Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kein Tod wie der andere

Kein Tod wie der andere

Titel: Kein Tod wie der andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Ness
Vom Netzwerk:
bekam den Auftrag, mit der Staatsanwältin Klara Haupt einen Termin für die Pressekonferenz am Nachmittag festzulegen.
    Zu der »Hauptmann«, wie die resolute Vertreterin der Staatsanwaltschaft Trier in Polizeikreisen auch genannt wurde, hatte Buhle seit dem letzten Mordfall ein etwas angespanntes Verhältnis. So hielt sich seine Vorfreunde in Grenzen, Klara Haupt an einem Feiertag zu einer Pressekonferenz zu bitten, für die sie bislang so gut wie keine Hintergrundinformationen erhalten hatte. Umso überraschter war er, dass sie sich ausgesprochen freundlich zeigte, darum bat, sich mit ihm vor dem Mittag zu einer Vorbesprechung zusammenzusetzen, und zum Schluss auch noch andeutete, dass sie beide als partnerlose Midlifecriser dann auch zusammen essen gehen könnten. Buhle war so perplex, dass er tatsächlich zusagte.
    Den Rest des Vormittags nutzte er, um die Ermittlungsakten wenigstens in einen einigermaßen vorzeigbaren Zustand zu bringen. Zum Glück hatten die Kollegen es irgendwann zwischendurch geschafft, die wichtigsten Dinge in der polizeiinternen Datenbank zu hinterlegen. Um zehn vor elf kam die Staatsanwältin in Buhles Büro geschwebt.
    Rein äußerlich konnte er keine Veränderung an ihr feststellen. Sie hatte die gleiche mahagonigefärbte, unauffällige Frisur wie seit Jahren. Sie trug ein graues Kostüm mit einer weißen Bluse, schwarze Pumps, hatte eine schlichte Goldkette umgelegt und sich mit Perlensteckern in den kleinen Ohrläppchen sowie drei Goldringen begnügt. Doch hatte Buhle sie noch nie so vergnügt erlebt. Nachdem sie zusammen den dazugehörigen Text formuliert hatten, übernahm sie es freiwillig, vorab die Presse zu unterrichten. Sie scherzte über Großmann, der ihr offenbar nicht hatte verheimlichen können, dass sie ihn am Grill in der Laubenkolonie erwischt hatte. Sie freute sich über das herrliche Sommerwetter, das sie sich nun wirklich verdient hatten. Abschließend kündigte sie an, Buhle sogar zum Mittagsessen einladen zu wollen. Nachdem sie sich für dreizehn Uhr in einer Pizzeria mit Gartenterrasse verabredet hatten, ließ Klara Haupt den absolut irritierten Kriminalkommissar wieder allein in seinem Büro zurück.
    Gegen zwölf Uhr dreißig hatte Buhle es geschafft, auf einer Seite die wichtigsten Ermittlungsergebnisse im Fall John-Altmüller für die Medien zusammenzufassen und den Fahndungsaufruf für Zeugen, die parkende Autos in der Nähe des Tatorts gesehen haben könnten, zu formulieren. Den für den internen Gebrauch gedachten, vierseitigen Zwischenbericht kopierte er größtenteils aus vorhandenen Einzelberichten zusammen und ergänzte diese durch ein vorläufiges Fazit. Beide Texte sendete Buhle an Haupt, Monz und Großmann und nahm zusätzlich noch einen Ausdruck für das Arbeitsessen mit der Staatsanwältin mit.
    Klara Haupt hatte auch beim Italiener nichts von ihrer guten Laune eingebüßt. Großzügig überredete sie Buhle zu einer gemeinsamen Antipasti-Platte als Vorspeise. Das Teilen eines großen Thunfischsalats konnte er nur dadurch umgehen, dass er darauf beharrte, neben einem Salat keine weitere Hauptspeise mehr zu schaffen. Die Enttäuschung der Staatsanwältin dauerte nur so lange, bis sie auf der Seite mit den Desserts anlangte und beschloss, dass auch sie auf die obligatorische Pasta verzichten könne, wenn Buhle ihr dann bitte wenigstens beim Tiramisu Gesellschaft leisten würde. Dazu plauderte sie über einen skurrilen Fall aus dem Frühjahr, zog mit einem Augenzwinkern über die alten Männer an der Spitze der Polizeidirektion her, freute sich auf den baldigen Umzug vom beengten Irminenfreihof in die neu renovierten Bürogebäude der alten Reichsbahndirektion mit den versprochenen großzügig bemessenen Zimmern. Buhle begnügte sich mit einigen interessierten oder zustimmenden Bemerkungen und wunderte sich. Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, als die letzten Bissen der italienischen Nachspeise ihre Gaumen passiert hatten und Klara Haupt beschloss, dass ohne einen Ramazzotti heute sicher »nichts mehr laufen würde«. Dabei musste sie kichern wie ein kleines Schulmädchen.
    »Lieber Buhle, ich sehe Ihnen schon die ganze Zeit an der Nasenspitze an, dass Sie sich fragen, was mit der alten Schachtel heute nur los ist.« Bei den letzten Worten konnte sie sich nicht mehr halten und lachte so laut los, dass die wenigen Gäste sich zu ihr umdrehten und entweder verständnislos den Kopf schüttelten oder leise mitlachten. Als sie sich wieder einigermaßen beruhigt

Weitere Kostenlose Bücher