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Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One

Titel: Kein Sterbenswort - Kein Sterbenswort - Tell No One Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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antwortete nicht. Er starrte immer noch den Baum an.
    »Eric?«
    »Meine Mutter wurde an so einem Baum aufgehängt«, sagte Wu.
    Gandle wusste nicht, was er darauf sagen sollte, entschied sich dann für ein: »Das tut mir Leid.«
    »Sie haben sie für eine Spionin gehalten. Sechs Männer haben sie nackt ausgezogen und sich mit einer Bullenpeitsche über sie hergemacht. Sie haben stundenlang auf sie eingeschlagen. Auf den ganzen Körper. Ihre Haut war überall aufgeplatzt, sogar im Gesicht. Sie war die ganze Zeit bei Bewusstsein. Hat nicht aufgehört zu schreien. Es hat ewig gedauert, bis sie tot war.«
    »Herrgott«, murmelte Gandle leise. »Als sie fertig waren, haben sie sie an einen riesigen Baum gehängt.« Er zeigte auf die Henkersulme. »So einen wie diesen. Eigentlich wollten sie den Leuten damit eine Lektion erteilen. Damit kein anderer anfängt zu spionieren. Aber die Vögel und andere Tiere haben sie sich geholt. Nach zwei Tagen hingen nur noch ihre Knochen im Baum.«
    Wu schob den Kopfhörer des Walkmans wieder auf seine Ohren. Er wandte sich vom Baum weg. »Du musst wirklich zusehen, dass du zum Wagen kommst«, sagte er zu Gandle.
    Larry konnte den Blick nur schwer von der gewaltigen Ulme lösen, dann nickte er kurz und machte sich auf den Weg.

28
    Ich zog eine schwarze Jeans an, deren Hüftumfang etwa dem eines LKW-Reifens entsprach. Den überschüssigen Rest krempelte ich um und zog den Gürtel fest. Das schwarze White-Sox-Trikot passte wie ein Strandkleid. Die schwarze Baseball-Kappe mit einem mir unbekannten Logo war schon getragen, so dass der Schirm nicht mehr drückte. Außerdem gab Tyrese mir eine der auch von Brutus geschätzten Fick-dich-Sonnenbrillen.
    Als ich aus dem Bad kam, musste Tyrese sich das Lachen verkneifen. »Cool, Doc.«
    »Ich glaube, das Wort, nach dem Sie suchen, lautet phat. «
    Er schüttelte glucksend den Kopf. »Diese Weißen.« Dann wurde er ernst. Er schob mir einen Stapel Papiere herüber. Ich sah sie mir an. Ganz oben stand Testament und Letzter Wille. Ich sah ihn fragend an.
    »Darüber wollte ich mit Ihnen reden«, sagte Tyrese.
    »Über Ihr Testament?«
    »Ich brauch noch zwei Jahre.«
    »Wofür?«
    »Wenn ich das noch zwei Jahre mache, hab ich genug Geld, um TJ hier rauszubringen. Ich schätze, meine Chancen, das zu schaffen, stehen ungefähr sechzig zu vierzig.«
    »Was zu schaffen?«
    Tyrese sah mir in die Augen. »Müssen Sie das wirklich fragen?«
    Musste ich nicht. Er sprach vom Überleben. »Wohin wollen Sie?«
    Er reichte mir eine Ansichtskarte. Das Bild zeigte Sonne, Palmen und das Meer. Er hatte die Karte offenbar so oft in der Hand gehabt, dass sie schon ganz weich und zerknittert war. »Das ist unten in Florida«, sagte er mit sanfter Stimme. »Ich war da schon mal. Es ist ruhig. Sie haben einen Swimmingpool und gute Schulen. Und keiner fragt mich danach, woher ich mein Geld hab und so.«
    Ich gab ihm die Karte zurück. »Ich verstehe nicht, was ich damit zu tun habe.«
    »So …«, sagte er und hielt die Karte hoch, »… mach ich es, wenn die sechzig Prozent eintreten. Das …«, er zeigte auf das Testament, »… ist der Plan für die anderen vierzig.«
    Ich sagte, dass ich ihn noch immer nicht verstand.
    »Vor sechs Monaten war ich in Downtown, klar, Doc? Hab mir’nen teuren Anwalt genommen. Die paar Stunden bei ihm haben mich zwei Riesen gekostet. Er heißt Joel Marcus. Wenn ich sterbe, müssen Sie zu ihm gehen. Sie sind mein Testamentsvollstrecker. Ich hab ein paar Unterlagen weggeschlossen. Da steht drin, wo das Geld ist.«
    »Warum ich?«
    »Sie kümmern sich um meinen Jungen.«
    »Was ist mit Latisha?«
    Er machte eine spöttische Geste. »Sie ist’ne Frau, Doc. Ich bin noch gar nicht unter der Erde, da sucht die sich schon’nen andern Stecher, klar? Kriegt wahrscheinlich noch’n Kind. Oder sie fängt gleich wieder an zu drücken.« Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »’ner Frau kann man nicht trauen, Doc. Müssen Sie doch wissen.«
    »Sie ist TJs Mutter.«
    »Ja.«
    »Sie liebt ihn.«
    »Yeah, ich weiß. Aber sie ist bloß’ne Frau, alles klar? Wenn man der so eine Summe gibt, ist die an einem Tag weg. Darum hab ich ein paar Treuhandfonds angelegt und so Zeug. Sie sind der Bevollmächtigte. Wenn sie Geld für TJ will, müssen Sie dem zustimmen. Sie und dieser Joel Marcus.«
    Ich hätte vorbringen können, dass das sexistisch sei und er sich wie ein Neandertaler verhalte, doch ich fand, das war der falsche Zeitpunkt. Ich

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