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Keine Angst vor Anakondas

Keine Angst vor Anakondas

Titel: Keine Angst vor Anakondas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Dirksen
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machten nicht einmal mehr die Menschen Jagd auf sie. Niemand kümmerte sich mehr um die Biber. Die aber nagten, einem flächendeckenden Sägewerk gleich, einen Baum nach dem anderen um.
    Ich selber konnte mich von der unglaublichen Leistung der Biber an einem naturnahen Stück der Spree, 20 Kilometer vor Berlin, selbst überzeugen. Nicht einmal zwei Stunden mit dem Rad von der pulsierenden Hauptstadt entfernt, scheinen sich die munteren Nagetiere pudelwohl zu fühlen und haben etwas von ihrer erworbenen Scheu vor den Menschen abgelegt. Wer den Fluss entlangpaddelt, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Zahllose Baumstümpfe riesiger gefällter Pappeln stehen modernd am Spreeufer. Darunter sind Bäume, die annähernd so dick waren wie ein Ölfass: Bei einigen beträgt der Umfang mindestens zwei Meter. Nachts wurde ich Zeuge der Aktivität der Biber und konnte ihnen beim Nagen zuhören. An den dicken Pappeln nagten sie einige Tage oder sogar über eine Woche, bis die Bäume endlich umkippten. Eine kleinere Weide schafften sie in einer Nacht – bis zu 100 können sie in einem Jahr fällen.
    Ihre Artgenossen in Feuerland sind da nicht anders: Fleißig und unbehelligt bauen die Biber dort einen Staudamm nach dem anderen. Auch der Bau von Burgen in den aufgestauten Seen ist tief im Masterplan der nagenden Architekten verankert. In je einer Burg lebt ein Elternpaar mit zwei Generationen von Jungtieren. Zunächst sind die Kleinen wasserscheu. Doch das Muttertier fackelt nicht lange, packt die Nachkömmlinge und wirft sie ins Wasser, als würden sie getauft werden. Die ältere Generation von Jungtieren hat ausreichend Zeit, sich die Fertigkeiten der Elterntiere anzueignen, bevor sie nach zwei Jahren fortgejagt werden. Sie wandern dann die Flüsse entlang, manchmal bis zu 100 Kilometer weit, suchen sich einen Partner und bauen ebenfalls Dämme und Burgen. So schritt die Invasion der Biber in Patagonien immer weiter voran. Die kleinen Raubritter der Flüsse und Seen residierten in ihrem selbst erschaffenen Burgenland. Längst galten sie als eine große Landplage. Mittlerweile schätzt man, dass aus den zwei Dutzend ausgesetzten Tieren eine Population von über 120 000 Tieren geworden ist.
    Uwe Müller freute sich jedenfalls, er hatte seine Geschichte gefunden. In einer Art Tierspielfilm wollte er die Invasion Feuerlands als Duell um die Vorherrschaft zwischen den ausgesetzten Kanadischen Bibern und argentinischen Viehzüchtern in der Region schildern. Natürlich sollten dabei die Biber im Vordergrund stehen. Nur, für seinen Film Duell der Eroberer fehlte ihm immer noch die entscheidende Schlüsselszene: Ein Biberfilm ohne einen fallenden Baum funktioniert einfach nicht. Er brauchte die meißelnden Zähne und fliegende Holzspäne, am besten in einer Nahaufnahme. Der Zuschauer sollte erkennen können, wie gekonnt die Nager den Baum anknabbern, damit er nicht aufs Land, sondern ins Wasser fällt, wo er dann weiterverarbeitet und abtransportiert werden kann. Die Spannung steigt, wenn der Baum erste knirschende Laute seines bevorstehenden Umkippens von sich gibt. Wie reagieren dann die Biber? Was machen sie in dem Moment, wenn der Stamm unter kreischendem Krachen zerbirst?
Ungebetene Gäste
    Zoologisch betrachtet haben die Biber in Argentinien nichts verloren. Sie kommen zwar in Nordamerika vor, haben es aber auf natürlichem Wege nicht bis Südamerika geschafft. Die Biber Feuerlands gehören zu den Neozoen. Übersetzt bedeutet Neozoen »neue Tiere«. Diese Neuankömmlinge sind Tierarten, die bisher nicht in einer Lebensgemeinschaft zu finden waren. Sie können neu eingewandert, über Flüsse oder das Meer verfrachtet oder vom Menschen unbeabsichtigt oder beabsichtigt eingeschleppt oder ausgesetzt worden sein. Manchmal sind sie auch einfach nur der menschlichen Obhut entflohen.
    Wenn in Bremen eine Anakonda ausbüchsen und sich in der Weser von Ratten, Schwänen und Enten ernähren würde, zählte sie noch nicht zu den Neozoen. Sie würde definitiv die Kälte des nächsten Winters nicht überleben. Aber auch der Braunbär Bruno, der noch vor Kurzem durch unsere deutschen Wälder streifte und erstaunlich lange die Jäger zum Narren hielt, wird nicht zu den Neozoen gezählt. Zwar ist er eingewandert, wenn auch im Rahmen eines Ansiedlungsprojektes, doch zu einer dauerhaften Ansiedlung gehört die Fortpflanzung. Bruno war einsam und alleine in Deutschland, das nächste frei lebende Weibchen unerreichbar weit entfernt.
    Sind jedoch

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