Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)
Wahrscheinlich hat er sich umgeschaut und entschieden, dass nichts für ihn drunter ist. Wie auch immer. Verzeih, wenn ich einen Augenblick nervig werde, aber ich habe mich sehr auf die drei Minuten mit dir gefreut.«
Amelie grinste und freute sich, dass es ihm ebenso ging wie ihr. »Ja, das ist nervig. Aber ich will dir verzeihen, weil du es so nett gesagt hast.«
Charlie stemmte die Ellbogen auf den Tisch und beugte sich vor. »Hast du dich auch mal gefragt, wie weit man bei so einer Veranstaltung wohl gehen kann? Ich meine, rein hypothetisch natürlich. Angenommen, es erwischt zwei so richtig und sie beschließen, gleich hier und jetzt ein bisschen zu knutschen. Wäre das ein Regelverstoß?«
»O ja! Das wäre sicher unakzeptabel«, sagte Amelie amüsiert. »Oder kannst du dir vorstellen, dass Anna so etwas durchgehen lassen würde? Die wäre wie der Blitz zur Stelle und würde die Liebenden auseinanderreißen. Wahrscheinlich müssten sie sich zur Strafe getrennt in die Ecke stellen, oder so was.«
»Ja, du hast Recht. Kein Geknutsche beim ersten Date; das gehört sich einfach nicht, oder?« Charlie schaute Amelie mit einem diebischen Funkeln tief in die Augen.
»Also«, sagte Amelie, sich zur Ordnung rufend, »du hast mir noch immer nicht gesagt, was deine letzte Rolle war?«
»Ach, das wird dich umhauen. Ich habe einen Toten gespielt, in einem Harold-Pinter-Stück am Hampstead Theatre. Anscheinend war ich richtig gut. Hab tolle Kritiken gekriegt, und der Intendant war höchst zufrieden mit meiner Leistung. Ich wäre ein ›Naturtalent‹, meint er. Ganz unter uns, ich mache mir Sorgen, dass ich zu gut war...«
Amelie lachte. »Hast du jetzt Angst, man könnte dich auf ein bestimmtes Genre festlegen?«
Charlie nickte. »Aber ich habe auch größere Rollen gespielt, seit ich die Schauspielschule verlassen habe. Gott, die Schauspielerei ist eine solche Achterbahnfahrt – ständig rauf und runter. Im einen Moment spielst du neben Derek Jacobi im Westend, im nächsten Moment verteilst du im Watford Harlequin Shopping Centre Essensgutscheine von MacDonald’s. Dieses Jahr hat sich ziemlich still angelassen, was mich beunruhigt. Obwohl ich eine Rolle in der neuen Staffel von Doctor Who in Aussicht habe. Ich würde ausflippen , wenn ich die kriege.«
»O mein Gott, wirst du einen Dalek spielen?«, quietschte Amelie. »Ich liebe die Daleks! Ich bin kein Sci-Fi-Freak, das wollen wir doch gleich festhalten, aber wenn’s um Daleks geht – Mann, die haben doch was, oder? Vielleicht ist es ja nur eine nostalgische Spinnerei von mir, aber meine Schwester Lauren und ich haben die Serie geliebt, als wir kleiner waren.« Amelie dachte bei sich, dass das Letzte, was sie an diesem Abend erwartet hätte, war, mit einem Olando-Bloom-Double über Daleks zu reden; nichtsdestotrotz, sie amüsierte sich köstlich.
»Ja, ich finde auch, die sind ziemlich cool, selbst wenn man den Kinderschuhen entwachsen ist«, stimmte Charlie bei, offensichtlich entzückt über Amelies Geschmack in Sachen Aliens. »Aber nein, kein Dalek. Ich glaube, ich werde einen Alien neueren Typus’ spielen.«
Amelie grinste beeindruckt. Charlie warf einen Blick auf seine Uhr und sah, dass ihnen die Zeit davonlief. »Also, was hältst du davon: Du gibst mir deine Telefonnummer. Oder glaubst du, dass das auch gegen die Regularien verstößt?«
»Tja, lass mich kurz überlegen«, sagte Amelie, doch da läutete auch schon die Glocke, und eine walkürenhafte Rothaarige tauchte neben Amelie auf.
»Rutsch weiter, Schätzchen, ich bin dran.«
»Eine Sekunde, Schätzchen .« Amelie blickte zu der aggressiven Nummer 24 auf, griff dann zum Stift und schrieb auf ihren Bewertungsbogen »Mackenzie, Jonny, Dalek, s. nett« und gab ihm, gegen ihren Willen, das erste Kreuzchen des Abends. Als sie aufstand, streckte Charlie lächelnd die Hand nach ihr aus, aber sie nahm sie nicht, weil sie die militante Nummer 24 nicht provozieren wollte. »Wir sehen uns.«
»Ganz bestimmt. Freu mich schon drauf.« Charlie lächelte und blickte Amelie nach, die sich auf den Weg zum nächsten Tisch machte. Nummer 24 fühlte sich derweil vernachlässigt und räusperte sich ungehalten.
Zweiundzwanzig Uhr dreißig und fünf Dates später war Amelie total erschöpft, und die Monotonie begann an ihren Nerven zu kratzen. Sie hatte genug. Immerhin hatte sie diesmal viel mehr Spaß gehabt als beim letzten Mal und hätte zu gerne mehr als nur fünf Minuten mit Charlie zugebracht. Aber
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