Keine Gnade
all der Zeit, die wir zusammen verbracht haben, kann ich mich nicht daran erinnern, Sie jemals so voller Wut und blankem Hass erlebt zu haben.«
»Meine Feindseligkeit diesem Bastard gegenüber wächst mit jedem Tag.«
»Ist Ihnen klar, dass Sie ihm Kontrolle über Ihr Leben einräumen?«
»Was zum Teufel reden Sie da? Er hat Kontrolle über gar nichts. Nicht mal über sein eigenes Leben.«
»Ach ja? Haben Sie jemals darüber nachgedacht, dass all diese Unsicherheiten in Ihrem Leben erst nach Ihrem Martyrium durch Simon aufgetaucht sind? Ist Ihnen jemals in den Sinn gekommen, dass Sie diese Situation noch nicht verarbeitet haben und dass Sie sie nie verarbeiten werden, wenn Sie nicht Simon von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten und ihm sagen, wie es Ihnen geht?«
»Von Angesicht zu Angesicht? Wie soll ich das Ihrer Meinung nach machen? Er sitzt im Norden Kaliforniens in einer Zelle, nur noch ein paar Tage trennen ihn von dem Treffen mit seinem Schöpfer.«
»Gefangene bekommen jeden Tag Besuch von Leuten. Sogar Gefangene im Todestrakt.«
»Das stimmt nicht, Doktor. Man braucht die Zustimmung des Kongresses, um einen Gefangenen im Todestrakt besuchen zu können â und das gilt auch für einen Detective.«
»Auch für den Detective, der ihn hinter Gitter gebracht hat? Finden Sie einen vernünftigen Grund, warum Sie mit ihm sprechen müssen.«
»Schlagen Sie vor, dass ich lügen soll?«
»Natürlich nicht. Aber ich schlage vor, dass Sie kreativ werden.«
»Okay, lassen Sie uns annehmen, dass mein Besuch bewilligt würde . Soll ich dann ins Flugzeug springen, in den Norden fliegen und mit Simon einen Kaffee trinken gehen?«
»Nein, Sami. Sie sollen nach Norden fliegen und sich von dem erdrückenden Einfluss befreien, den Simon auf Ihr Leben hat.«
Als Julian im Krankenhaus ankam, machte er sich direkt auf den Weg zum Labor, wo er seine Mitarbeiter um die Kaffeemaschine versammelt fand wie einen Haufen Footballfans am Montagmorgen, wenn sie das Sonntagsspiel der Chargers analysieren. Warum arbeitete niemand und führte die anstehenden Forschungsexperimente durch? Nichts ärgerte Julian mehr, als seine Mitarbeiter dabei zu erwischen, wie sie kostbare Zeit verschwendeten. Besonders da er jedem Einzelnen seines Teams eingeschärft hatte, wie eng der Zeitrahmen für das Vorlegen der Testergebnisse war, den die GAFF ihnen gesetzt hatte.
Julian stürmte auf die Gruppe zu und konnte seinen Ãrger kaum unterdrücken. »Wieso habe ich keine Einladung zum Kaffeeklatsch bekommen?«
»Tut mir leid, Boss«, sagte Judy Forester. »Haben Sie die Zeitung gelesen oder die Nachrichten gesehen?«
Er hasste es, »Boss« genannt zu werden, aber in dieser beengten Umgebung tolerierte er es, weil er glaubte, dass eine lockere Atmosphäre Stress abbaute und die Produktivität erhöhte. »Was ist los?«
Forester zeigte auf die Schlagzeile. »Die Frau, die ermordet und im Mission Bay Park abgelegt wurde? Okay, jetzt gibt es ein zweites Opfer. Es sieht so aus, als ob der Mörder chirurgische Experimente an ihnen vorgenommen hat, die so ähnlich sind wie einige, die wir bei unserer Forschung zum Vorhofflimmern durchführen. Und das erste Opfer ist tatsächlich an einem Schlaganfall gestorben, der durch Vorhofflimmern hervorgerufen wurde. Doch die Todesursache beim zweiten Opfer ist noch nicht festgestellt worden. Ist das nicht merkwürdig?«
»Bemerkenswert.« Er musste schlucken. »Gibt es irgendwelche Verdächtigen?«
»Nein«, antwortete Burns.
»Gott weiÃ, was er dem Typen angetan hat«, fügte Forester hinzu.
In diesem Augenblick wurde Julian klar, was die Schwachstelle seines Planes war. Wie hatte er diese Konsequenz übersehen können? Wenn die Forschung letzten Endes Âerfolgreich war und er die Anerkennung für neue Behandlungsmethoden bei Vorhofflimmern bekam, würde die Polizei dann nicht eine Verbindung zu ihm herstellen und ihn und sein Team befragen wollen? Würde ein aufmerksamer Cop nicht die wichtigste Autorität in Sachen Vorhofflimmern befragen wollen? Würden sie nicht darauf kommen, dass die Vorgehensweise des Mörders den ForschungsexÂperimenten viel zu ähnlich war, als dass sie ein Zufall sein könnte? Vor Panik und Ungläubigkeit konnte er keinen klaren Gedanken fassen. Er fragte sich, wie viele Fehler er
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