Keine Angst
passieren? Wird der Typ versuchen, ihn anzugreifen? Nein, das wäre Wahnsinn. Nicht gegen einen Baum wie ihn, der noch dazu ein Messer vor sich herträgt.
Andy streckt dem Zoohändler seine offene Linke entgegen. »Gib schon her!«
Jetzt lächelt der Zoohändler wirklich. Was muß der Kerl erleichtert sein. Wird wahrscheinlich sofort losrennen. Soll er doch. Andy hat das Geld, das Tier und Spaß gehabt. Soll der Arsch am Leben bleiben.
Die Muschel aus Händen nähert sich.
Obwohl sein Gesicht lächelt, muß Flint innerlich weinen, während er Bambi behutsam in die Handfläche des Gangsters gleiten läßt. Die Trennung tut weh. Aber sie ist notwendig. Flint hängt an Bambi, aber an seinem Leben hängt er verdammt noch mal mehr.
Dann schließt er innerlich mit der Sache ab. Passiert ist passiert. Er zieht die schützende Rechte weg, als Bambi Platz genommen hat, und sieht dem Gangster ruhig in die Augen.
»Nicht bewegen«, sagt er tonlos.
Sein Gegenüber wirft einen kurzen Blick auf das Tier, das jetzt bewegungslos in seiner Handfläche ruht. Die andere Hand mit dem Messer beginnt zu zittern. Flint nimmt ihm das Ding aus den Fingern und steckt es ein. Gelassen tritt er einen Schritt näher und greift dem Burschen unter die Jacke.
»Sie erlauben?« Bloß nicht Böses mit Bösem vergelten. Immer schön höflich bleiben, wie bei den Kunden. Flint ertastet seine Brieftasche, zieht sie hervor und steckt sie wieder in seine Manteltasche.
Der Gangster hat sich keinen Millimeter bewegt. Seine Augen spiegeln nackte Panik.
»Tja …« Flint zuckt die Achseln. »Dann will ich mal. Spät geworden. Wie gesagt, Sie sollten sich nicht bewegen. Ich bin der einzige, dem Bambi nichts tut. Ansonsten wird sie bei der geringsten Bewegung zubeißen. Adios.«
Flint geht ein paar Schritte, bleibt dann stehen und dreht sich zu dem erstarrten Gangster um. »Noch was. Wenn Bambi merkt, daß jemand Angst vor ihr hat, beißt sie erst recht. Wollt’s Ihnen nur sagen.« Er zwinkert dem anderen freundlich zu. »Am besten, Sie haben einfach keine Angst.«
Andy antwortet nicht. Er wagt nicht mal zu atmen. Fassungslos starrt er auf seine Hand.
Schwarze Augen. Acht.
Beine. Acht.
Dichter, schwarzbrauner Pelz.
Andy steht mit einer sechzehn Zentimeter langen Vogelspinne auf der Ehrenstraße und überlegt fieberhaft, was man gegen Todesangst tun kann. Ihm fällt nichts ein.
Kein Mensch zu sehen. Mitternachtswind.
Ein Zeichen der Liebe
»Wissen Sie, daß ich Ihren Laden hasse?«
Ich konnte mir das Grinsen nicht verkneifen. Natürlich war mir klar, daß sie meinen Laden haßte. Jeder haßt Krankenhäuser. Weil er nun mal krank ist, wenn er reinkommt. Aber kaum einer brachte es so drastisch zum Ausdruck wie die hübsche Psychologin, die stirnrunzelnd vor mir saß und soeben dabei war, ganz erbärmlich zu verlieren.
Ich spreizte meinen kleinen Finger ab und setzte ihrer Dame den Turm vor die Nase.
»Schachmatt«, sagte ich so beiläufig wie möglich, wohlwissend, daß der Tonfall sie ärgern würde.
Sie starrte auf das Brett und ließ die Schultern hängen.
»Mann«, knurrte sie, »bin ich blöde!«
»Naja.«
»Was heißt, naja? Sie sollen widersprechen: Nein, Sie sind nicht blöde, Sie sind eine charmante und intelligente Frau, und so weiter und so fort. Revanche?«
Ich erhob mich.
»Jederzeit gern. Aber nicht mehr heute.«
»Feiger Hund!«
»Machen Sie sich nichts draus«, feixte ich. »Wenn Sie mein Krankenhaus verlassen, können Sie die Bauern wenigstens von den Läufern unterscheiden.«
»Wenn Ihre Metzgermannschaft einen Tropf von einer Flasche Grappa unterscheiden könnte, war ich längst schon wieder draußen.«
»Sie sind ungerecht«, sagte ich streng. »Wir tun, was wir können.«
»Das ist es ja, was mich so beunruhigt«, grinste sie. »Also, kriege ich nun meine Revanche? Oder haben Sie Schiß zu verlieren?«
»Du lieber Himmel! So schlecht könnte ich gar nicht spielen.«
»Ich werd Sie von der Platte putzen! Warten Sie’s ab!«
»Es ist spät. Putzen Sie sich die Zähne.«
»Ach, der Onkel Doktor muß ins Bett«, kicherte sie. »Verstehe. Nicht mehr der Jüngste, was? Dann mal flott, Alterchen. Und nicht ausrutschen auf der Treppe.«
»Rotzgöre. Nehmen Sie Ihre Medikamente!«
»Nehmen Sie Ihre Medikamente«, äffte sie mich nach und lachte mich zur Tür hinaus.
Gretchen Baselitz und ihre große Klappe.
Als ärztlicher Direktor eines der großen Kölner Krankenhäuser kümmert man sich um alles
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