Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Keine Gnade

Keine Gnade

Titel: Keine Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Annechino
Vom Netzwerk:
dir, Julian. Total angewidert.«
    Julian blickte Rebecca an, die sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen konnte.
    Â»Was habe ich getan, Dad?«
    Â»Erzähl uns von dem Vorfall im Schuppen«, forderte ihn seine Mutter auf.
    Julian schaute Marianne an und sah dort dasselbe Grin sen wie bei Rebecca. Seine Hände waren feucht, und er konnte kaum schlucken.
    Â»Ich weiß nicht, wovon du redest«, erwiderte Julian.
    Â»Wenn du lügst, Julian«, warnte ihn sein Vater, »dann machst du es nur noch schlimmer für dich.«
    Julian hatte keine Ahnung, was eigentlich los war. War­um sollten Rebecca und Marianne seinen Eltern von ihrem kleinen Spiel erzählt haben? Warum sollten sie das beichten? Sollten sie nicht diejenigen sein, die hier in die Mangel genommen wurden? Sollten nicht ihre kleinen Ärsche in Schwierigkeiten stecken?
    Â»Mmh, mmh, ich weiß nicht, was ich deiner Meinung nach sagen soll.«
    Â»Runter auf die Knie und sage, dass es dir leidtut, du kleines Miststück«, sagte sein Vater. »Du kannst von Glück reden, dass Rebecca dich nicht anzeigt.«
    Â» Was ?« Julian meinte, sich verhört zu haben. » Anzeigen ?« Dann brach es wie ein Tsunami über ihn herein, und ihm war klar, dass seine Kusinen ihr Versprechen gehalten hatten.
    Â»Es ist gut, dass Marianne Rebeccas Schreien hörte, noch bevor du …« Seine Mutter konnte den Satz nicht beenden.
    Julians Onkel Sam, Rebeccas Vater, erhob sich und drohte Julian mit der Faust. »Wenn du jemals wieder in die Nähe meiner Tochter kommst, könnte ich vergessen, dass du mein Neffe bist.«
    Für einen kurzen Augenblick dachte Julian, sich zu verteidigen und die wahre Geschichte zu erzählen. Doch wer würde ihm glauben? Seine Kusinen hatten ein Netz gesponnen, aus dem er sich nicht befreien konnte. Er hätte so gern geschrien und seine Unschuld beteuert. Auf das Heilige Buch geschworen. Alles getan, um sich reinzuwaschen. Er wollte allen klarmachen, dass Rebecca und Marianne die Übeltäterinnen waren. Doch Julian wusste, dass er auf verlorenem Posten kämpfte.
    Â»Entschuldige dich bei Rebecca«, forderte sein Vater ihn auf.
    Julian erhob sich still, unfähig, auch nur einen Ton herauszubringen. In seinem Inneren brodelte es, und er hätte seine Kusinen umbringen können. Doch dann rang er sich gequält ein geflüstertes »Es tut mir leid« ab. Und das waren aller Voraussicht nach die unaufrichtigsten Worte, die er je in seinem Leben äußern würde.
    Â»Für die nächsten drei Monate«, sagte sein Vater, »ist Hausarrest angesagt. Du gehst zur Schule. Du kommst nach Hause. Du machst deine Hausaufgaben. Kein Fernsehen. Keine Musik. Kein Ausgang. Kein gar nichts. Wenn du zu Hause bist, bleibst du in deinem Zimmer. Ich will, dass du wie ein Tier eingesperrt bist, denn nichts anderes bist du.«
    Von diesem Tag an behandelte Julians Familie ihn nicht viel besser als Dreck unter ihren Füßen. Sogar seine Eltern. Bis zu diesem Tag waren seine Eltern nicht fähig gewesen, ihm Liebe oder Zuneigung zu zeigen. Doch nun wurde alles nur noch schlimmer. Er wurde zum Ausgestoßenen, und seine Bedeutungslosigkeit erreichte eine noch tiefere Dimension. Es war ein Stigma, dem er niemals entkommen konnte. Wenn es überhaupt jemals eine Möglichkeit für Julian gegeben hatte, zu den Herzen seiner Eltern vorzudringen, so war es nun völlig hoffnungslos. Denn seine Familie hatte ihn der versuchten Vergewaltigung angeklagt, verurteilt und dafür bestraft. Das war nicht vergleichbar mit Ladendiebstahl oder Grasrauchen. Er bereute es nun, die Si­tuation mit seinen Kusinen in dem kleinen Schuppen nicht ausgenutzt zu haben. Wie gern hätte er sich noch einmal an einem Nachmittag mit ihnen getroffen, um ihnen eine Lektion zu erteilen, aber er wusste, das würde nie geschehen. Alle Augen waren jetzt auf ihn gerichtet; er war wie ein Insekt unter dem Mikroskop. Irgendwie musste er eine Möglichkeit finden, sich zu rächen.

    Â»Ich komme in ein paar Minuten ins Bett«, sagte Al. »Ich muss nur noch ein Telefonat erledigen.«
    Â»Du steckst die Kerze an beiden Enden an, wie man so schön sagt«, meinte Sami. »Wie lange willst du dieses Tempo noch durchhalten?«
    Â»Bis ich zusammenbreche.«
    Â»Ich werde dazu nichts mehr sagen, ich habe es schon viel zu oft getan.«
    Â»Ich komme doch gleich nach.«
    Es war kein

Weitere Kostenlose Bücher