Kein Tod wie der andere
dorthin fahren. Ich habe deine Schwiegeroma schon eine kleine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Mir wäre das sehr recht, und du könntest dich intensiv um Zoé kümmern.«
»Ja, und der Kommissar könnte wieder ohne schlechtes Gewissen ermitteln gehen.« Sie schaute Buhle in die Augen. Jetzt trat sogar ein leichtes Lächeln mit einem Hauch ihrer Grübchen in ihr Gesicht. »Nein, Christian, nicht ärgern. Ich versteh dich ja auch, ein bisschen jedenfalls. Aber manchmal fällt es schwer, das dann auch zu akzeptieren.«
Buhle wollte etwas sagen, aber Marie ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Ich sehe doch, dass du auf heißen Kohlen sitzt. Los, hau ab zu deinen Polizisten und finde die Mörder. Ich wollte dir das mit Zoé erzählen und … ich wollte mich bei dir entschuldigen, dafür, dass ich etwas garstig zu dir war. Und jetzt fahr.«
Auf der Rückfahrt ordnete Buhle seine Gedanken. Marie hatte sich entschuldigt, obwohl er den Fehler bei sich selbst sah. Dennoch hatte er geschwiegen. Er schwieg also in entscheidenden Situationen immer noch, anstatt zu reden.
Als er zurück in die Kriminalinspektion kam, hatten die Kollegen der Soko Sauer ihre Besprechung gerade begonnen. Buhle bat Gerhardts, mit der Gesprächsführung weiterzumachen. Sie besprachen die weiteren Schritte, und Grehler teilte mit, dass seine Leute heute noch die Scheune in der Merteskaul untersuchen würden. In dem Moment hatte Buhle seine privaten Gedanken mit dem Vorsatz, Marie möglichst bald zum Essen einzuladen, abgeschlossen und stieg wieder in das dienstliche Gespräch ein.
»Habt ihr in den Kinderzimmern eine Schatzkiste gefunden?«
Alle Augenpaare richteten sich erstaunt oder fragend auf ihn. Selbst Grehler, der sich normalerweise nicht unterbrechen ließ, verharrte mit geöffnetem Mund. Buhle fasste Zoés Reaktion auf Noras Schatzkiste zusammen und bat Grehler, noch einmal darauf zu achten.
Ducard berichtete von den abgeschlossenen Ermittlungen auf Luxemburger Seite. Die Leiche würde noch heute in die Gerichtsmedizin nach Mainz gebracht werden, um weitergehende Untersuchungen vornehmen zu können. Er habe auch an verschiedenen Stellen vorsichtig zum Thema Biowaffen im Großherzogtum nachgefragt. Dass an Biowaffen in Luxemburg experimentiert würde, könne man demnach ausschließen. Wenn überhaupt, dann wären höchstens die Prävention oder Bekämpfung der Folgen eines Biowaffenangriffs Themen, doch da verlasse sich das kleine Land offensichtlich auf seine großen Bündnispartner und die EU .
Nachdem die Aufgaben für den Tag verteilt waren, setzte Buhle den nächsten Besprechungstermin auf achtzehn Uhr fest. Er sah vor, dass dann alle Erkenntnisse aus dem Auswertungsangriff zusammengetragen wären und sie in die weitergehende Analyse des Falls einsteigen müssten.
»Leute, wir haben schon vergleichsweise viele Informationen gesammelt, sind recht weit, was den Tathergang beim Mord von Suzanne Altmüller betrifft. Aber wir tappen bei Motiv und Verdächtigen noch völlig im Dunkeln. Dazu kommt, dass wir bislang keine Ahnung haben, ob die drei Todesfälle in der Familie Altmüller irgendwie zusammenhängen. Normalerweise würde hier jeder von uns einen Zufall ausschließen. Aber wir haben keinen Beweis dafür, nicht mal ein Indiz. Nichts.« Er schaute in die Gesichter der Kollegen, die stumme Zustimmung signalisierten.
»Wenn ihr mich fragt, wird das noch eine ganz zähe Geschichte. Und worauf wir uns auch einstellen müssen: Der Fundort der Leiche in Luxemburg und die Staatsangehörigkeit der Toten wird unseren höheren Dienst mit Sicherheit dazu verleiten, uns an allen Ecken Dampf zu machen. Die wollen sich vor dem Ländle nicht bloßstellen. Auch die Medien werden dazu beitragen. Das wird keine ruhige Ermittlungsarbeit in der nächsten Zeit, Kollegen. Nutzen wir noch diesen Feiertag.«
Buhle sollte recht behalten. Den Anfang machte der Leiter der Zentralen Kriminaldirektion Herbert Großmann, allerdings noch bequem vom Liegestuhl in der Kleingartenanlage Tempelbezirk aus und per Mobiltelefon. Nach dem vielen Regen und der momentanen Hitze wäre unheimlich viel im Garten zu tun, berichtete er. Aber er würde spätestens nach dem Mittag ins Büro kommen, da ja sicher wichtige Dinge zu regeln seien. Großmanns Anruf hatte zumindest den Vorteil, dass Buhle nicht sehr lügen musste, als sich kurz darauf Polizeipräsident Monz über den Ermittlungsstand informierte und nachfragte, ob auch sein Vorgesetzter auf dem Laufenden sei. Buhle
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