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Keine Pizza für Commissario Luciani

Titel: Keine Pizza für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Paglieri
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weiterhin dachte, dass die Sache absurd war,
     eine von diesen Geschichten, die im Fernsehen, in den peinlichsten Sendungen, breitgetreten werden. Er foppte immer Gaetano
     damit, dass er sich von solchen Ammenmärchen einseifen ließ, die alle erstunken und erlogen, am Reißbrett entworfen waren.
     Dass das eines Tages ihm widerfahren könnte, nein, das hätte er sich niemals träumen lassen. Sein Bruder Piero. Der Priester.
     Es verblüffte ihn nicht, dass ein Priester … Ein Mann blieb nun einmal ein Mann, auch wenn er in den Talar schlüpfte, |198| und Piero war eher aus Notwendigkeit denn aus Berufung Priester geworden. Aber dass er ihm nie ein Sterbenswort gesagt hatte,
     das war wirklich unglaublich. Oder vielleicht auch nicht, vielleicht war es logisch. Marietto hätte sich vielleicht genauso
     verhalten.
    »Also hat er Ihnen nie etwas von mir gesagt. Oder von meiner Mutter«, sagte Marina, sichtlich enttäuscht.
    »Nein, tut mir leid.«
    Sie presste die Lippen aufeinander und schüttelte den Kopf. »Auch meine Mutter hat nie den Mut gefunden, mir davon zu erzählen,
     bis kurz vor ihrem Tod. Ich nehme an, sie tat es, um mich zu schützen. Ich hatte eine glückliche Kindheit, mit ihr und meinem
     Vater, das heißt, mit dem Mann, den ich immer als meinen Vater betrachtete.« Sie schwieg einen Moment. »Und als solchen betrachte
     ich ihn immer noch. Aber, ich weiß nicht, ich würde gerne so viel wie möglich über meinen leiblichen Vater erfahren. Die Hälfte
     meines Ichs habe ich von ihm geerbt, ich muss herausfinden, wer er war, damit ich mich selbst verstehe. Blut ist dicker als
     Wasser, und bestimmte Seiten meines Charakters stammen, wenn ich genau darüber nachdenke, weder von meiner Mutter noch von
     meinem Ziehvater ab. Ich weiß nicht, ob Sie mich verstehen.«
    »Weiß er es denn? Dass du nicht seine Tochter bist?«
    »Er ist an Krebs gestorben, als ich fünfzehn war. Und genau das verzeihe ich meiner Mutter nicht. Sie hätte es mir damals
     schon sagen müssen.«
    Marietto dachte eine Weile nach. Als Waise zurückzubleiben, war hart. Aber herauszufinden, dass derjenige, der gestorben ist,
     nicht dein Vater war, und dass du das Kind eines Fehltritts bist, den deine Mutter mit einem Priester begangen hat, wäre noch
     schlimmer gewesen. »Ich bin sicher, dass sie dir das nicht auch noch zumuten wollte. Du hattest gerade deinen Vater verloren
     … Vielleicht hatte |199| sie Angst, du könntest eine Dummheit begehen. In dem Alter ist man sehr labil.«
    Marina holte ein Taschentuch hervor und trocknete zwei kleine Tränen.
    »Es tut mir wirklich leid, dass ich Sie gestört habe. Es ist nur, ich habe keine Geschwister, keine anderen Verwandten. Meine
     Mutter war meine ganze Familie, und der Gedanke, jetzt allein zu sein …«
    »Du musst doch einen Freund haben. Ein so hübsches Mädchen.«
    Sie errötete. »Ja, es gibt da jemanden, aber wir sind noch jung. Ich sehe ihn nicht als meine Familie an.«
    Sie schwiegen eine Weile.
    »Deshalb habe ich gedacht, wenn Sie mir ein bisschen von meinem Vater erzählen könnten, damit würden Sie mir wirklich ein
     großes Geschenk machen.« Dann fügte sie hinzu, als hätte sie Angst, einen Fauxpas begangen zu haben: »Und natürlich auch über
     dich, Onkel. Jetzt, da von der Familie nur noch wir übrig sind.«
    Sie redeten bis zum Mittag, dann kam die Schwester, um Bescheid zu sagen, dass das Essen fertig sei. Marietto fragte Marina,
     ob sie bleiben wolle.
    »Danke, Onkel, vielleicht ein andermal. Mein Freund wartet unten auf mich. Ich würde aber nächsten Sonntag gerne wiederkommen,
     wenn ich dich nicht störe.«
    »Was heißt hier stören? Wie du siehst, habe ich nicht viel zu tun. Komm, wann immer du willst, in der Zwischenzeit schaue
     ich, ob ich etwas zu Piero finde. Fotos oder Unterlagen. Ich muss noch etwas in einem Karton haben, den sie in den Keller
     geräumt haben. Warst du schon in seiner Gemeinde?«
    »Nein. Ich habe herausgefunden, wo sie ist, aber ich traue mich nicht. Was soll ich denen denn sagen? Guten Tag, ich bin Don
     Pieros Tochter?« Sie lächelte bitter. »Aber |200| das macht nichts, jetzt freue ich mich erst einmal, dass ich dich gefunden habe.«
    Sie drückte ihm zwei Küsschen auf die Wangen. Marietto wandte sich hastig ab, damit sie nicht merkte, wie gerührt er war.
     Dann trat er wieder ans Fenster und sah, wie sie auf ihren flachen Schuhen die Treppe hinuntereilte. Sie stieg in ein dunkles
     Auto, das in zweiter Reihe

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