Keine Gnade
Privatdetektiv herausfand, dass sie ihm näher kam, müsste er einen Weg finden, um sie abzulenken.
Spencer fuhr fort, sich Notizen zu machen. »Das ist ganz schön viel verlangt, und es wird nicht einfach sein. Dass sie ein Cop ist und so. Es könnte länger als eine Woche dauern.«
»Wie viel länger?«
Spencer zuckte mit der Schulter. »Keine Ahnung.«
Sie saÃen still da und starrten sich an, als wollten sie die Gedanken des anderen lesen.
»Ich muss die übliche Frage stellen«, sagte Spencer. »Ich gehe meist über legale Grenzen hinaus, aber auch ich habe durchaus meine Grenzen.« Seine Stimme sank zu einem Flüstern. »Es handelt sich hierbei doch um nichts Kriminelles, nicht wahr?«
»Schauen Sie, Mr Spencer. Es geht hier um etwas rein Persönliches. Sami und ich waren mal zusammen. Muss ich noch mehr sagen?«
»Wie erreiche ich Sie?«, fragte Spencer.
»Das können Sie nicht. Ich melde mich bei Ihnen.«
»Aber wie kann ich Ihnen Informationen zukommen lassen?«
Julian gab Spencer einen Zettel. »An dieses Postfach schicken.«
Er las die Adresse und lachte. »John Smith, wie nett.« Er faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in die Tasche. »Und wenn ich Sie ganz plötzlich sprechen muss?«
»Ich werde Sie zweimal am Tag anrufen.«
Spencer dachte einen Augenblick darüber nach. »Das ist in Ordnung.«
»Da gibt es noch etwas«, sagte Julian. »Das ist das erste und das letzte Mal, dass wir uns persönlich getroffen haben.«
Trotz all der polizeilichen Aufgaben, die Sami erledigen musste â vom enormen Druck, dem sie bei der Suche nach dem Serienkiller ausgesetzt war, einmal ganz abgesehen â, legte sie am Freitag um elf Uhr vormittags alles beiseite, schrieb eine Liste für Detective Osbourn und verlieà heimlich das Revier.
Sie saà einige Minuten in ihrem Wagen und dachte daÂrÂüber nach, wo sie eine ruhige und abgelegene Gegend finden könnte. Nach sorgfältigem Abwägen entschied sie sich für den Presidio Park, eine ausgedehnte Parkanlage, von der man über die Mission Bay auf den Pazifik blicken konnte.
Als sie den Freeway 8 verlieà und auf den unbefestigten Parkplatz fuhr, seufzte Sami vor Erleichterung, als sie nur drei Autos dort stehen sah. »GroÃartig.« Wenn man die GröÃe des Parks bedachte, immerhin sechzehn Hektar, dann war sie davon überzeugt, dass sie ein Plätzchen finden würde, wo sie mit ihren Gedanken allein sein könnte.
Als sie ihre Wanderstiefel zuschnürte, schaute sie auf ihre Uhr: 11:30. In einer halben Stunde hatte Simon Kwosokowski eine lange überfällige Verabredung mit seinem Schöpfer.
Sami fand einen Pfad, der sich durch dichte Bäume auf einen Hügel schlängelte. Fast ganz oben entdeckte sie eine Lichtung, die mit trockenen Blättern, Kiefernzapfen und grünem Moos bedeckt war. Sie suchte sich einen halbwegs bequemen Fleck und setzte sich auf den Boden.
Wieder sah sie auf die Uhr: 11:53.
Sie schloss die Augen und fragte sich, ob Simon wohl den Brief gelesen hatte, den sie ihm hatte zukommen lassen. Sie hatte ihn über Nacht per FedEx geschickt und sogar Warden Marshall angerufen und ihn gebeten, sich persönlich darum zu kümmern, dass Simon den Brief bekam. Doch selbst wenn er ihn bekommen hatte, wie konnte sie sicher sein, dass er ihn auch gelesen hatte? Sie fühlte sich unverändert, nur die Wut in ihrem Bauch hatte sich ein wenig gelegt. Vielleicht würde sie um zwölf Uhr, wenn das tödliche Gift durch Simons Adern floss, das Leben ihn verlieà und er niemals mehr Angelina oder sie verletzen könnte, die Erleichterung spüren, auf die sie so sehnlich gewartet hatte.
Die Sonne, die kaum durch das Dickicht der Bäume drang, konnte die ungewöhnlich kühle Luft nicht erwärmen. Normalerweise brachte der Juni wärmere Luft aus den Wüsten und kühle Meeresbrisen mit sich. Doch heute kam es Sami wie Februar vor. Durch ihren Kopf wirbelten bunte Gedanken wie in einem Kaleidoskop. Sie zog die Knie an ihre Brust, legte die Arme um ihre Beine und versuchte sich auf Simon zu konzentrieren.
Als sie den Minutenzeiger ihrer Uhr auf zwölf zugehen sah, versuchte sie all die Einzelheiten ihrer quälenden Erfahrung mit Simon zusammenzusetzen, in der Hoffnung, ein wenig Trost zu finden. Seine Hinrichtung bereitete natürlich seiner
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