Keine Gnade
war â¦Â«
»Dieselben wie früher?«
»Schlimmer. Noch eindringlicher.«
»Erzählen Sie mir von ihnen.«
»Wie ich schon erwähnt hatte, konnte ich früher Simons Gesicht nie klar sehen, und wenn er mich ans Kreuz nagelte, fühlte ich im Traum keine Schmerzen. Nun kann ich sein Gesicht genau sehen und schwöre, dass ich fühle, wie diese Nägel durch meine Handgelenke getrieben werden.«
Doktor J machte sich Notizen. »Und Sie nehmen abends immer noch Valium?«
»Ich vergesse sie manchmal, aber â¦Â«
»Sie müssen dieses Medikament jeden Abend nehmen, Sami.« Doktor J erhob sich, ging zu dem Stuhl neben Sami und setzte sich. »Ich weiÃ, wie sehr Sie es hassen, Medikamente zu nehmen, aber der Nutzen ist gröÃer als die Nebenwirkungen.« Doktor J hielt einen Augenblick inne. »Spricht Simon in diesen Alpträumen mit Ihnen?«
»Kein Wort. Aber er grinst schrecklich. Sieht so finster aus wie ein Verrückter.«
»Erzählen Sie mir von den Schmerzen. Werden Sie wach davon?«
»Sie lassen mich hochfahren, als ob Strom durch meinen Körper fährt. Dann ist mir kalt und klamm. Meine Hände zittern, und mein Herz hämmert. Und ich habe das Gefühl, gleich einen Herzinfarkt zu bekommen.«
»Klassische Angstattacke. Wir haben früher schon darüber gesprochen.« Doktor J tippte sich wie tief in Gedanken mit dem Zeigefinger an die Schläfe. »Wenn Sie so einen Anfall haben, fangen Sie gleich mit den Atemübungen an, über die wir gesprochen haben?«
»Ja, das mach ich.«
»Und helfen sie Ihnen, sich zu beruhigen?«
»Meistens.«
»Wenn Sie abends schlafen gehen, an was denken Sie dann normalerweise?«
»An alles. In der Minute, in der mein Kopf auf das Kopfkissen fällt, wird mein Hirn mit Gedanken bombardiert â wie aus einem Maschinengewehr.«
»Um was drehen sich Ihre Gedanken am meisten?«
»Das hängt davon ab, welches Problem den Abend ganz oben auf den Haufen gekommen ist.«
»Worüber haben Sie in letzter Zeit am häufigsten nachgedacht?«
»Die Operation meiner Mutter. Als Schwester. Was ich mit meinem Leben noch anfangen will. Ob es die richtige Entscheidung war, bei der Polizeibehörde auszusteigen. Als ungewöhnliches Verhalten. Soll ich weitermachen?«
»Erzählen Sie mir von Al. Was hat sich verändert?«
»Es ist nur so ein Gefühl. Es scheint, als ob Al nicht mehr so viel an unserer Beziehung gelegen ist wie sonst. Wir haben den Draht zueinander verloren.«
»Hat er etwas getan, das Sie so fühlen lässt?«
»Nun, unter anderem hatte er gestern keine Lust auf Sex. Wenn ich da an seine frühere Lust denke und den Umstand, dass wir kaum noch dazu kommen, miteinander zu schlafen, dann würde ich schon sagen, dass es wichtig ist.«
»Als wir uns das letzte Mal getroffen haben, erwähnten Sie, dass Al die Ermittlungen im Fall des Foster-Mordes leitet. Richtig?«
Sami nickte. »Bis er nach Rio flog, war es so.«
»Wann hat sich sein Verhalten verändert?«
»Während der letzten Wochen.«
»Vielleicht ist er mit diesem Fall voll beschäftigt.«
»Aber sein Verhalten hat sich schon verändert, bevor er in diesem Mordfall ermitteln musste.«
»Und woran hat er vor diesem Fall gearbeitet?«
Sami dachte eine Minute nach. »Er hat bei den Jenkins-Morden ermittelt. Das war der Teenager, der seine ganze Familie umgebracht hat â Mutter, Vater und die vier Jahre alte Schwester.«
»Ich bin mir sicher, dass jede Mordermittlung viel Stress und Reizbarkeit mit sich bringt. Aber ich würde sagen, dass Sie da empfindlicher sind als andere, oder?«
»Das stimmt absolut.«
»Vielleicht wird Al einfach nur von seinem Job voll in Anspruch genommen. Selbst für die beste Beziehung ist es nicht ungewöhnlich, dass sie durch den Druck im Beruf Rückschläge erleidet.«
»So habe ich es noch gar nicht gesehen. Doch wenn man auf dem Planeten Erde lebt, wann hat man da keinen Stress?«
»Jeder hat seine Grenze, Sami. Stress häuft sich an. Haben Sie jemals das Sprichwort gehört: âºDer Strohhalm, der dem Kamel den Rücken brachâ¹?«
»Ich verstehe.«
Doktor J spielte an ihrer Perlenkette herum. »Wissen Sie, wie es Aleta geht?«
»Es sieht nicht wirklich gut aus.«
»Wie lange, glauben Sie,
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