Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)

Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)

Titel: Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorelei Mathias
Vom Netzwerk:
der Medienbranche arbeiten und ähnliche Interessen haben wie wir... nicht verhinderte Möchtegernkünstler, die in irgendwelchen seelenlosen Cityjobs festhängen. Hochstapler!«
    Auf einmal meldete sich eine neue, aggressive Stimme zu Wort. »Ach, um Himmels willen! Seid ihr wirklich so oberflächlich? Das sind doch Menschen wie du und ich!« Als Amelie klar wurde, dass diese Stimme Sally gehörte, schoss sie wie eine Tarantel aus ihrer Klozelle. Sie wusste nicht genau, warum, hatte jedoch das Gefühl, ihrer Freundin wenigstens durch ihre Anwesenheit Rückendeckung geben zu müssen.
    »Wirklich«, fuhr Sally hitzig fort, »wieso sollte der Beruf bestimmen, was man ist? Vielleicht sind das alles ja ganz nette Männer, wenn man sie mal besser kennen lernt. Und ihr gebt ihnen überhaupt keine Chance. Da könnte sogar der Richtige drunter sein. Ihr würdet ihn verpassen.«
    Verblüffte Stille setzte ein. Sally warf einen hitzigen Blick in die Runde. Sämtliche Mädchen hatten die Köpfe gesenkt und starrten ihre Cowboystiefel an oder nestelten an ihren Namensschildchen herum, unsicher, was sie als Nächstes tun sollten. Schließlich unterbrach Louise aus Walthamstow die Stille.
    »Na jedenfalls... hat einer von euch schon die Nummer 16 gehabt? Derek – er hat’ne richtige Quietschstimme wie ein Ferkel! Bestimmt schwul, will’s aber nicht zugeben.«
    Allgemeines Gelächter. Sally verdrehte die Augen und ging. Amelie folgte ihr. Sie fragte sich, wann genau Sally all diese tiefschürfenden Einsichten gekommen waren – und warum! -, und war überrascht, dass ausgerechnet ein Speed-Dating-Abend zu solchen Einsichten über das Leben, die Welt und deinen Platz darin führen konnte. Andererseits, wenn sie recht überlegte, war ja vielleicht gerade Sally eine von diesen verhinderten Künstlern. Vielleicht hasste Sally ja ihren Job. Auf dem Weg zur Bar überlegte Amelie, wo wohl die Wahrheit liegen mochte.
    In der Toilette dagegen wurde weiter geschwatzt, geschminkt, getuscht. »Ist das deine Wimperntusche, Lou?«, fragte Sophie.
    »Äh, nein, aber nimm sie ruhig, Schätzchen. He – habt ihr schon von dem Mädchen gehört, das von allen Männern angekreuzt wurde? Ich frag mich, was ihr Geheimnis ist?«

    Endlich läutete die Glocke Amelies und Charlies Rendezvous ein. Charlies Augen hatten sich auf Amelie geheftet, kaum dass sie Platz genommen hatte, und sich seitdem nicht mehr vom Fleck bewegt.
    »Also«, fragte Charlie mit einem neckischen Grinsen, »irgendwelche Ähnlichkeiten mit der Film-Amelie?«
    Amelie lachte. »Ach, na ja, ich sehe natürlich nicht so aus wie sie, aber ich schätze, ich habe einen ähnlichen Charakter – nicht ganz so schrullig und verrückt wie sie, aber es geht schon in die Richtung... Meine Freunde würden dir jedenfalls erzählen, dass eine gewisse Ähnlichkeit besteht.«
    Sie waren gerade warm geworden, als auf einmal, nach nur vierzig Sekunden, die Glocke läutete und beide zusammenfahren ließ.
    »Ladies und Gents.« Anna hatte abermals die Tribüne betreten. »Tut mir schrecklich leid, eure Dates zu unterbrechen, aber es scheint, als sei uns ein Mann abhanden gekommen. Hat irgendjemand die Nummer 32 gesehen? Groß, blond, Brille, hat ein rotes Hemd an?« Anna warf einen hoffnungsvollen Blick in die Runde.
    »Nein? Nun, er war, laut Nummer 12, während der ersten Runde anwesend und, wie Nummer 7 bestätigt, auch während der letzten. Aber seit der Pause scheint ihn keiner mehr gesehen zu haben.«
    Lautes Gemurmel und allgemeines ratloses Achselzucken. Niemand schien zu wissen, wo Nummer 32 abgeblieben war. Amelie, die die Vorstellung eines Speed-Daters auf der Flucht durch Soho schrecklich witzig fand, musste kichern. Charlie grinste ebenfalls, streckte unter dem Tisch sein Bein aus und gab ihr einen spielerischen Tritt, wie um sie zur Ordnung zu rufen.
    »Nun«, fuhr Anna mit einem besorgten Gesichtsausdruck fort, »falls jemand erfahren sollte, wohin der junge Mann verschwunden ist, möge er uns das bitte mitteilen. Leider fehlt uns nun ein weiterer Mann, und die Damen, die dies betrifft, möchten bitte eine kleine Pause einlegen oder sich untereinander unterhalten. Danke! Und nun geht’s gleich wieder weiter. Natürlich bekommt ihr die Zeit, die wir verbraucht haben, zusätzlich. Alles klar, weiter geht’s!«
    Klingeling.
    »Wow, ein Date weniger, einfach toll!«, sagte Amelie.
    »Ich frag mich, wo der arme Kerl hin ist«, überlegte Charlie. »Man stelle sich vor, einfach so abzuhauen.

Weitere Kostenlose Bücher