Kein Tod wie der andere
an einem solchen Flecken mit seiner Familie zu wohnen. Wir wohnen in Luxemburg, mein Mann stammt von dort. Da ist es fast unmöglich, ein Haus mit einem derart großen Garten in Stadtnähe zu haben.« Sie schaute zu ihrem Mann hinüber, und Marie meinte, ihrem Blick so etwas wie Stolz entnehmen zu können.
»Aber wir haben Glück gehabt, vielleicht weil Eric ganz gute Freunde hat.« Sie grinste jetzt über das ganze Gesicht. »Wir haben ein wirklich tolles Grundstück bekommen und ein schönes Haus gebaut. Genauso schön für eine Familie wie das Ihre. Natürlich muss der Garten noch etwas wachsen, aber wer weiß, wann unsere Familie wachsen wird.« Bei den letzten Worten legte sie ihre rechte Hand auf ihren absolut flachen Bauch und schaute Marie mit einem Zwinkern an.
Marie wollte höflich antworten, als sie sah, wie dem Mann die Gesichtszüge entglitten. Aus den Augen der jungen Frau jedoch schien das pure Glück zu fließen. Den veränderten Ausdruck ihres Partners hatte sie offenbar nicht bemerkt.
»So, jetzt haben wir Sie aber schon zu lange von der Feier abgehalten. Sehen Sie, das Feuer fängt schon an zu brennen, und wir müssen jetzt auch langsam weiter. Noch einen schönen Abend«, verabschiedete sie sich von Marie. Ihr Mann brachte nach einem weiteren prüfenden Blick auf die Kinderrunde nur noch einen kurzen, gequälten Abschiedsgruß hervor.
Marie blickte dem ungleichen Paar hinterher. Die Frau hatte sich jetzt in den rechten Arm ihres Partners gehängt und schmiegte sich eng an ihn. Sein Gang war hingegen steif und viel zu schnell. Noch bevor sie außer Hörweite waren, begann er mit den Fragen. Hoffentlich wird er sich noch an eine Vaterrolle gewöhnen, dachte Marie.
Als sie auf den Feuerplatz zuging, kam ihr Mattis schon mit einem Stock in der Hand entgegengelaufen.
»Hier Mama, hab ich schon mal für dich geschnitzt«, erklärte er gönnerhaft.
Mit einem Lächeln nahm sie ihren Grillstock entgegen und hatte in diesem Moment die Unterhaltung schon vergessen.
Unter mittelschweren Protesten wurden die Feiergäste nach und nach abgeholt. Zwischen den Müttern entstand noch das ein oder andere Gespräch, ein Vater ließ sich gern von seinem Sohn eine Wurst über der roten Glut grillen, und Marie wehrte alle Initiativen für spontane Übernachtungen mit oder ohne Zelt freundlich, aber bestimmt ab. In dem Trubel hätte sie beinahe nicht bemerkt, dass die vier Reiterinnen, nun in Begleitung von Steffen, zurückgekehrt waren.
Nora lief sofort mit einem langen »Stockbrooot«-Schrei auf das Feuer zu. Mit Erleichterung registrierte Marie, dass Zoé ihr folgte, wenngleich etwas zögerlicher und mit Blick auf die verbliebenen Leute im Garten. Schließlich willigten auch Silvia Lenz und die beiden Polizisten ein, sich von Nora zu Brot und Würstchen einladen zu lassen, bis die letzten Gäste gegangen waren. Es war Nicole Huth-Balzer, die an einem fast schwarzen Etwas knabbernd aufstand und auf Marie zukam, die etwas abseits wartete.
»Alles klar?«, fragten die beiden Frauen fast gleichzeitig und mussten lachen.
Die junge Polizistin berichtete: Der Ausritt sei schön und ohne Besonderheiten gewesen. Zoé war auf dem Pferd richtig aufgelebt und hatte Nora immer wieder Hilfestellungen gegeben. Anschließend hatten alle ihre Pferde geputzt und durften zur Belohnung den ganzen Reitstall besichtigen. Zum Abschluss hatte Niko Steffen noch eine Runde Eis spendiert.
Marie schaute zu Zoé, die gerade versuchte, Teig am Stock zum Halten zu bringen. »Es hat Zoé offensichtlich gutgetan«, sagte sie nachdenklich. Dann wandte sie sich wieder der Polizistin zu. »Bei uns war auch alles okay. Dank Peter ist auch die Feier prima verlaufen.« Marie atmete tief durch, als ob sie sich nun selbst von der Anspannung des Tages befreien wollte. »Ich wünschte sehr, es würde so bleiben, Nicole.«
»Wir sollten vorsichtig sein, müssen aber auch nicht in permanenter Sorge sein, zumindest solange wir so wenig über die Umstände vom Tod von Zoés Mutter wissen. Soll ich heute Nacht wieder hier bei euch übernachten? Niko kann Frau Lenz auch allein nach Hause fahren.«
»Nein, nett von dir. Aber heute Nacht wird Peter uns bewachen. Außerdem müssen wir beide wohl mehr schlafen als vorige Nacht.« Marie grinste bei den letzten Worten. »Du noch mehr als ich.«
»Passt schon. Ich konnte mich heute Vormittag ein paar Stunden hinlegen. Aber du weißt, wenn etwas ist, kannst du mich jederzeit anrufen.« Nicole Huth-Balzer
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