Öffentlichkeit.«
    »Was?«
    »Ich bring das in die Medien.«
    Hester blieb stehen. »Und was willst du denen sagen? Hester Crimstein weigert sich, einen Mörder und Lügner zu vertreten? Prima. Mach das. Ich zieh Beck so in den Dreck, dass Jeffrey Dahmer dagegen wie eine nette Verabredung aussieht.«
    »Du hast gar keinen Dreck, in den du ihn ziehen könntest.«
    Hester zuckte die Achseln. »Das hat mich noch nie gestört.«
    Die beiden Frauen starrten einander an. Keine wich dem Blick der anderen aus.
    »Dir mag mein Ruf unwichtig erscheinen«, sagte Hester, plötzlich leise. »Das ist er aber nicht. Wenn sich die Generalstaatsanwaltschaft nicht auf mein Wort verlassen kann, bin ich für meine anderen Mandanten wertlos. Und für Beck auch. So einfach ist das. Ich lasse meine Kanzlei - und meine Mandanten - nicht wegen der Launen dieses Kerls den Bach runtergehen.«
    Shauna schüttelte den Kopf. »Verpiss dich.«
    »Eins noch.«
    »Was?«
    »Wenn man unschuldig ist, haut man nicht ab, Shauna. Dein Beck? Hundert zu eins, dass er Rebecca Schayes umgebracht hat.«
    »Ist gebongt«, sagte Shauna. »Und ich muss dir auch noch was sagen,

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