Kein Tod wie der andere
musste sie gähnen. Nach den nächsten Sätzen war aber zumindest Buhle wieder hellwach. »Ich habe Alexander Altmüllers Sicherungsdateien ausfindig machen können. Hier, auf diese CD habe ich Ihnen die Ordner mit Daten zum Themenkomplex Viren und Biowaffen kopiert. Wie ich Sie einschätze, werden Sie sich die Dateien heute Nacht noch ansehen. Es lohnt sich auch. Ich möchte Ihnen trotzdem kurz sagen, was mir aufgefallen ist.«
Während sie redete, schob sie ihm eine selbst gebrannte CD über den Tisch. Er hatte sie zu sich gezogen, Sobothy dabei aber weiterhin erstaunt angesehen. Erst allmählich fand er seine Sprache wieder.
»Wo haben Sie die her?«
Hannah Sobothy lächelte ihn freundlich an und hielt seinem Blick stand. »Sie wissen, wir Journalisten haben da unsere eigene Art, mit Informanten umzugehen. Alexander Altmüller hatte wohl verschiedene Spuren gelegt, die zu dem Aufbewahrungsort seiner Daten führten. Vielleicht gibt es auch mehrere Orte mit unterschiedlichen Unterlagen. Ich habe lediglich eine CD be… vorgefunden.«
»Haben Sie die CD vollständig kopiert?«
»Ich würde gerne mit Ihnen über das sprechen, was auf Ihrer Kopie zu finden ist.«
Buhle hatte natürlich gemerkt, dass die Reporterin seiner Frage ausgewichen war. Also waren auf ihrer CD Daten, die sie nicht an ihn weitergegeben hatte. Er überlegte, wie er damit umgehen sollte, und entschloss sich, zunächst auf ihren Vorschlag einzugehen.
»Gut, um was genau geht es in den Dateien?«
Hannah Sobothy berichtete, dass die CD umfangreiches Recherchematerial über Viren, Krankheiten, Biowaffen und eine luxemburgische Gesundheitsbehörde enthielt.
»Interessant finde ich, dass Alexander seine Rechercheschwerpunkte mit der Zeit offenbar verändert hatte. Zuerst finden sich Informationen zu diesen luxemburgischen Gesundheitsinstituten, ziemlich diffus, ziemlich allgemein. Dann verdichtete er seine Recherche auf das dortige Institut für Virologie. Sie hatten ja auch nach dem Institut für Immunologie gefragt. Das spielt nur am Rande eine Rolle, vor allem im Zusammenhang mit einer Mitarbeiterin. Ich habe da noch einmal nachgeschaut.«
»Nanette Bonitzer.«
Hannah Sobothy hob überrascht ihre Augenbrauen. »Aha, Sie waren heute also schon erfolgreich?«
»Ja, aber bitte fahren Sie fort.«
»Dann kamen Biowaffen ins Spiel. Er schien sich mit diesem Bereich besonders intensiv beschäftigt zu haben. Es gibt viele Unterordner und Dateien dazu. Später hat er sich offenbar auf spezielle Viren konzentriert, die biowaffentauglich sind.«
» WEEV , EEEV und, ich glaube, noch VEEV .«
»Häufig standen die Fachnamen da, aber ich meine, Sie liegen da richtig. Muss ich überhaupt noch weitermachen, oder wissen Sie schon alles?«
Buhle lächelte andeutungsweise. »Wir wissen noch viel zu wenig. Machen Sie bitte weiter, unbedingt.«
»Okay. Seine Recherchen enden ziemlich abrupt mit einem umfangreichen Dossier über die Krankheitsbilder, die diese Viren auslösen. Die meisten Dateien sind am 2. April abgespeichert worden.«
Buhle sagte in der Pause, die nun entstand, nichts. Gab keine Antwort auf den fragenden Blick seines Gegenübers.
»Seine Tochter?«, fragte Hannah Sobothy schließlich.
Buhle schaute die junge Frau lange an. Sie hatte etwas Wichtiges gefunden, was ihnen nicht gelungen war, und vor allem hatte sie es zumindest teilweise weitergegeben. Das war für ihren Berufsstand ein außerordentliches Verhalten. Er konnte ihr dafür dankbar sein. Dennoch durfte er ihr im Gegenzug nicht verraten, wie ihr genauer Ermittlungsstand war. »Sie sehen mich ein wenig in der Zwickmühle, Frau Sobothy.«
Die Journalistin lächelte nur. Sie schien in keiner Weise überrascht zu sein. »Ich habe mir schon gedacht, dass es heute Abend eher ein Monolog werden würde. Aber ich darf ja spekulieren, und es liegt sehr nahe, dass Alexander zumindest vermutet hat, dass seine Tochter an einem dieser Viren gestorben sein könnte. Und ich befürchte …«, sie wartete einen Moment, als ob sie hoffte, er würde sich doch dazu äußern, »ich befürchte, er hat sich dafür verantwortlich gemacht.«
»Warum denken Sie das?«
»Er hat danach aufgehört, an der Story zu arbeiten. Anne ist Anfang April gestorben. Danach gab es nur noch zwei oder drei Einträge. Wenn er jemand anderen für den Tod seiner Tochter verantwortlich gemacht hätte, hätte er sich mit Sicherheit voll auf das Thema konzentriert, alles gegeben, den Schuldigen zu
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