Kein Zurueck nach Oxford
blieb nur Devlin. Zwar war er ein recht armseliger Ersatz für Paul, doch vielleicht lag der Schlüssel zu dem ganzen Geheimnis tatsächlich bei ihm. Kate musste versuchen, ihn so lange nüchtern zu halten, dass sie die Antwort aus ihm herauskitzeln konnte. Devlin, Paul, Andrew und sie selbst – sie waren vier Bestandteile eines Knotens. Wenn man am richtigen Ende zog, was würde dabei herauskommen?
Auf der A 284 bog sie Richtung Süden ab. Sie hatte ihr Ziel fast erreicht. Nun musste sie sich darauf konzentrieren, die Buchhandlung zu finden. Auf einem Parkplatz hielt sie an und warf einen Blick auf die Wegbeschreibung, die Aisling ihr gegeben hatte. Dann fuhr sie langsam in das Städtchen.
Kapitel 19
Aisling freute sich, Kate zu sehen. Sie freute sich so sehr, dass Kate misstrauisch wurde. Wieso war sie plötzlich so beliebt? Ihre erste Reaktion war die Frage, ob Devlin wieder etwas angestellt hatte.
»Kommen Sie, ich stelle Ihnen die Eigentümerin der Buchhandlung vor«, gurrte Aisling. »Dolly, das ist Kate Ivory, eine unserer beliebtesten Autorinnen.«
Das höre ich zum ersten Mal, dachte Kate. Dolly war klein und rundlich. Ihr dunkles Haar zeigte die ersten grauen Strähnen. Irgendwie schien sie ebenfalls erleichtert zu sein, Kate zu sehen, und schüttelte ihr voller Wärme die Hand.
»Mehrere Kunden haben sich bereits nach Ihnen erkundigt«, sagte Dolly. »Die Leute wollten sichergehen, dass Sie auch tatsächlich kommen.«
»Ich habe wieder einen ganzen Packen Briefe für Sie dabei«, erklärte Aisling. »Im Augenblick sind Sie die Autorin mit der meisten Fanpost.«
»Ich habe von Ihrem kleinen Problem gehört, Liebes«, sagte Dolly mit betroffener Stimme und sah plötzlich ganz feierlich aus.
Am liebsten hätte Kate geantwortet, dass die Leiche gar nicht so klein gewesen war – etwa einsachtundsiebzig –, aber dann erschien es ihr doch zu schnoddrig.
»Darf ich Ihnen vielleicht eine Tasse Tee bringen?«, erkundigte sich Dolly im gleichen Beerdigungstonfall.
»Das wäre sehr nett von Ihnen«, sagte Kate. »Und bitte ohne Zucker.« Sie befürchtete nämlich, dass Dolly in dem Glauben, ihr etwas Gutes zu tun, den Tee völlig übersüßen würde.
»Kommen Sie, setzen Sie sich«, forderte Aisling sie auf. »Erzählen Sie!«
»Lieber nicht«, wehrte Kate ab. »Ich möchte jetzt nicht darüber reden. Während der vergangenen vierundzwanzig Stunden konnte ich über fast nichts anderes sprechen und nachdenken. Ich möchte mich bitte jetzt erst einmal auf die Arbeit konzentrieren. Was gibt es Neues? Und wo ist überhaupt Devlin?«
Wenn sich Kate je gefragt hatte, wie sich eine bedeutungsschwangere Pause anhörte – nun wusste sie es!
»Wir sind uns nicht ganz sicher«, druckste Aisling herum. Interessiert stellte Kate fest, dass ihr Gesicht sehr rot wurde.
»Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?«
»Nach dem Mittagessen.«
»Das ist noch nicht allzu lange her. Weit weg kann er nicht sein.« Inzwischen war es kurz vor halb vier. »Sie haben noch ein paar Stunden Zeit, ehe Sie sich wirklich Sorgen machen müssen, ob er rechtzeitig zurückkommt.«
»Ehrlich gesagt hoffe ich eher nicht, dass er zurückkommt«, erklärte Aisling.
»Was hat er gemacht?«
»Wenn Sie Ihren Tee getrunken haben, bringe ich Sie zu Ihrer Unterkunft«, sagte Aisling steif. »Leider konnte ich kein vernünftiges B & B finden, deswegen habe ich uns in einem netten Gasthaus untergebracht, das ein paar Zimmer vermietet.«
»Gasthaus? Etwa eine Kneipe?«
»Aber eine wirklich nette Kneipe«, erwiderte Aisling.
»Mit einer Bar, die bis oben hin voller Bushmills und Brandy steht, der nur auf Devlin wartet«, gab Kate zurück.
»Ganz genau. Ich hatte ihn nicht ausreichend unter Kontrolle, und da hat er sich während der Mittagszeit einmal quer durch den Bestand getrunken.«
»Dann schläft er wahrscheinlich in seinem Zimmer seinen Rausch aus.«
»Tut er nicht. Ich habe schon nachgesehen.«
Dann schlief er vermutlich irgendwo im Straßengraben, dachte Kate, sagte aber nichts, um Aisling nicht noch mehr aufzuregen. »Was hat er sonst noch ausgefressen?« Wenn sich sowohl Dolly als auch Aisling in einem derartigen Zustand befanden, musste mehr dahinterstecken als ein Besäufnis.
»Wussten Sie, dass es ein paar Kilometer entfernt eine Rennbahn gibt?«
»Ich glaube, ich bin daran vorbeigefahren.« Rennen. Devlin. Hatte er irgendetwas darüber gesagt, dass auch Wetten zu seinen Schwächen gehörte? Eher nicht, aber es würde
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