Keine Pille gegen Mord
?«
»Du zählst, während ich rede.
Erkundige dich bei den zuständigen Behörden, ob in den letzten Monaten jemand
ein Aufgebot für Rhoda Birrel und einen Mann bestellt hat. Okay?«
»Okay.« Sie sah mich streng an.
»Bist du jetzt fertig ?«
Ich knurrte tief in der Kehle
und packte sie am Band der gelben Höschen. »Also gut, Miss Mathews«, sagte ich
in bestem Anwaltston. »Sind Sie zum Kreuzverhör bereit ?«
»So wahr mir Gott helfe !« antwortete sie atemlos.
9
Das einzige, was mir Sorgen
bereitete, während ich lautlos über die offene Wiese zur nördlichen Ecke der
Villa Birrel schlich, war die Möglichkeit, Roger mit der Angelrute zu begegnen.
Es war gerade hell geworden, und die Luft war noch kalt, mit diesem frostigen
Biß, der binnen Minuten vergeht, sobald die Sommersonne über den Horizont
gestiegen ist. Es war wohl schon zu spät für Roger, sagte ich mir
hoffnungsvoll. Wahrscheinlich hockte er längst am Fluß.
Andererseits hatte er mir
vielleicht noch nicht ganz verziehen, daß ich mit der Pfanne bei ihm angeklopft
hatte — und nun wartete er geduldig im Haus, bis ich mal wieder auftauchte. Er
war offensichtlich der Typ, der eine Ewigkeit auf die Straßenbahn wartet, wenn
er sich erst einmal entschlossen hat, mit ihr zu fahren.
Ich gelangte unbehelligt an die
Hausmauer unter den großen Erkerfenstern, die ich tags zuvor schon bemerkt
hatte. Ich stand im Schatten und versuchte, durchs staubige Glas zu lugen.
Undeutlich sah ich die Umrisse von Möbeln — zwei schwellende Sessel und einen
Schreibtisch — aber ich sah nichts, das der kräftigen Gestalt Roger Busbys ähnelte.
Es dauerte etwa drei Minuten,
dann hatte ich mit Hilfe des mitgebrachten Montiereisens das Fenster geöffnet.
Ich kletterte über die Brüstung und stand in der staubgeschwängerten Stille
eines sterbenden Hauses.
Ich hatte auch eine Karte
dabei, die ich mir selbst gezeichnet hatte — als Orientierungshilfe bei meiner
Suche nach einem bestimmten Raum. Ich hatte mir ferner eine Pistole in den
Gürtel geschoben. Gewöhnlich steckt sie im Wagen unter meinem Sitz. Eine
Pistole mochte Rhoda nicht schrecken, wenn sie mich mit gebleckten Zähnen aus
der Dunkelheit ansprang, aber sie hielt womöglich Roger in Schach.
Ich knipste die starke Lampe
an, die ich ebenfalls mitgebracht hatte, und kam mir vor wie ein Großwildjäger
bei seiner ersten Pirsch in Afrika, als ich mich durch die nächstgelegene Tür
tastete.
Die Zahl der Türen schien
unendlich. Manche Zimmer hatten in jeder Wand eine, andere waren wie
Sackgassen, mit nur einem Ein- und Ausgang. Aber dank meiner Zeichnung brauchte
ich nicht lange, um die drei Räume mit den Backsteinmauern zu finden. Zehn
Minuten danach fand ich die Mauer mit der Tür, die ich suchte.
Ein Vorhängeschloß hing dran, und es war verschlossen, aber nach fünf Minuten schweißtreibender
Tätigkeit hatte ich es geknackt. Die Tür selber war aus massiver Eiche, mit ungewöhnlich
großen, handgeschmiedeten Angeln.
Ich drückte, und die Tür ging
auf. Dahinter beleuchtete meine Lampe eine nackte Federkernmatratze mit
mehreren zerknüllten Decken drauf. Neben der Matratze standen zwei Gläser,
verschiedene leere Wein- und Whiskyflaschen und zwei gehäuft volle
Aschenbecher.
Mit ruhiger Hand ließ ich den
Strahl durch das ansonsten kahle Zimmer wandern, bis er einen Küchenstuhl traf,
der an der Ziegelsteinmauer stand.
Jemand saß darauf. Aldos große,
zornige Augen starrten mich an, aber ich merkte, daß er mir nicht mehr richtig
böse war. Denn in seinem Magen steckte ein langes Küchenmesser mit Holzgriff.
Langsam betrat ich das Zimmer
und konzentrierte das Licht auf den Toten. Das Blut auf Hemd und Hose war geronnen,
die braunen Flecken hatten den Stoff gestärkt. Auch die Leiche war starr, saß
aufgerichtet an der steilen Lehne, die Hände über den Beinen gefaltet. Blut
bedeckte den Boden wie rostfarbener Lack.
Ein rascher Schwenk mit der
Lampe bestätigte, daß sonst nichts und niemand im Raum war .
Nur die Matratze und der Tote.
Armer alter Aldo, dachte ich. Wie schwer
mußte es ihm gefallen sein, arm zu sterben.
Ich starrte noch immer die
Leiche an, da hörte ich etwas. Ich fuhr blitzartig herum, sprang zur Tür und kam
gerade an, als sie zugeschlagen wurde. Mit aller Macht riß ich am Knopf.
Auf der anderen Seite ertönte
ein Schrei der Überraschung, während die Tür mir entgegenschwang. Ich ließ die Lampe fallen, als ich hinaushüpfte. Es gab ein
Quieken,
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