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Keine Gnade

Keine Gnade

Titel: Keine Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Annechino
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noch in dieser Zeit machen, wie viele Hinweise er für die Polizei hinterlassen würde. Weil er vielleicht kein eiskalter Mörder war, fehlte ihm die Gerissenheit. Ihm war in diesem Augenblick nur klar, dass er eine Ablenkung schaffen musste, um den Fokus von seiner Forschung zu nehmen. Doch wie sollte er das anstellen?
    Â»Judy, ich würde Sie gern in meinem Büro sehen«, sagte Julian. »Alle anderen bitte an die Arbeit.«
    Julian setzte sich an seinen Schreibtisch, und Judy Forester setzte sich ihm gegenüber.
    Â»Es tut mir leid wegen eben, Boss. Ich hätte einige in den Hintern treten und alle wieder an die Arbeit schicken müssen.«
    Â»Zwei Dinge«, sagte Julian. »Erstens: Sie werden mich nie wieder, egal unter welchen Umständen, ›Boss‹ nennen.«
    Â»Ich entschuldige mich, Doktor.«
    Â»Zweitens.« Julian sah auf die Uhr. »Es ist Viertel vor acht. Ich möchte, dass Sie all Ihre persönlichen Habseligkeiten in eine Kiste packen und spätestens um halb neun hier raus sind.«
    Forester wurde kreidebleich. »Meinen Sie das ernst?«
    Â»Hört es sich an, als ob ich Witze mache?«
    Â»Aber warum? Nur weil die Mitarbeiter ein paar Minuten über den Bericht in der Zeitung geredet haben?«
    Â»Ich bezahle Sie als Teamleiter und um sicherzugehen, dass ich von jedem Mitarbeiter solide acht Stunden Arbeit geliefert bekomme. Sie wissen besser als jeder andere hier, wie eng unser Zeitrahmen ist, und trotzdem lassen Sie das Team Zeit verplempern. Ich habe Sie schon einmal darauf hingewiesen, dass Sie mit den Leuten zu sanft umgehen. Und Sie haben mir Ihr Wort gegeben, dass Sie einiges ändern wollten. Ich brauche einen Leiter, der dieses Labor wie eine gut geölte Maschine laufen lässt. Und Sie sind das offensichtlich nicht.«
    Â»Bitte, Doktor, Sie wissen, dass Nate und ich uns gerade ein Haus gekauft haben. Mein Gott, wir haben noch nicht einmal die erste Rate gezahlt. Wenn Sie mich rauswerfen, bin ich aufgeschmissen. Bitte, bitte geben Sie mir noch eine Chance. Ich habe seit Beginn dieser Studie mit Ihnen zu sammengearbeitet. Ich habe Ihnen dabei geholfen, das Team zusammenzustellen. Ich verspreche …«
    Â»Ich möchte Ihre rührselige Geschichte wirklich nicht hören, Judy. Sie hatten es in der Hand. Nun müssen Sie die Konsequenzen tragen.« Julian blickte wieder auf seine Uhr. »Wenn Sie nicht in dreißig Minuten aus diesem Gebäude sind, werde ich den Sicherheitsdienst rufen.«
    Bevor er für Judy Forester einen passenden Ersatz gefunden hätte, würde Julian die Stelle vorübergehend mit David Burns besetzen. Die Zeit drängte, und einen fähigen Kandidaten mit dem richtigen Forschungshintergrund zu finden, der eine der weltweit anspruchsvollsten Forschungsstudien leiten könnte, würde nicht einfach werden. Doch die hohen Arbeitslosenzahlen waren gut für die Unternehmer, und er war zuversichtlich, dass er bald jemanden an Bord hätte. Julian glaubte, dass ein Mann für diesen Job am besten wäre. Seine Meinung basierte auf persönlicher Erfahrung, hatte nichts mit Sexismus zu tun. Der einzige Grund, warum er Forester in erster Linie eingestellt hatte, war Cathy Ferguson, eine übergewichtige, überhebliche Feministin, die ihre Muskeln als Personalleiterin hatte spielen lassen und darauf bestanden hatte, eine Frau in Erwägung zu ziehen. Julian war natürlich klar gewesen, dass dieser Vorschlag ein Auftrag gewesen war. Politik hin oder her, diesen Fehler würde er kein zweites Mal machen.
    Julian verließ das Labor und ging zum Herzzentrum hin­über, weil er vorhin einen Anruf wegen eines Patienten bekommen hatte, den er seit fünf Jahren wegen Vorhofflimmerns behandelte. Er hatte drei Katheterablationen und zwei verschiedene Maze-Operationen hinter sich, doch der fünfundsiebzig Jahre alte Mann wurde immer noch von chronischem Vorhofflimmern geplagt. Julian wollte noch vor der Bypassoperation, die etwas später an diesem Morgen anberaumt war, nach Mr Reznik sehen, um seinen Zustand beurteilen zu können.
    Julian ging ins Chest Pain Center, winkte den Schwestern zu und begab sich zu Mr Reznik in Zimmer 4. Hier nahm er sich das Krankenblatt des Patienten und kontrollierte den Herzmonitor. Die stark schwankenden Linien ­bestätigten, dass der Patient einen schweren Anfall von Vorhofflimmern hatte. Seine Herzfrequenz lag bei knapp zwei­hundert

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