Kein Tod wie der andere
über deren Machenschaften. Denn auch die konnten ihm gefährlich werden, auch die.
33
Trier; Mittwoch, 15. Juni
Nachdem Buhle und Ducard Nanette Bonitzer zu Hause abgeliefert und sich auf den Heimweg gemacht hatten, diskutierten sie die neueste Entwicklung im Mordfall. Nach der Querung der Hunsrückstraße bei Zerf folgten sie weiter der B 268 über die Hochfläche zwischen Baldringen und der Streusiedlung Vierherrenborn, als Buhles Telefon klingelte.
»Hallo, hier Hannah Sobothy. Wollten wir uns nicht treffen?«
Buhle musste einen Moment seine Gedanken ordnen. Er hatte seit Stunden nicht mehr an die Journalistin gedacht und darüber auch das anvisierte Treffen mit ihr völlig vergessen.
»Frau Sobothy, natürlich sollten wir uns sehen. Ich bin gerade noch mit einem Kollegen unterwegs. Wir müssten in einer guten halben Stunde in Trier sein.« Er schaute auf die Uhrzeit im Display der Mittelkonsole. »Ich könnte einundzwanzig Uhr knapp schaffen. Geht das noch bei Ihnen?«
»Sicher geht das.«
»Könnten wir vielleicht etwas essen gehen? Ich würde Sie auch einladen.«
»Nein, lieber nicht. Ich möchte mit Ihnen ungern in der Öffentlichkeit gesehen werden, und auch nicht, dass einer unser Gespräch mithört. Aber meine Mitbewohnerin hat einen superleckeren Auflauf gemacht und anscheinend wieder für drei Tage gekocht. Wenn Sie es auch vegetarisch mögen, könnte ich Ihnen den anbieten. Zum Sattwerden reicht es allemal.«
Buhle hatte dem Angebot zugestimmt. Nachdem er Ducard an der Kriminalinspektion in der Kürenzer Straße abgesetzt hatte, war er sofort nach Hause gefahren und von dort aus zur Wohnung von Hannah Sobothy gegangen. Es war zehn Minuten nach neun, als er an ihrer Tür klingelte.
»Hallo, Herr Buhle, kommen Sie rein.«
»Guten Abend, es ist ein wenig später geworden. Entschuldigen Sie bitte.«
»Kein Problem. Ich war heute auch viel unterwegs.«
Als Buhle hinter der Radioreporterin das Wohnzimmer betrat, erhob sich eine groß gewachsene, schlanke Frau aus dem Sessel.
Hannah Sobothy stellte ihre Mitbewohnerin im norddeutschem Slang vor: »Darf ich vorstellen: Stefanie Brodersen aus Bredstedt, Kommissar Buhle aus … woher kommen Sie eigentlich? Sie sind doch bestimmt kein Trierer.«
»Köln, ich bin gebürtiger Kölner. Guten Abend, Frau Brodersen.«
» Bonsoir , Herr Kommissar. Ich habe gehört, Sie haben noch Hunger?«
Buhle schaute in klare, blaue Augen, die einen harmonischen Farbkontrast zu der blassen Haut mit den zahllosen Sommersprossen und den rötlich blonden Haaren bildeten.
»Gern, ich habe heute so gut wie nichts gegessen.«
»Die Küche kann Ihnen allerdings nur noch einen Gemüse-Couscous-Auflauf mit Schafskäsekruste anbieten. Mögen Sie noch etwas Salat dazu?«
»Ich möchte Ihnen jetzt keine Umstände machen …«
»Also: ja. Schön! In fünfzehn Minuten wird serviert. Wenn Sie sich so lange mit einem Glas Rosé und Hannah begnügen könnten. Vielen Dank.« Mit diesen Worten verschwand Stefanie Brodersen in die Küche.
Buhle schaute verdutzt auf Hannah Sobothy. »Ist Ihre Mitbewohnerin immer so gut drauf?«
»Ja, absolut. Besonders aber, wenn sie an ihrem freien Abend eine halbe Flasche Wein intus hat.« Sie senkte ihre Stimme etwas. »Steff weiß nicht wirklich, um was es geht. Ich möchte nicht, dass sie etwas mitbekommt. Wenn wir uns also erst nach dem Essen richtig unterhalten könnten?«
»Sicher, aber sie weiß, dass ich von der Polizei bin?«
»Ja, und dass es um den Mordfall geht. Mehr aber nicht.«
Die folgende knappe Stunde verging wie im Flug. Zunächst hatte sich Buhle mit der RPR -Reporterin über ihre Arbeit beim Rundfunk unterhalten. Daraufhin hatte Buhle offenbart, welche Überwindung Pressekonferenzen ihn immer wieder kosteten. Hannah Sobothy zeigte dafür viel Verständnis. Als alle der Reihe nach erzählten, was sie in das abseits gelegene Trier verschlagen hatte, spürte Buhle, wie gut sich die beiden Frauen verstanden, und ließ sich von ihrer ausgelassenen Stimmung sogar anstecken. Die Bühnenbildnerin Stefanie Brodersen hatte noch eine weitere Flasche Wein aufgemacht und goss sich und ihrer Freundin stetig nach. Buhle fühlte sich noch im Dienst, ließ sich aber dennoch zu einem Glas überreden, an dem er ab und zu nippte. Als er und Hannah Sobothy allein waren, gingen sie rasch zu ihrem eigentlich Thema über.
»Also, ich will es kurz machen. Es ist auch schon spät, und ich bin eigentlich ziemlich müde.« Wie zur Bestätigung
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