Keine Panik Prinzessin
nämlich nie mit einem Mädchen geschlafen hat, das Fruchtfliegen klonen konnte. Und dann auch noch gelogen hat.
Okay, er hat mich nicht direkt angelogen, sondern es mir nur verschwiegen. Aber trotzdem.
Er hat es mir nie erzählt. Was für ANDERE SACHEN gibt es, die er mir vielleicht auch nie erzählt hat? WIE SOLL ICH IHM VERTRAUEN, WENN ER IN JAPAN IST????
»Mia«, sagte Michael und diesmal klang seine Stimme ganz anders. Nicht so gepresst vor Rührung wie die von Aragorn, sondern eher so, als würde er mir am liebsten eine runterhauen. Wobei ich natürlich wusste, dass er das niemals tun würde. Aber er sah ganz schön sauer aus. »Tu – das – nicht.«
»Lebwohl, Michael«, schluchzte ich. Was hätte ich sonst sagen sollen?
Ich ließ die Kette auf den Boden fallen – weil er nicht danach griff – und rannte hinaus, bevor ich an meinen eigenen Tränen erstickte.
Und jetzt hat Ephrain Kleinschmidt gerade vor unserem Haus gehalten und will siebzehn Dollar von mir. Ich gebe ihm zwanzig und sage ihm, dass er den Rest als Trinkgeld behalten kann. Das ist das Mindeste, was ich ihm schuldig bin, weil er mir doch die ganzen Taschentücher gegeben hat. Die ich dann irgendwann doch angenommen hab, weil ich nicht aufhören kann zu weinen. Jetzt ist klar, dass ich das, was passiert ist, niemals vor Mom verheimlichen kann. Je denfalls nicht, falls sie noch wach ist, wenn ich gleich reinkomme.
Also, falls sich Selbstaktualisiert-Sein so anfühlt, dann kann ich nur sagen, dass ich vor meiner Selbstaktualisierung wesentlich glücklicher war.
Donnerstag, 9. September, 23 Uhr, zu Hause im Loft
Mom war noch wach. Lars hat sie angerufen, als er mich bei den Moscovitzens nirgendwo finden konnte. Die beiden redeten noch am Telefon, als ich hereinkam. Und jetzt liege ich mit einem feuchten Waschlappen auf der Stirn im Bett. Weil ich nämlich, als sie den Hörer auflegte und mich fragte, wo ich gewesen bin, aufs Klo rennen musste, wo ich meinen ganzen Blauflossenthunfisch als Tartar und Sashimi an Artischockensalat mit Saubohnen und Frühlingszwiebeln und darübergehobelten Parmensanspänen rauskotzte. Von der Mousse ganz zu schweigen.
Ich habe mir von ihr versprechen lassen, dass sie nicht die Notrufnummer von Dr. Fung anruft. Das Einzige, was bei mir nicht in Ordnung ist, ist mein Herz.
Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Dr. Fung dagegen keine Medikamente hat.
Donnerstag, 9. September, 23.30 Uhr, zu Hause im Loft
Mom findet es nicht so schlimm, dass Michael mir nie erzählt hat, dass er seine Jungfräulichkeit an Judith Gershner verloren hat. Jedenfalls findet sie es nicht so schlimm, dass man deswegen Schluss machen müsste. Wortwörtlich hat sie gesagt: »Ach, Mia. Es geht doch nur um Sex .«
Mom hat leicht reden. Als sie ihre Jungfräulichkeit verloren hat, war sie jünger als ich jetzt, und der Junge von damals ist inzwischen mit einer ehemaligen MAISPRINZESSIN verheiratet, und sie ist glücklich mit jemandem anderen verheiratet. Natürlich geht es für sie NUR um Sex. Für mich geht es um mein LEBEN.
»Mom, er hat mich angelogen«, sagte ich.
»Na ja, gelogen hat er nicht gerade«, sagte sie. »Du hast ihn damals nur gefragt, ob er mit Judith zusammen ist. Und das war er nicht.«
»Mom. Zusammen sein heißt miteinander schlafen.«
»Ach, seit wann denn das?«, wollte Mom wissen »Ich hab gedacht, mit jemandem ins Bett gehen, heißt mit ihm schlafen. Und du hast Michael nicht gefragt, ob er mit Judith ins Bett geht. Du hast ihn gefragt, ob er mit ihr ZUSAMMEN ist.«
Wir wissen, was ich ihn damals genau gefragt hab, weil wir in meinen alten Tagebüchern nachgeschaut haben, um festzustellen, ob ich mich richtig erinnere.
Und ich hab mich richtig erinnert.
»Bist du dir sicher, dass du nicht nur deswegen einen Streit mit Michael vom Zaun bricht, weil es für dich einfacher ist, auf ihn sauer zu sein, wenn er weg ist, als ihn immer noch zu lieben und die ganze Zeit zu vermissen?«, fragte sie plötzlich grundlos ins Blaue hinein.
Ja klar, Mom. Tolle Theorie. Weil ich mich ja jetzt SO VIEL BESSER fühle.
Ich hab ihr übrigens nicht erzählt, wie wir überhaupt auf das Thema gekommen sind. Ich meine, wie ich das mit Michael und Judith überhaupt herausgefunden hab. Ich will auf gar keinen Fall, dass Mom weiß, dass ich versucht hab … na ja, Michael dazu zu bringen, dass es besser wäre, nicht nach Japan zu gehen, indem ich mit ihm schlafe. Klar. Sie wäre ja auch KEIN BISSCHEN enttäuscht von mir, weil ich
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