Keine Lady fuer Lord Strensham
nich’ kenn.“
„Du weißt genau, was ich meine“, sagte sein Herr gereizt.
„Einer aus London, möcht’ ich wetten, der andere ein aufgetakelter Dummkopf.“
Theas Herz schlug schneller. Bei den beiden konnte es sich nur um Carter und Granby handeln.
Auch Marcus schien zu demselben Schluss gekommen zu sein, denn er drückte beruhigend ihre Hand. „Finde mehr heraus, Merry, dann gebe ich dir das Cottage, wegen dem du mir ständig in den Ohren liegst.“ Gelassen folgte er Thea aus dem Stall.
„Gefahr erkannt, Gefahr gebannt“, beschwichtigte er sie. „Ich werde Clatmore und Nick kommen lassen. Sobald Winforde feststellt, dass wir ihm zahlenmäßig überlegen sind, wird er sich schon bald verziehen.“
„Was will er denn nur von uns? Wir sind jetzt verheiratet, und er kann nichts dagegen tun, sonst hätte er schon längst einen Prozess angestrengt. Werde ich denn nie meine Ruhe vor ihnen haben, Marcus?“
„Aber natürlich wirst du das, meine Liebe. Wir werden ihn bald los sein“, fügte er mit einem Lächeln hinzu, das Granby ein äußerst unangenehmes Wiedersehen versprach.
„Er ist ein sehr gefährlicher Mann, und seine Mutter ist noch schlimmer. Du musst auf dich Acht geben.“
Doch Marcus sah sie nur mit einem merkwürdigen Ausdruck in den Augen an, lächelte dann strahlend und bat sie, sich keine Sorgen mehr zu machen.
16. KAPITEL
Auch in dieser Nacht schlief ihr Gatte nicht in ihrem Zimmer. Es kam Thea in ihrem warmen Bett so vor, als trennten ganze Kontinente sie voneinander. Unruhig warf sie sich hin und her, und erst Stunden später fand sie endlich Schlaf.
Doch auch jetzt kam sie nicht zur Ruhe. Sie träumte, sie liefe auf der Suche nach einem sicheren Versteck verzweifelt durch die endlosen Korridore Chimmertons, während Granby und seine Mutter sie mit einer Meute Bluthunden zur Strecke zu bringen versuchten. Die Tatsache, dass er als Kaminfeger verkleidet war und seine Mutter als Hexe, verdoppelte das Grauen nur noch. Plötzlich packten sie gierige Finger. Mit letzter Kraft öffnete sie den Mund, wieder und wieder bemühte sie sich ohne Erfolg, auf ihre Not aufmerksam zu machen. Sie hatte schon fast jede Hoffnung aufgegeben, da gelang es ihr, einen durchdringenden Schrei auszustoßen. Sofort begann alles um sie herum zu verschwinden. Schweißgebadet erwachte sie und saß kerzengerade in ihrem riesigen Bett.
„Es war nur ein Traum. Du bist in Sicherheit.“ Marcus sprach mit so ruhiger Stimme, dass Theas Ängste sich fast sofort in Luft auflösten. Aufatmend sank sie in ihre weichen Kissen zurück.
„Es tut mir so leid. Ich habe dich geweckt“, sagte sie voller Scham. „Ich wünschte, ich könnte diese verflixten Albträume verhindern.“
„Was nützt es, dir Vorwürfe wegen etwas zu machen, das du nicht beeinflussen kannst?“
Nachdem er ihre Kerze angezündet hatte, ging er in sein Zimmer und kam kurz darauf mit einem kleinen Glas Weinbrand zurück.
„Wenn das so weitergeht, werde ich noch zu einem Zecher.“
„Das möchte ich bezweifeln, aber es wird dich ein wenig beruhigen, damit du mir alles erzählen kannst.“
Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse, als sie einen Schluck nahm, doch schon während der Brandy ihr die Kehle hinunterlief, spürte sie, wie angenehme Wärme sich in ihr ausbreitete.
„Ich möchte nicht darüber reden, Marcus.“
Behutsam nahm er ihre Hand. „Du brauchst dich deswegen nicht zu schämen. Auch ich wünschte mir während des Krieges oft nur, einfach davonlaufen zu können.“
„Du hast es aber nie getan. Im Gegensatz zu dir bin ich, so schnell ich nur konnte, vor meinen Feinden geflohen. Was heißt, dass ich ein erbärmlicher Feigling bin.“
„Was heißt“, widersprach er, „dass du eine vernünftige Frau bist, die es mit zwei skrupellosen Schurken aufnehmen musste.“
„Aber bis zu Großvaters Tod war ich eine verzogene, alberne Gans“, gab sie kleinlaut zu.
„Während du jetzt unabhängiger bist, als dir gut tut, und so dickköpfig wie eine ganze Herde Maulesel. Doch deine innere Kraft schlummerte schon immer in dir und erwachte, da du sie nötig hattest.“
Wenn er sie so zärtlich ansah, konnte sie ihm nicht widerstehen. „Was möchtest du wissen?“, hörte sie sich zu ihrer eigenen Überraschung fragen.
„Erzähle mir einfach deine Geschichte, Thea. Es wird dir gut tun.“
„Sie ist lang und nicht besonders erbaulich“, begann sie zögernd.
„Wir haben die ganze Nacht vor uns, Scheherazade“,
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