Keine Angst
einem Satz über die Straße. Der Mann hat das Vieh mit rausgenommen. Gut so! Da kann er sich nicht wehren, wenn er nicht riskieren will, daß es abhaut. Bestens.
Dem Zoohändler bleibt nicht mal Zeit, sich umzudrehen. Er wird von hinten gepackt und gegen die Scheibe seines Geschäfts gepreßt.
Andy läßt sein Messer aufschnappen und hält ihm die Klinge an die Halsschlagader. Das Gefühl, Macht zu haben, ist beinahe unbeschreiblich! Ihn jetzt töten zu können. Es vielleicht sogar zu tun. Geil!
Der Zoohändler stöhnt auf. Er hat das Tier tatsächlich nicht losgelassen, der Schwachkopf. Hält es vor den Bauch gepreßt. Was muß die Liebe schön sein!
»Dein Geld«, drängt Andy. »Mach schon.«
Der Zoohändler wimmert. Andy verstärkt den Druck der Messerspitze.
»Wo ist die Kohle, Alter? Soll ich dich aufschlitzen oder was? Oder deinen kleinen Liebling vielleicht? Zeig doch mal her, was hast du denn da Feines?«
»Nein, bitte …«
»Was? Was hast du gesagt?«
»B … bitte nicht. Sie dürfen Bambi nichts tun, bitte. Ich mach ja alles, was Sie wollen, ich …«
»Bambi!« Andy prustet los. Das wird ja immer schöner. Bambi!
»Die Kohle«, zischelt er.
»In meiner Manteltasche.« Der Zoohändler ist kaum zu verstehen, so sehr zittert seine Stimme. Andy bohrt ihm das Messer noch ein bißchen tiefer ins Fleisch und fingert nach dem Portemonnaie. Dick und fett schmiegt es sich in seine Hand. Vollgefressen mit Geld. Andy schiebt es in die Innentasche seiner Fliegerjacke und überlegt, wie man noch ein bißchen Spaß haben könnte.
»Soll ich mal zustechen?«
Der Zoohändler schüttelt schwach den Kopf. Seine Hände schließen sich wie im Krampf um das Tier.
»He, keine Angst«, gluckst Andy. »Ich mein das wörtlich. Ich tu Leuten nur was, wenn ich merke, daß sie Angst vor mir haben. Verstehst du?« Er grinst. »Am besten, du hast einfach keine Angst.«
Der Körper des Zoohändlers zuckt. Der Mann hat dermaßen die Hosen voll, daß es stinkt.
Andy bringt seinen Mund so nah an das Ohr seines Opfers, daß die Lippen den Knorpel berühren.
»Angst ist ganz schlecht. Du hast aber welche. Du Scheißer! Ich werd dich jetzt in Stücke schneiden, Scheißer. Soll ich?«
Der Zoohändler keucht ein paar heisere Worte. Andy wird wütend, weil der Typ sich nicht klar ausdrückt. Ein erster Tropfen Blut läuft dünn den Hals hinunter.
»Du sollst keine Angst haben«, flüstert er. »Oder ich mach dich alle. Hörst du?«
»Sie …«
»Was? Was willst du, Scheißer?«
»Sie können Bambi haben.«
Bambi? Ach ja! Ganz neuer Aspekt.
»Was soll ich mit deinem Viehzeug, Alter?«
»Bitte. Lassen Sie mich gehen. Bambi ist wertvoll, Sie werden sehen. Jede Zoohandlung wird Ihnen dafür viel bezahlen, jeder Zoo, ich bitte Sie!«
Andy hätte große Lust, zuzustechen. Aber irgendwie beginnt ihn der Gedanke an das Tier in der Hand des Zoohändlers zu erregen. Im Inneren seiner muskelbepackten Einsneunzig reckt ein kleiner Junge mit glänzenden Augen den Kopf und versucht, über den Rand einer Schaufensterscheibe zu sehen.
»Hätten Sie denn nicht gerne ein Tier?« fragt der Zoohändler leise. Seine Stimme ist ein einziges Beben.
Ein Tier …
»Dreh dich um«, herrscht Andy ihn an.
Er zieht das Messer ein Stück weg, so daß der Mann Bewegungsfreiheit hat. Der Zoohändler wendet ihm sein schweißnasses Gesicht zu. Zwischen den Händen sieht Andy ein Stückchen Felliges.
Er denkt an die Streifenhörnchen, und wie er ihnen Namen gegeben hat. Damals, in einem anderen Leben. Als er noch nicht so war.
Immerhin, das Vieh scheint eine ziemliche Kostbarkeit zu sein. Obendrein zahm. Jedes andere Tier hätte bei dem Überfall Reißaus genommen, ob festgehalten oder nicht. Das da ist geblieben. Für ihn, für den kleinen, armen Andy. Ein Tierchen. Er kann’s behalten, kann’s verkaufen. Beides möglich.
Andy überlegt. Warum eigentlich nicht?
»Okay.« Er fuchtelt dem Zoohändler drohend mit der Klinge unter der Nase rum. »Aber keinen Scheiß machen, hörst du? Oder ich stech dich ab.«
»Schon klar«, versichert der Mann hastig. »Keinen Scheiß.«
»Dann gib schon her. Bleibt das Biest auch sitzen?«
Der andere scheint seine Fassung wiedergewonnen zu haben. Fast kommt es Andy vor, als husche ein stolzes, hochmütiges Lächeln über seine Züge.
»Bambi ist abgerichtet«, sagt er würdevoll. »Sie wird nicht fliehen. Ich verspreche es.«
Andy kneift mißtrauisch die Augen zusammen. Kann ihm bei dem Deal was
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