Keine Macht den Doofen
fündig.
Schwachsinn auf allen Kanälen
Das »Prinzip Denkverödung« wird uns nicht zuletzt in den
Medien vorgeführt. Theodor W. Adorno beklagte schon in den 1940er-Jahren: »Aus
jedem Besuch des Kinos komme ich bei aller Wachsamkeit dümmer und schlechter heraus.« 93 Was er wohl erst gesagt
hätte, wenn er mit dem multimedialen Stumpfsinn der heutigen
Unterhaltungsindustrie konfrontiert worden wäre?! Wie wären seine Kommentare zu Big Brother , Dschungelcamp und Deutschland sucht den Superstar ausgefallen?
Stellen Sie sich Adorno als Promigast bei Wer wird
Millionär? vor: Undenkbar!
Mehr als je zuvor gehen Medienverantwortliche heute davon aus, dass
man das Publikum nur unterhält , wenn man das Niveau unten hält . Tragischerweise scheint ihnen der Erfolg recht
zu geben: Denn je flacher das Format, desto höher die Einschaltquoten,
je engstirniger die Sendung, desto breiter das Grinsen der
Programmverantwortlichen. Kein Wunder, dass wir Tag für Tag, Nacht für
Nacht den gleichen nervtötenden Schwachsinnsbrei vorgesetzt bekommen:
Talkformate, in denen viel gesprochen, aber wenig gesagt wird, Reality-Soaps
mit »Prominenten«, die man nicht kennt und auch gar nicht kennenlernen möchte,
Comedy-Sendungen ohne Humor, Quizsendungen ohne Grips, Informationssendungen
ohne Informationswert, Popsendungen ohne Pepp – wer all dies übersteht, ohne
intellektuell völlig zu degenerieren, dem wird spätestens von den »lustigen
Mutanten« der Volksmusik oder ihren Nachfahren vom Ballermann 6 das letzte
Fünkchen Denkvermögen aus den Hirnwindungen geblasen.
Die Folgen dieser multimedialen Schwachsinnsverbreitung haben Stefan
Bonner und Anne Weiss in ihrem Bestseller »Generation Doof« treffend
beschrieben. 94 Es ist paradox:
Obwohl das Wissen der Welt heute nur noch einen Mausklick entfernt ist, sind
Millionen junger Menschen geistig derart retardiert, dass sie nicht einmal mehr
wissen, was sie nicht wissen. Ambitionen, der eigenen Verblödung
entgegenzuwirken, sind kaum vorhanden. Doch woher sollten solche Ambitionen
auch kommen? Schließlich haben sie nie erfahren, dass Bildung
ein Wert an sich ist, dass es sich aus sich selbst
heraus lohnt, tiefere Einsichten in » das Leben, das
Universum und den ganzen Rest « (Douglas Adams) zu
gewinnen – auch wenn man dadurch weder einen Modelvertrag bei Lagerfeld
noch einen Plattenvertrag bei Bohlen bekommt.
Das universelle Verblödungssystem
Leider ist die grundlegende Einsicht in
den Wert grundlegender Einsichten nur bei sehr wenigen Menschen vorhanden.
Das liegt natürlich nicht nur an den Nullbotschaften unserer Medien, sondern
vor allem an den Absurditäten unseres Bildungssystems ,
das man mit Fug und Recht als » Verbildungssystem «, ja
sogar als » Verblödungssystem « bezeichnen könnte. Denn
was lernen Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene vorrangig in unseren Schulen, Berufsschulen, Fachhochschulen und Universitäten? Sie
lernen, dass Bildung keinen Eigenwert besitzt, sondern allenfalls einen Tauschwert!
Der real existierende pädagogische Irrsinn
(Pädagogiotie) äußert sich vor allem im absurden Zwang
zur Wissensbulimie , der in den Lehranstalten
kultiviert wird: Schülerinnen und Schüler werden darauf trainiert, in möglichst kurzer Zeit möglichst viel totes Wissen in sich
hineinzufressen, um es zum Zeitpunkt der Prüfung im Austausch gegen Noten
fristgerecht wieder zu erbrechen. Dass bei einer solchen Bildungs-Ess-Brech-Sucht nur wenige Lerninhalte beim
Lernenden verbleiben, sollte eigentlich niemanden verwundern. Ebenso wenig muss
es uns erstaunen, dass das Interesse an schulischen Lerninhalten völlig
erlischt, wenn Schülerinnen und Schüler nicht einmal mehr
einen Tauschwert in der Bildung erkennen können: Wer bezüglich seiner
sozialen Aufstiegschancen so weit resigniert hat, dass er als Berufswunsch angibt:
»Wenn ich groß bin, werde ich Hartz IV !«, hat keinen
Grund, Lerninhalte zu büffeln, die ihn im Grunde einen feuchten Kehricht
interessieren.
Das Grundübel unseres Bildungssystems ist leicht auszumachen: Das
»Abenteuer Wissen« wird den Kindern in der Schule meist auf solch unerträglich langweilige Weise präsentiert, dass sie schon
nach kurzer Zeit genau die Eigenschaft verlieren, die sie von Natur aus so sehr
zum Lernen befähigt: die Neugier . Nur sehr wenige
Lehrerinnen und Lehrer verstehen es, ihre Schülerinnen und Schüler für die
Inhalte zu begeistern, die sie vermitteln. Ohne Begeisterung
aber wird Lernen zu einer
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